Die Wanderung von Vega de Río Palmas nach Ajuy ist vielleicht die Schönste, die auf Fuerteventura zu unternehmen ist. Landschaftlich sehr abwechslungsreich mit viel Geschichte aufgeladen. Eine der ersten kleinen Kirchen wird passiert, ein historischer Staudamm, eine idyllische Palmenoase, ein nicht nur geologisch sondern auch geschichtlich interessantes Fotomotiv, der Arco del Jurado, der Bogen des Geschworenen und wem das alles nicht reicht, der trifft noch auf historische Kalköfen, imposante Höhlen in Klippen und am Ziel auf einen Badestrand aus pechschwarzem, feinsten Lavasand an den ältesten Klippen des gesamten kanarischen Archipels. Kilometermässig wirkt die kleine Wanderung harmlos, ein paar Höhenmeter, das war es schon. Doch Vorsicht, wer sich in der Haupturlaubszeit aufmacht, zum Beispiel im August, der kann an seine Grenzen getrieben werden. Der Grossteil der Wanderung verläuft windgeschützt in Barrancos und im Hochsommer kann dort das Thermometer problemlos auf 40 Grad und mehr steigen. Dann wird jeder Schritt zur Anstrengung, vor allem, wenn es durch tiefen Kies geht. Wer im Sommer unterwegs ist, sollte mindestens 3 Liter Wasser pro Person dabei haben, wer gross gewachsen ist, greift besser zu 4 Litern. Wer das für übertrieben hält, der wird sich wundern. In der kühlen Jahreszeit ist die Wanderung ein leichtes und schönes Unterfangen und der Wasserbedarf reduziert sich auf die Hälfte.
Zu Beginn der Wanderung im Barranco de las Peñitas wird der palmenreichste Teil der Wanderung passiert. Auf weichem, sandigen Boden geht es zum Staudamm Presa de las Peñitas, ein Projekt aus Zeiten der spanischen Militärdiktatur. Verlandet ist er heute ein Paradies für Zugvögel, die dort geschützt brüten können. Steht kein Wasser im Staudamm, ist es lebensgefährlich auf den Schlick zu gehen. Nördlich über dem Staudamm liegt das pittoreske Lavagebilde "Cueva del Alcalde", die Höhle des Bürgermeisters, von der aus der Besucher einen fantastischen Ausblick auf den Barranco de Mal Paso Richtung Küste hat. Ein beliebtes Fotomotiv bei Fuerteventura Kennern.
Ist die Staumauer passiert, taucht die kleine Kapelle Iglesia de Nuestra Señora de la Peña auf. Eine wilde Legende rankt sich darum, wie einst die beiden Ordensbrüder des Klosters San Buenaventura Juan de San Torcaz und San Diego de Alcalá, die Madonnenstatue der Nuestra Señora de la Peña unterhalb der Kapelle gefunden haben sollen. Jährlich Ziel der Nachtwallfahrt Romería de Nuestra Señora de la Peña.
Nach der kleinen Kapelle geht es über eine Steilstufe hinab in den Barranco de Mal Paso. Die Passage ist besonders schön, hat doch das Wasser den Basalt glatt poliert. Auch im Hochsommer stehen dort Wassertümpel. In der Regenzeit wird diese Engstelle zum reissenden Fluss und einige Wanderer mussten sich schon vor den Wassermassen, die in wenigen Minuten heranströmen können, auf einem Felsen in Sicherheit bringen. In der regenreichen Periode von 2017 musste sogar eine ganze Gruppe mit dem Hubschrauber abgeborgen werden. Die Südhänge der Steilstufe sind beliebtes Revier von Sportkletterern, die dort am Wochenende zu finden sind.
Ist die Steilstufe passiert, geht es in den breiten und weiten Barranco de Mal Paso. Überall finden sich Steinmauern alter, nicht mehr bewirtschafteter Felder. Die Finca de Mal Paso, direkt nach der Steilstufe, ist von einem grossen und weiten alten Palmenhain umgeben. Das gefiel Ridley Scott landschaftlich so gut, dass er dort viele Szenen für seinen Hollywood streifen "Exodus" drehte. Nach der Finca de Mal Paso werden die Weiler des kleinen Ortes Buen Paso und die Finca Casa de la Hoya passiert. Umgeben von Gavias und den alten Windrädern, den "Chicagos", zeugen sie von einer Zeit, in der das gesamte Tal von Betancuria über Vega de Río Palmas bis nach Ajuy intensiv genutzt wurde. Wurden auf den weiten Ebenen um Tefía oder Tuineje vor allem Gerste und Hülsenfrüchte angebaut, widmete man sich in den windgeschützten und tropisch warmfeuchten Barrancos, kaum noch vorstellbar, dem Obstanbau. So wurden z.B. um Vega de Río Palmas eine mittelamerikanische Variante der Pasionsfrucht kultiviert, wie der Name Degollada de los Granadillos, verrät. El granadillo vs. la granadilla, die männliche Endung weisst darauf hin, dass es sich um jene Art handelt, die aus Neuspanien auf die Kanaren gebracht, wurde, wie beispielsweise auch die kleinen Süsskartoffeln. Im Wörterbuch ist el granadillo nicht zu finden. Dort wird nur auf el granadilla gestossen, die Passionsfrucht. Das kanarische Spanisch, das vom lateinamerikanischen stark beeinflusst wird, hat seine besonderen Ausdrücke. Auch Agua de Bueyes war ein Ort der von Obstgärten bestimmt wurde.
Linker Hand mündet, ein gutes Stück nach Buen Paso, der mächtige Barranco de Pájara, der aus dem Ort Pájara hinabfliessend, ins Tal und vereint sich mit dem Barranco de Mal Paso zum Barranco de Ajuy. In der ersten grossen Biegung des Barrancos wird auf die herrliche Palmenoase Madre del Agua gestossen, die optimal für eine hollywoodreife Rast ist. Hinter der Oase taucht ein altes verlassenes Gehöft, die "Casas de Ajuí", auf. In ganz altmodischem Spanisch noch "Ajuí" und nicht "Ajuy" geschrieben. Von diesen geht es zum beeindruckenden Felsentor "Arco del Jurado". Sein Name erinnert an die historische Grenzziehung im Ort Valle de Santa Inés, die Fuerteventura in einen nördlichen und östlichen Verwaltungsbereich teilte. Die Bucht und das Felsentor mit der hereinbrechenden Brandung so imposant, dass dort Szenen von "Allied – Vertraute Fremde" mit Brad Pitt gedreht wurden.
Auf der letzten Etappe geht es über eine imposante Steilküste hinüber nach Ajuy. Die Küstenformation ist geologisch das älteste Überwasser-Gestein, welches das kanarische Archipel zu bieten hat. Die aufgeworfenen Sedimentschichten ideal, um daraus Kalk zu brennen. Hinter der Caleta Negra wird daher auf historische Kalköfen gestossen. Nördlich von ihnen die beiden grossen Lavahöhlen Cuevas de Ajuy, die Touristen in ihren Bann ziehen.
Nach der langen Wanderung, die auch problemlos zur Tageswanderung werden kann, wenn man alle interessanten Dinge am Wegesrand erkundet, wird der Playa de Ajuy erreicht. Feinster, tiefschwarzer Lavasand, auf dem es sich gut liegen lässt. Die grosse, ruhige Bucht lädt zum Baden. Gastronomie bietet sich an Hunger und Durst zu stillen. Ambitionierte Taucher werden sich dafür interessieren, das an der Felsklippe welche die Bucht von Ajuy von der Bucht Caleta Negra trennt, eines der interessantesten aber auch anspruchsvollen Tauchreviere von Fuerteventura zu finden ist.
Wird nach der Wanderung noch Zeit am Strand verbracht und neigt sich der Tag langsam dem Ende zu, sollte man noch einen der herrlichen Sonnenuntergänge in Ajuy erleben. Zum Beispiel in der Bar Puesta del Sol oder auf einer der umliegenden Klippen.
► El Pinar Trail - Parra Medina nach Betancuria und retour – Rundwanderung.
► Morro Janana Überschreitung – Parra Medina - Vega de Río Palmas und retour – Rundwanderung.
► Agua de Buueyes - Tiscamanita und retour – Rundwanderung.
► Die optimalen Tools – Wasser, Navigation, Schuhe, Rucksack, Rescue und mehr praktisches.
Von der Casa de Naturaleza, eines der Restaurants des deutschen Fotografen Reiner Loos, geht es über einen guten Jeepweg hinunter in den Barranco de las Peñitas. Diesem wird gefolgt bis er am Staudamm Presa de las Peñitas in einen Wanderweg übergeht. Dem entlang des Staudammes folgen.
Ab der Staumauer geht es über einen guten Steig, vorbei an der Iglesia de Nuestra Señora de la Peña, über eine Steilstufe hinab in den Barranco de Mal Paso. Auf einem Pfad im Barranco weiter bis die Finca de Mal Paso erreicht wird. Von dort führt ein Jeepweg, mal gut, mal weniger gut sichtbar mitten durch den Barranco. Es werden die kleine Ansiedelung Buen Paso gefolgt von der Casa de la Hoya links liegen gelassen und lange Zeit dem Jeepweg gefolgt. Ein grosser Seitenarm taucht linker Hand auf, der Barranco de Pájara, der direkt aus dem Ort Pájara kommend in den Barranco de Mal Paso mündet. Ab nun wechselt der Barranco seinen Namen auf Barranco de Ajuy.
Den Barranco de Ajuy auf dem Jeepweg weiter. Es taucht eine grosse links Biegung auf, wasserreiche kleine Barrancos strömen von den Hängen hinunter: Die Oase Madre del Agua ist erreicht.
Von der Oase Madre del Agua weiter Richtung Küste auf tiefem Kies, bis die verfallenen Gehöfte "Casas de Ajuí" auftauchen. Dort zweigt eine Piste aus dem Barranco ab, die hinüber in den Barranco de la Peña wechselt. Diese hinauf auf eine kleine Hochfläche, hinunter in den Barranco de la Peña und diesem bis in die Bucht des Arco del Jurado nach Westen folgen.
Aus der Bucht über einen schmalen Pfad Richtung Süden auf die Klippen aufsteigen. Oben führt eine Pfadspur entlang der Klippen und der Caleta Negra hinüber nach Ajuy und dort hinunter zu den alten Kalköfen. Rechter Hand geht es zu den Cuevas de Ajuy, linker Hand zum Playa de Ajuy und den Ort Ajuy.
Siehe Barranco de las Peñitas.
Entfernung: Ca. 13 Km eine Richtung.
Höhenmeter: Ca. 440 m im Ab- + 40 m im Anstieg.
Dauer: Ca. 4 h.
Art: Streckenwanderung.
Beste Zeit: vormittags.
Anforderung: Leichte aber lange Wanderung, die Sommerhitze kann zusetzen.
Wegbeschaffenheit: Wander- + Karrenweg.
Wegmarkierung: Nein.
Trailrun: Ja.
Mountainbike: Ja mit kurzer Tragepassage.
Telefonnetz: Ja.
Anfahrt mit dem Bus: Nur als Tour-retour Variante.
Karte: Mapa Topográfico Nacional de España MTN25 1093-II
Geocaching: Für Geocacher hat Sunnyfuerte am Staudamm Presa de las Peñitas auch ein Geocache gelegt.
Madre del Agua – eine Bilderbuch Oase.
Angeblich war der gesamte Barranco de las Peñitas und Barranco de Mal Paso zur Zeit der Eroberer dicht mit Palmen bewachsen. Nur eine Vermutung, könnte aber sein. Die Aufzeichnungen sind nicht sehr verlässlich. Eine schöne Palmenoase, die zu Beginn des letzten Drittels erreicht wird (N 28° 24' 04,5" | W 014° 08' 01,4"), ist jedenfalls erhalten geblieben: Madre del Agua.
Madre del Agua ist eine gute Ecke, um eine Pause einzulegen. Palmen von enormer Grösse wachsen dicht gedrängt an einem Wasserlauf und spenden Schatten und Kühle. Selbst im Hochsommer plätschert das Wasser. Eine Oase der Ruhe und Entspannung und herrliche Kulisse für Fotoaufnahmen.
Wer sich vor der Tour einen Überblick verschaffen möchte wo es entlang geht, der sollte vorher zum Aussichtspunkt Risco de las Peñas hinauf fahren. Von dort oben wird der Barranco de las Peñitas, der Staudamm Presa de las Peñitas und sie Steilstufe, die zum Barranco de mal Paso hinüber führt eingesehen. Ein gutes Fotomotiv ist das Ganze auch.