► „Hals und Beinbruch“ wünschen sich Künstler, „eine Handbreite Wasser unter dem Kiel“ Segler und „Clear Sky“ Himmelsgucker aller Klassen. Und mit „Clear Sky“ kann Fuerteventura aufwarten. Nur an einem Ort der Welt können die astronomischen Nächte entdeckungsreicher als auf dem kanarischen Archipel sein: Hawaii, denn das gilt als die beste Destination für Himmelsgucker weltweit. Dann folgen schon die Höhenobservatorien auf Teneriffa, das Izaña Observatorio del Teide und jenes auf La Palma, das Observatorio Roque de los Muchachos. Nach den Kanaren reiht sich Neuseeland ins Ranking auf Platz 3. Höhenlagen, klare Nächte, richtige geographische Lage und vor allem geringe Luft- und Lichtverschmutzung sind das Geheimnis für atemberaubende Nächte unter dem Sternenzelt. Damit das auf den Kanaren so bleibt, folgt das Archipel gewissen Normen, beispielsweise Strassenlampen, die nur nach unten abstrahlen dürfen. Im April 2012 wurde La Palma zum ersten UNESCO Starlight Reserve der Geschichte gekürt, das Archipel folgte. Auch wenn Fuerteventura kein Höhenobservatorium zu bieten hat, sind die Nächte unter dem Sternenhimmel auf der Isla tranquila absolut atemberaubend.
► In der nördlichen Hemisphäre ist der Winterhimmel die beste Zeit für Stargazer, die ausser dem freien Auge oder einem Feldstecher nichts zur Verfügung haben. Das freie Auge sollte nicht unterschätzt werden, denn auch die grossen Astronomen der Antike hatten nicht mehr zur Verfügung. Am Winterhimmel der nördlichen Hemisphäre lassen sich mit dem Freien Auge siebzehn der dreissig hellsten Sterne des Winterhimmels ausmachen. Für all jene, die einen Feldstecher ab 8-facher Vergrösserung mit ordentlicher Objektivöffnung besitzen, hält der Winterhimmel wunderbare Sternennebel bereit: Andromeda, Orion oder Perseus. Das faszinierendste Objekt für Fernglasbesitzer könnten aber die Plejaden sein, eine Sternenkonstellation, die durch alle Epochen und Kulturen einen besonderen Stellenwert einnahm. Durch einen soliden Feldstecher betrachtet, lösen sich einige kaum auseinander zu haltenden Sterne, zu einem wunderbar glitzernden Sternenhaufen auf. Ein atemberaubend schöner Anblick der verständlich macht, warum die Plejaden gerne mit auf schwarzem Samt ausgestreuten Brillanten verglichen werden. Im Dezember begeistert das freie Auge der Geminiden Meteorstrom, im Januar jener der Quadrantiden.
► Sehr hoch hinaus geht es auf Fuerteventura nicht. Mit lediglich 807m ist der Pico de la Zarza auf der Halbinsel Jandía der höchste Berg auf Fuerteventura. Trotzdem lassen sich Hügel oder Vulkankegel finden, auf denen der Stargazer herrliche Beobachtungsnächte verbringen kann. Neun Tipps für Stargazer auf Fuerteventura von Nord nach Süd, Details zu den Locations, siehe Linkliste unten.
1 - Calderón Hondo. | 223m
Der Vulkankegel Calderón Hondo ist ein beliebtes Ausflugsziel im Norden von Fuerteventura. Wer faul ist, kann bis nahe an den Krater heranfahren, dann ein kurzes Stück zu Fuss. Die Ausblicke sind wunderbar, so auch die Sonnenauf- und -untergänge. Auch für Stargazer ist der Calderón Hondo interessant: Rundumblick, das Licht der Touristenhochburg Corralejo wird vom Vulkan Bayuyo im Norden abgedeckt, aus Lajares, dem Ort am Fusse des Vulkans, kommt nicht allzu viel, wenn nicht das Fussballstadion für ein Match hell erleuchtet ist.
2 - Montaña de la Muda. | 689m
Der Montaña de la Muda ist mit seinen 689m der beste Gipfel für Stargazer im Norden von Fuerteventura. Kaum Licht des nordwestlich gelegenen Ortes Tindaya schafft es zum Gipfel hinauf, die Beleuchtung der Ansiedlung La Matilla nicht der Rede wert und auch die Radarstation unterhalb des Gipfels, ist bis auf ein Markierungslicht für den Flugverkehr, dunkel. Einen Haken hat der Montaña de la Muda: Der Gipfel muss von „unten bis oben“ bestiegen werden. Am schönsten und schnellsten geht das über die Fuentes de El Chupadero. Ist der Espigón de la Mesa (573m) erreicht, wird es etwas anspruchsvoll. Ein Abstieg nachts vom Gipfel sollte nur mit Stirnlampe unternommen werden: Im Westen lauert eine steile Felsflanke.
3 - Mirador de Morro Velosa. | 662m
Der Mirador de Morro Velosa ist der Aussichtsberg zwischen Insel Norden und dem Zentralmassiv. Gekrönt wird er von einem Bauwerk des César Manrique. Um 17:00 Uhr wird die Asphaltstrasse zum Gipfel, die von der FV-30 zu ihm abzweigt, durch einen Balken gesperrt. Vor dem muss geparkt werden und dann kann gemütlich in 15 Minuten hinauf spaziert werden. Die Ausblicke über die Insel sind traumhaft, das Licht aus Betancuria stört nicht, da der Ort in einem tiefen Tal liegt. Lediglich Licht aus Antigua dringt hinauf. Rundumblick vom höchsten Punkt der Region für Stargazer.
4 - Mirador de Fénduca. | 419m
Der Mirador de Fénduca, ein Pass an der FV-30 zwischen Vega de Río Palmas und Pájara, ist ein herrlicher Ort und in der Hochsaison gerne überlaufen. Wenige Kenner der Insel und einige Residente erleben dort selten den Sonnenuntergang. Danach ist es ganz sicher einsam, weit und breit keine Siedlung zu sehen, keine Lichtverschmutzung. Der Mirador de Fénduca ist über die wunderschöne FV-30 leicht zu erreichen und gleichzeitig ein idealer Ort für Stargazer, so sie keine tiefer liegenden Objekte im Osten auf der Beobachtungsliste haben. Dann würde es heissen, hinauf zum Filo de Fénduca.
5 - Filo de Fénduca. | 614m
Der Filo de Fénduca ist der kleine Gipfel über dem Pass Mirador de Fénduca. Er bietet fast alles, was der Mirador de Fénduca zu bieten hat nur besser, dazu fast eine komplette Rundumsicht. Nur der Risco Blanco (618m) im Norden stört etwas die Sicht. Der Nachteil, es heisst zu Fuss hinauf, aber gerade das ist der Reiz. Von Vega de Río Palmas führt über einen kleinen Pass ein markierter Wanderweg nach Toto. Am Pass wird auf einen nicht markierten und kaum auszumachenden Hirtenpfad nach Süden zum Gipfel abgezweigt. Wer in den Bergen zu Hause ist und sich angesehen hat, wo der Gipfel liegt, kann auch unschwierig aber sehr holprig querfeldein vom Parkplatz am Mirador de Fénduca hinauf steigen. Sehr steil ist das nicht und die ca. 200 zu meisternden Höhenmeter nicht nennenswert.
6 - Sicasumbre. | 421m
Vielleicht ist der beste Ort für Stargazer auf Fuerteventura der Sicasumbre. Ein kleiner Gipfel im Zentralmassiv direkt an der FV-605 gelegen und von dieser in wenigen Minuten zu erreichen. Die Rundumsicht ist phänomenal, „coast to coast“, weit und breit keine Siedlung. An mondlosen Nächten wird es absolut dunkel. Einsamkeit pur und wunderschön. Das Cabildo de Fuerteventura vermarktet den Sicasumbre als astronomischen Beobachtungspunkt der Ureinwohner. Doch das ist ein Werbegag. Majoreros hatten keinerlei astronomischen Fähigkeiten, ausser die Wintersonnwende zu bestimmen. Doch das ist ein Leichtes. Dazu reicht es den Schattenwurf eines senkrecht in den Boden gerammten Stocks über das Jahr hinweg zu beobachten. Astronomische Fähigkeiten benötigten sie auch nicht. Sie fuhren weder zur See noch betrieben sie Ackerbau, kannten keine Arithmetik auch nicht in deren einfachsten Form.
7 - Mirador de los Canarios. | 340m
Im Süden um Jandía wird es in Bezug auf gute astronomische Aussichtspunkte schwierig. Es gebe sie, aber sie liegen oft in den Passatwolken, sind anspruchsvoll zu erreichen und nur jenen anzuraten, die in den Bergen zu Hause sind. Wanderwege gibt es zu den Gipfeln, mit einer Ausnahme, keine, selten einmal einen Hirtenpfad. Gute Orientierung ist angesagt. Das Gestein ist brüchig und auch an diesen kleinen Erhebungen lässt sich prächtig über hundert Meter abstürzen. Und das kommt regelmässig vor. Der schöne Mirador de los Canarios wäre ein Kompromiss auf Jandía. Eine holprige Piste führt zu ihm hinauf. Oben herrscht in der Geländekerbe meist Sturm. Die Sicht nach Nordosten wird vom Morro de la Burra (518m) verdeckt, jene nach Südwesten vom Pico de la Mantanza (625m).
8 - Auf den Pico de la Zarza. | 807m
Der Pico de la Zarza ist der höchste Berg Fuerteventuras, erhebt sich über Morro Jable und ist kinderleicht zu besteigen. Die Tour gleicht mehr einem Spaziergang, wenn da nicht die Höhenmeter wären, denn es geht eben „ziemlich von Null“ los. Auch der Gegenwind hinauf ist nicht zu unterschätzen. Trailrunner aus Morro Jable nutzen den Pico de la Zarza als Trainingsstrecke vor dem Frühstück. Dann ist er auch meist noch wolkenfrei. Vom Gipfel ist in der Ferne der höchste Berg Spaniens, der Teide (3.715m) auf Teneriffa zu sehen, der aus dem Atlantik ragt. Wenn er im Winter weiss angezuckert ist besonders schön – phantastisch. Das Problem des Pico de la Zarza ist, dass er sich ab dem späten Nachmittag in Passatwolken hüllt, die regelmässig lange hängen bleiben. Stargazer die es schaffen, eine wolkenfreie Nacht auf dem Gipfel des Pico de la Zarza zu erwischen, stehen am Zenit für Astronomen auf Fuerteventura. Das Stativ für das Teleskop sollte solide und schwer sein, denn meist ist Sturm angesagt.
9 - Punta de Pesebre.
Der Punta Jandía und der Punta de Pesebre liefern sich einen Wettbewerb um den südwestlichsten Punkt Fuerteventuras. Lediglich eine halbe Bogenminute trennen sie: W 014° 29' 29“ zu W 014° 30' 35“. Das Rennen macht der Punta Jandía, an dem der Leuchtturm Faro de Punta Jandía liegt. Stargazer sollten allerdings das einsame Kap Punta de Pesebre bevorzugen, denn das kleine Leuchtfeuer wirft nur einen kleinen Strahl auf das Meer hinaus. Dort kann zu einem Messpunkt aufgestiegen werden, vielleicht auf 70 m Seehöhe. Ab und zu flashed das Leuchtfeuer vom Punta Jandía hinüber. Egal für jene, die nur in den Himmel schauen wollen, für Astrophotographen ein no go.
► Auf Teneriffa und Gran Canaria ist das Angebot an fachkundigen Stargazer Touren ansprechend. Auch öffnen gelegentlich die Observatorien ihre Tore für das Publikum. Einen Überblick über die gesamten Kanaren, auch über das Angebot auf Fuerteventura, gib der Artikel „Stargazing: Der Himmel über den Kanaren.“ (s.u.). Individualisten gehen aber lieber ohne Tourguide auf Entdeckung. Wer rund 200,- Euro investiert, ist bestens ausgestattet.
Theorie zuerst – das gute Buch für Einsteiger.
Stargazer in Spe sollten sich, bevor sie in ihre erste Beobachtungsnacht aufbrechen, einwenig mit der Materie befassen, ein paar Basics lernen. Der Klassiker Mit dem Fernglas oder Rich-Field-Teleskop den Himmel erkunden, ist ein erstklassiges Buch für Einsteiger. Es gibt auch einen exzellenten Überblick, welche Ferngläser und Teleskope geeignet sind. Preis: ca. € 26,-
Am Himmel zurecht finden – Sternendreher oder App.
Der gute alte Kosmos Sternendreher hat auch nach Jahrzehnten seinen festen Platz in der Szene: Klein, leicht, intuitiv, ein perfekter Überblick und für € 15,- ist er auch noch preiswert. Nachteil: Nachts heisst es ein Licht bereit halten.
Wer es moderner mag, der sollte auf die exzellenten Apps von Redshift Sky setzen. Sie sind für das Mobiltelefon erhältlich (ca. € 10,-) iOs wie Android und den Desktop (ca. € 50,-) Mac und Windows. Der Leistungsumfang der Apps begeistert wie auch die Praxistauglichkeit: Die Anwendungen lassen sich z.B. für die Nachtbeoachtung auf Rotlicht schalten. Am besten auf der Website von Redshift Sky vorbeischauen und das Leistungsspektrum checken.
Deep Sky – der tiefe Blick in den phantastischen Himmel.
Es muss mit keinem grossen Teleskop angereist werden, um Deep Sky Objekte auf den Kanaren entdecken zu können. Ein passables Fernglas reicht dazu. Ab einer Vergrösserung von 8-fach ist das Glas geeignet. Das bringen auch Operngucker, deren Linsen sind aber zu klein, um genug Licht einfangen zu können. Dazu braucht es eine solide Objektivöffnung, die in mm angegeben wir. Ein 25x70 Fernglas hat beispielsweise eine 25-fache Vergrösserung und eine Öffnung von 70 mm. Das ist schon mächtig.
Ein solches Glas bietet Celestron im billig Sortiment an. Für Einsteiger, die es ein paar Jahre nutzen wollen, reicht es. Verblüffende ca. € 140,- kostet der Celestron SkyMaster 25x70 und die Qualität erstaunt im Verhältnis zum Preis: Die Plejaden (fast) in ganzer Pracht! Natürlich müssen Abstriche gemacht werden. Hochwertige Linsenelemente aus vergütetem Glas dürfen nicht erwartet werden. Das führt einerseits zu Farbsäumen, anderseits bringt das grosse Instrument dadurch aber auch nur 1.400 g auf die Wage. Gut für das Reisegepäck. Auf zwei Punkte soll hingewiesen werden. Die Prismen sind bei Lieferung nicht justiert, das Glas schielt fast immer. Gewusst wie, ist es mit einem Feinmechaniker Schraubenzieher schnell scharf gestellt. Wie, das verrät ein Link im Artikel „Stargazing: Der Himmel über den Kanaren.“ (s.u.). Der SkyMaster ist griffig gummiert, so wie einiges von GoPro®. Und genau wie dieses, beginnt sich das griffige Gummi, besonders in salzhaltiger Atmosphäre, über die Zeit aufzulösen, wird klebrig und zerblättert dann. Schade, das Instrument wäre ansonsten intakt.
Wem es eher nach einem allround Fernglas von hoher Qualität für viele Jahre steht, mit dem neben dem Himmel beispielsweise die Vogelwelt beobachtet werden kann, Fuerteventura ist übrigens auch eine erste Destination für Birdwatcher, der sollte sich das ZEISS Terra 10x42 ED für knapp € 500,- ansehen. Klein ist es auch noch und trotz der exzellenten Linsen bringt es nur 725 g auf die Waage. Ein erstklassiges Glas, das sich vor den erheblich teureren Swarovski oder Leica Varianten nicht verstecken muss. Das Terra ist wetterfest und durch die Stickstoff Füllung bei starken Temperaturschwankungen frei von Beschlag. Das macht es auch für den Yachtsport interessant. Für Gelegenheitsstargazer ist es ausreichend und breit einzusetzen.
Bitte nicht wackeln – ein preiswertes Stativ für den SkyMaster.
Mit einem Celestron SkyMaster 25x70 längere Zeit aus freier Hand den Himmel zu beobachten, schwer möglich. 25-fache Vergrösserung ist dafür einfach zuviel. Daher ist dem SkyMaster ein Stativadapter mit Normgewinde beigelegt. Ein federleichter Reisebegleiter ist das Hama Star 61, für das 1.200 g im Reisegepäck reserviert werden muss. Es wird für ca. € 22,- regelrecht verramscht und dafür leistet es erstaunliches. Natürlich weiss jeder Fotograf, nur ein schweres Stativ ist ein gutes, aber an einem Haken lässt sich am Hama Star 61 z.B. ein Rucksack befestigen, um es standfester zu machen. Als Fotostativ taugt es natürlich auch, für Langzeitbelichtungen ist es aber zu instabil.
Bis auf Redshift Sky ist das hier Empfohlene kein High-end. Es ist ein minimum Investment, um herauszufinden, ob Stargazing eine Leidenschaft werden könnte. Für Enthusiasten gibt es dann keine Grenzen nach oben: Reiseteleskope für € 50 tsd. Euro aufwärts und anderes bietet sich an. Wunderbare optische Meisterwerke. Sunnyfuerte liebt den Himmel über den Kanaren und schaut gerne zu ihm hoch. Für diese Ambition reicht das hier empfohlene. Mehr wäre verführerisch aber nicht genutzter Luxus.
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