Die Wanderung zur Ermita el Tanquito (452 m) ist eine leichte Sache. Nach einem steilen, kurzen Anstieg, geht es gemütlich Richtung Ermita. Dabei geniesst der Wanderer wunderschöne Ausblicke auf die nördliche Westküste von Fuerteventura. Die Strände von La Pared breiten sich aus, der Istmo de La Pared und wenn es nicht zu diesig ist, werden die Strände von Cofete gut eingesehen. An der Kapelle angekommen, ist es kühl und schattig, feucht, das Wasser plätschert selbst im Hochsommer in das Auffangbecken.
Die Quelle wurde wohl schon zu Urzeiten von Majoreros genutzt. Überall am Montaña Cardón (694 m) finden sich Reste der Ureinwohner. Neben dem Montaña Tindaya (400 m) im Norden war wohl der Montaña Cardón im Süden der zweite heilige, kultisch genutzte Berg der Majoreros. Selbst eine Grabhöhle gab es wohl oben am Gipfelplateau, die später als Hirtenunterstand genutzt wurde. Mumien sind keine erhalten obwohl es sie wohl gab. Hirten verwendeten sie auf dem gesamten kanarischen Archipel als Heizmaterial. Die Körper verstorbener Majoreros wurden ausgenommen, in der Sonne getrocknet und mit ätherischen Ölen und Fetten haltbar gemacht. Das brannte wie Zunder. Was nicht verheizt wurde, kauften gerne Briten als Souvenir. In Teneriffa wurden eigene Touristengeschäfte zu diesem Zweck betrieben, welche die federleichten Mumien auch gleich reisefertig verpackten und nach Grosbritannien verschickten. Viele Guanchen Mumien liegen noch heute auf britischen Dachböden. Im El Museo Canario in Las Palmas de Gran Canaria sind noch ca. 300 Guanchen Mumien erhalten. Alvarez Sosa geht in seinem Werk "Tierras de momias – la tecnica de eternizar en Equipto y Canarais" der Mumifizierungstechnik der Guanchen nach und findet interessante Parallel zu ägyptischen und nordafrikanischen Techniken.
Die Quelle El Tanquito zeichnet sich durch ihr besonders reines Wasser aus, kaum salzhaltig, da es beim Durchsickern des Basalt Gesteines des Montaña Cardón gefiltert wird. Um die Quelle ergiebiger zu machen, wurde Anfang des letzten Jahrhunderts ein rund 30 m langer Stollen in den Berg getrieben. Ein kleines Auffangbecken "el tanquito" wurde angelegt, um das kostbare Wasser zu sammeln, wie es vom Inselrat seinerzeit für derartige Quellen vorgeschrieben war. "el tanquito" ist übrigens die Verkleinerungsform von "el tanque" für Tank oder auch Teich. Von da an holten sich die Bewohner aus den umliegenden Dörfern ihr Trinkwasser an der Quelle. Eine mühsame Angelegenheit. Zu Hause wurde das Wasser dann noch einmal durch einen porösen Stein gefiltert. Eine derartige "Wasseraufbereitung" hatte jede Casa. In der Küche der historischen "Casa Doctor Mesa y Mena" ist ein System erhalten und zu besichtigen. Immer mehr Bewohner der umliegenden Dörfer, die zur Quelle aufstiegen, berichteten, sie hätten in der Wand des Wasserstollens plötzlich ein Abbild der Jungfrau Maria gesehen. Vielleicht war es die Anstrengung des Aufstiegs in Kombination mit einem Sonnenstich, auf jeden Fall begannen die Bewohner der Gegend zum Stollen aufzusteigen, um ihre Fürbitten zu deponieren. Das wurde so beliebt, dass schliesslich 1981 eine kleine Felskapelle errichtet wurde, in der ein Marienbild aufgestellt wurde, damit man sich das Bildnis der Jungfrau nicht mehr an der Felswand einbilden musste. Seit diesem Jahr findet auch die alljährliche Pilgerschaft "Romería el Tanquito" statt, die jeden letzten Samstag im Mai um 9:00 Uhr an der Kapelle von El Cardón startet und zur Kapelle hinauf führt. Sehr beliebt ist die Kapelle auch bei Einheimischen, die dort erbitten endlich die Führerschein Prüfung zu bestehen. Für einen Grossteil der Inselbewohner die grösste Prüfungshürde ihres Lebens, die meist erst nach x Anläufen genommen wird. Daher ist die Felskapelle auch mit Fahrschul- und Prüfungsbüchern übersäht, die dort als Dank für die bestandene Prüfung deponiert werden. Ein einschneidendes Lebensereignis.
Am Fusse des Montaña Cardón soll der Legende nach auch das Grab des Riesen Mahan liegen, der den normannischen Eroberern erbitterten Widerstand geleistet haben soll. Gross mit unglaublich vielen Zähnen versehen soll er gewesen sein. Der Mönch Juan de Abréu Galindo schrieb: "Am Fusse des sogenannten Cardón-Berges befindet sich die Grabstätte eines 22 Fuß grossen Mannes, den sie Mahan nannten." Den Mönch "Juan de Abréu Galindo" gab es aber nie, ein Pseudonym eines Schreibers aus dem 16. Jhd., der ohne je auf den Kanaren gewesen zu sein eine fantastische Geschichte über die Eroberung des Archipels verfasste und die Ureinwohner als die Nachfahren Atlantis identifizierte: Gross, blond, blauäugig. Die erhaltenen Mumien zeigen aber, das männliche Guanchen kaum grösser als 1,6 m wurden, Frauen nicht mehr als 1,5 m. Auch für damalige Zeiten klein.
Botaniker interessieren sich für die steilen, feuchten Westhänge des Montaña Cardón. Sie sind auf Grund des brüchigen Gesteins schwer zugänglich. Um sie zu erreichen, muss sich vom Gipfelbereich abgeseilt werden. Unerreichbar selbst für die guten Kletterer, die Cabras von Fuerteventura, konnten sich dort höchst seltene Pflanzen erhalten, die schon als ausgestorben galten. Zum Beispiel der "Salvia herbanica" eine endemische Salbei Art des kanarischen Archipels.
► Die optimalen Tools – Wasser, Navigation, Schuhe, Rucksack, Rescue und mehr praktisches.
Der Weg zur Ermita el Tanquito ist nicht zu verfehlen. Bereits einige Meter neben der FV-618 ist ein Wegweiser angebracht. Erst einen recht breiten Weg, der in einen guten Bergpfad übergeht und immer steiler wird aufwärts folgen. Brennt die Sonne herunter, kann ganz schön ins Schwitzen gekommen werden. Doch das ist gleich erledig. Sobald die erste Geländekante erreicht ist, geht es in einem gemütlichen auf und ab leicht ansteigend an der Westflanke des Montaña Cardón (694 m) zur Ermita el Tanquito (452 m).
Von dort führt ein Pfad direkt hinunter zur FV-605, die La Pared und Pájara verbindet. Nach Süden führt durch ein Tour ein alter Hirtensteig hinüber nach Chilegua, der jedoch in der Flanke immer schlechter und rutschiger wird und ohne den bewährten Hirtenstab "Palo del Pastor" kaum noch zu gehen ist.
Bergfexen finden an der Ermita auch einen Wasserlauf, über den durch brüchiges Lavamaterial auf das Gipfelplateau (663 m) des Montaña Cardón (694 m) gelangt werden kann. Zum "El Castillo", der Burg, wie der Gipfel auf Grund seiner Form genannt wird geht es für kaum jemanden. Auf das "El Castillo" kommen nur hartgesottene Alpinisten. Obwohl nur 30 m an Höhe, ist das "El Castillo" gefährlich, da extrem brüchig.
Der Ausgangspunkt der Wanderung liegt an der Landstrasse FV-618, die am Montaña Cardón über den Ort El Cardón eine kleine, kaum befahrene Ost-West Verbindung der Insel ist. Die Route ist besonders schön und lohnend in eine Inselrundfahrt einzubauen. Kurz bevor die FV-618 den Scheitelpunkt den "Einschnitt" Degollada de las Bujas passiert, ein wunderbarer Ausblick in die Berglandschaft, wird eine alte Tomatenfarm erreicht. Gut markiert mit einem "Tor", Palme und Wegweisern, beginnt dort der Pfad hinauf zur Ermita el Tanquito. Auch ein kleiner Parkplatz ist angelegt.
Für Geocacher interessant: Nahe der Ermita El Tanquito liegt auch ein Sunnyfuerte Geocache.
Hinweis: Durch den Tourismusboom zieht es viele Gestalten nach Fuerteventura, die ihr Glück suchen, selten finden und beginnen dem Gewerbe des Autoeinbruchs nachzugehen. Im Fokus sind einsame Parkplätze an Stränden und Wanderrouten. Dieser hier zählt dazu. Ein sicheres Zeichen sind immer die vielen Glassplitter von Sicherheitsglas am Boden. Nichts im Auto lassen, Handschuhfach öffnen und Hutablage abnehmen, um freien Blick ins Innere zu bieten. Der übliche Code zu zeigen, Scheibe einschlagen lohnt nicht.
Entfernung: Ca. 4,4 Km hin und retour.
Höhenmeter: Ca. 190 m im An- und Abstieg.
Dauer: Ca. 1,5 h.
Art: Streckenwanderung.
Beste Zeit: Vormittags oder bei Sonnenuntergang.
Anforderung: Leichte, kurze Bergwanderung.
Wegbeschaffenheit: Wanderweg.
Wegmarkierung: Ja.
Trailrun: Ja.
Mountainbike: Nein.
Telefonnetz: Ja.
Anfahrt mit dem Bus: Nein.
GPS Daten: Download GPX File
Karte: Mapa Topográfico Nacional de España MTN25 1100-I + 1093-III
Sicasumbre – atemberaubende Sonnenuntergänge.
Eigentlich heisst der Aussichtspunkt "Sicasumbre" (447 m) korrekter Weise "Degollada de las Maretas" (417). Es ist ein namenloser Hügel neben dem Pass las Maretas. Der Tourismusbeauftragte von Fuerteventura hat ihn unbenannt und zum astronomischen Beobachtungspunkt der Majoreros erklärt. Recht fragwürdig, Sterne gucken konnte man überall gut auf der Insel, denn Lichtverschmutzung gab es damals noch keine. Dinge werden gerne für Touristen inhaltlich aufgeladen, um sie interessanter zu gestalten.
Das wäre gar nicht notwendig, denn der Sicasumbre ist ein herrlicher Aussichtspunkt. West- wie Ostküste ist von ihm zu sehen, der Montaña Cardón (694 m) mit der Ermita el Tanquito (460 m) liegt am Präsentierteller vor ihm und wer am Abend kommt, wird dort ganz einzigartige Sonnenuntergänge erleben können. Bevor die Sonne im Meer versinkt, wird das bergige Umland in faszinierende, sich laufend wechselnde Schattenwürfe getaucht. Grandios!
Seit 1981 findet am letzten Samstag im Mai die "Romería el Tanquito", die Wallfahrt zur Ermita el Tanquito, statt. Hauptsächlich Bewohner des Ortes El Cardón brechen in traditioneller Kleidung um Punkt 9:00 Uhr mit Musik und Pfarrer zur Ermita auf und tragen das Bild der Jungfrau Maria, der Virgen del Tanquito, welches über das Jahr in der Ermita im Ort aufbewahrt wird, hinauf zur Felsenkapelle. Das kleine Tor an der aufgelassenen Tomatenfarm über El Cardón ist dann schön geschmückt, dort, wo der Wanderweg zur Quelle hinauf beginnt und eine Palme gepflanzt wurde, die auch eifrig bewässert wird. Hinauf geht es gemütlich, die Teilnehmer alle in kanarischer Tracht begleitet von einer Musikgruppe. Immer wieder werden Pausen eingelegt, Selfies mit dem Abbild Marias geschossen und dazu inbrünstig gesungen. Das sollte mit Hingabe geschehen, was der begleitende Pfarrer mit grossem Wohlwollen zur Kenntnis nimmt und sich wohl die Gesichter auch merkt. Das Treffen der Töne ist gänzlich nebensächlich. Laut und emotional muss es sein. Während die Bewohner von El Cardón auf dem Weg hinauf zur Quelle sind, brechen Bewohner im Süden des Montaña Cardón aus den Orten Chilegua, Ugán, Las Hermosas, Chigüigo und anderen ebenfalls zur Quelle auf. Sie nutzen einen alten, schmalen und sehr rutschigen Hirtenpfad, den man von der Quelle aus, wenn Richtung Istmo de La Pared geblickt wird, ausmachen kann. Ihn zu gehen ist nicht jedermanns Sache. Schon von Weitem macht sich die Pilgerschaft aus dem Süden durch lautes Pfeifen bemerkbar. Warum, das ist unbekannt. Die südliche Pilgerschaft wird an der Quelle von den wartenden Bewohnern von El Cardón in Empfang genommen.
Zusammen wird als dann um 12:30 wieder mit dem Heiligenbild nach El Cardón abgestiegen. Man vereinigt sich mit einer dritten Pilgerschaft, die ein geschnitztes Jesus Abbild mitführt und steigt wieder zur Quelle auf. Dort wird nun endlich vom Geistlichen der Pfarrgemeinde die Messe zelebriert, die typisch kanarisch verblüffend kurz ausfällt. Mehr Pflicht als Kür, denn die folgt nun in Form einer ausgelassenen Fiesta. So ein Treiben macht auf jeden Fall hungrig. Ein grosser aufgebauter Grill an der Felsenkapelle neben der Quelle, viel Bier, das in jener kühl gehalten wurde und mehr sorgen nun für beste Laune. Die Musikgruppe spielt, es wird getanzt und gesungen bis es dunkel wird. Auch der Pfarrer spricht dem Weltlichen ausgiebig zu. Er ist nun ausser Dienst. Da es zu aufwändig wäre, die gesamten Fiesta Utensilien jedes Jahr hinauf zu schaffen, lagern sie einfach über das Jahr unter einer Segeltuchplane neben der Kapelle. Auch wenn das alles für den aufgeklärten Menschen etwas eigen erscheint, ist es doch ein besonderes Erlebnis dieses Ereignis mit den gastfreundlichen, fröhlichen und herzlichen Menschen zu feiern. Aus welchem Grund es derart kompliziert zugeht und wer sich diese Choreographie der "Romería el Tanquito" ausgedacht hat, ist unbekannt. Und irgendwie ist das auch egal.
Seit 2019 findet am Tag der Wallfahrt von El Cardón auch ein Volkslauf statt für Erwachsene und da Spanien ein kurzer für Kinder natürlich auch. Er startet um 10:00 Uhr im Ort. Anmeldungen und Informationen am Gemeindeamt Pájara oder unter T: 680 230 993 und T: 610 951 035.