Als Tourist krank auf Fuerteventura – wo bekomme ich Hilfe?

► Krankheiten und Unfälle machen im Urlaub keine Pause – wer hilft im Fall der Fälle und wer bezahlt das? ►►

Wer zahlt im Krankheitsfall – Sozialversicherungsabkommen in der EU und assoziierten.

► Um einen funktionsfähigen europäischen Wirtschaftsraum zu gestalten, wurden bereits im EWR Regeln zur „Freizügigkeit“ beschlossen. Diese wurden besonders für Arbeitnehmer und Unternehmer sichtbar. Damit das vor allem auch für Arbeitnehmer funktioniert, beispielsweise Pensionsansprüche anderer EU Staaten „mitgenommen“ werden können und am Ende des Arbeitslebens auch in jedem EU Land, angepasst, Ansprüche geltend gemacht werden können, wurden binnenstaatliche Sozialversicherungsabkommen geschlossen, die auch, aber nicht immer (siehe erben in Spanien!), mit Doppelbesteuerungsabkommen verknüpft sind. Ähnliches gilt für Kranken- und Unfallversicherung et.al., aus den Sozialversicherungssystemen anderer EU Staaten und assoziierter (z.B. Lichtenstein). So stellt sich sehr grob umrissen die Situation dar. Heisst, wer in einem EU Land Sozialversicherungspflichtig ist, der geniesst im akut (!) Fall diesen Versicherungsschutz auch auf Fuerteventura. Bricht sich ein Urlauber ein Bein und wird im öffentlichen Krankenhaus behandelt, rechnet dieses das direkt mit seiner deutschen Sozialversicherung ab. Alles was nicht akut ist, eine hartnäckige Erkältung, ein juckender Ausschlag u.ä., muss der Versicherte vorerst selber bei einem Privatarzt regeln. In einem Centro de Salud (s.u.) kann er nicht vorstellig werden. Wie beispielsweise für einen deutschen Sozialversicherten die Situation in anderen EU Ländern aussieht, das stellt die Tabelle des DIA (Deutsche im Ausland e.v.) hier sehr übersichtlich dar.

Brauche ich eine Reisekrankenversicherung?

► Für in der EU Sozialversicherte, die innerhalb der EU reisen, macht sie fast immer keinen Sinn. Im akut Fall, sind der Sozialversicherungspflichtige wie auch etwaige Mitversicherte gedeckt. Es muss auch kein Geld vorgestreckt werden. Die Rechnung geht an die SV im Heimatland. Wichtig in diesem Zusammen, die Deckung besteht nur in einem Krankenhaus des jeweiligen Sozialversicherungssystems. Wer sich beispielsweise in der Privatklinik Hospital Parque in Puerto del Rosario behandeln lässt, muss das selber tragen, so keine private Zusatzversicherung das deckt.


Ist die Erkrankung nicht akut, muss der Sozialversicherungspflichtige einen Privatarzt auf Fuerteventura aufsuchen und vorerst selber bezahlen. Ein Rechnung der Arztpraxis kann der Patient in Folge bei seiner Kasse einreichen und bekommt vollen oder nur anteilmässigen Kostenersatz. Wichtig ist, dass die Rechnung Auskunft über die Behandlungsart und -dauer gibt, denn Kassen rechnen hier nach Tarifblättern ab. Manches kann auch gar nicht gedeckt sein, da es keine akzeptierte Therapie z.B.. in Österreich ist. Die österreichische Sozialversicherung verlangt zusätzlich zur Rechnung einen Zahlungsbeleg: Überweisung, Kreditkartenbeleg, Zahlungsbeleg der Arztes. Das elektronische Portal der österreichischen Sozialversicherung ermöglicht einen Scan der Rechnung und des Zahlungsbeleges online einzureichen. Das Geld kommt meist nach wenigen Tagen.


Eine Ordination kostet bei einem Privatarzt auf Fuerteventura um die 50,- Euro. Wer bei seiner Kasse nicht elektronisch einreichen kann, verzichtet bei diesem Betrag meist darauf, da ihm dieser Aufwand bei einer möglichen Teilerstattung zu hoch ist. Reisekrankenversicherungen, wie auch jene der Kreditkarten Unternehmen, fordern meist einen Selbstbehalt von 150,- Euro vom Patienten. Bei nicht akuten Problemen, wird die Arztrechnung auf Fuerteventura kaum einmal diesen Betrag erreichen. Und wer denkt, er kann einfach die Rechnung einreichen, wird von seinem Versicherer oft eines besseren belehrt. Es werden Dokumente gefordert, die aus dem Heimatland kaum noch beizubringen sind: Atteste u.ä. phantasievolles, die bei kleinen gesundheitlichen Problemen völlig sinnlos und unüblich sind. Warum, das kann sich jeder nun selber denken, In der Regel sind diese Versicherungen für Sozialversicherungspflichtige völlig sinnlos. Anders sieht es bei Fernreisen aus. Aber auch da sollte das Kleingedruckte genau gelesen werden.

Die bessere Wahl – Reiserückholversicherung.

Innerhalb der EU ist das Geld besser in einer Reiserückholversicherung, die auch möglichst Bergekosten abdeckt, angelegt! Das Hospital auf Fuerteventura geniesst nicht den besten Ruf und wenn mehr anliegt, beispielsweise ein komplizierter Bruch, der sofort operiert werden müsste, sollte die Möglichkeit bestehen, sich in ein solides Krankenhaus ausfliegen zu lassen. Auch wenn der Aufenthalt im Hospital länger dauern könnte, ist der Patient mental sicher besser daheim aufgehoben. Wer kein Spanisch spricht, wird sich im Inselkrankenhaus auch mit den meisten Ärzten nur via Dolmetscher unterhalten können.


Autofahrerklubs bieten diese Versicherung meist günstig an bzw. sind diese in Paketen, Schutzbrief in Österreich, enthalten. Für Österreicher ist es besonders interessant, beim Alpenverein Mitglied zu werden, denn das  beinhaltet eine Versicherung für einen potentiellen Rücktransport im Ambulanz Jet. Darüber hinaus trägt sie auch Bergekosten und das nicht nur bei Wanderungen und Alpinismums, sondern auch auf See. Für einen abgetriebenen Kitesurfer, könnte das nicht nur die physische sondern auch die finanzielle Rettung sein.

Wichtig zu wissen – wie funktioniert das spanische Gesundheitssystem?

► Das spanische Gesundheitssystem arbeitet zentralisiert und kommt wohl in den feuchten Träumen eines Karl Lauterbachs vor, wenn er dem Rioja ergiebig zugesprochen hat. Es kennt das System der Kassenärzte, der Hausärzte nicht. In nicht akut Fällen, sucht der in Spanien Sozialversicherte ein Centro de Salud auf, das jede grössere Gemeinde besitzt. In grossen Gemeinden bieten sie neben Allgemeinmedizinern auch Fachärzte. Die Ausprägung ist sehr unterschiedlich. Der Kranke wird im Centro de Salud vorstellig, begutachtet und zu einem Arzt im Zentrum weiter geleitet bzw. ins Krankenhaus überwiesen. Ein langjähriges Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt kann so nicht entstehen. Hat das Centro de Salud bereits geschlossen, geht es in die urgencia eines Krankenhauses. Die arbeitet wie in Deutschland oder Österreich. Wird ein Fall als nicht akut eingestuft, wird der Kranke auf den nächsten Tag und das Centro de Salud verwiesen, ggf. behandelt.


Und wie sieht es mit dem Zahnarzt im Centro de Salud aus? Ganz einfach, es gibt ihn nicht. Zahnmedizin ist Privatsache in Spanien. Hier geht es dann auf eigene Kasse in die Dental Kliniken, die an jeder Ecke aus dem Boden spriessen, wie Vitaldent beispielsweise. Da aber 50% der spanischen Arbeitnehmer nur den Mindestlohn beziehen, können sich nur wenige eine entsprechende Zahnbehandlung leisten. In Zahlen gefasst heisst das, in armen Regionen in Andalusien, liegt das durchschnittliche Bruttojahresgehalt lediglich bei 6.785 Euro, auf den Kanaren immerhin bei 16.844 Euro (Quelle: INE 2022). Aus diesem Grund und da Zahnhygiene kein Thema ist, das bereits den Jüngsten in armen Regionen beigebracht wird, tragen Spanier dieser Regionen ein sehr luftiges Gebiss.


Können Touristen auch in einem Centro de Salud vorstellig werden? Nein. Die werden an einen der vielen Privatärzte verwiesen. In stark touristischen Orten wird aber in Fällen, die irgendwo zwischen akut und nicht akut liegen, auch mal eine Ausnahme gemacht. Der Tourist sollte sich aber an die Regeln halten und nicht Kapazität blockieren, die ihm nicht zusteht. Besonders auf Fuerteventura sind diese sehr knapp, da kaum junge Ärzte, besonders Fachärzte, gewonnen werden können. Für sie wäre die Insel eine Karriere Sackgasse und das Gehalt im Verhältnis zu Angeboten aus Privatkliniken in Barcelona, Mallorca oder auch öffentlichen Krankenhäusern in der Schweiz, ein Hungerlohn.

Was ist die erste Anlaufstelle bei Krankheit für Touristen auf Fuerteventura?

► In akut Fällen muss der Betroffene darüber nichts wissen. Eine herbeigerufene ambulancia liefert ihn entsprechend ab. Ein Helikopter, wie in der DACH Region völlig normal, wird ihn in Fuerteventura nur sehr selten übernehmen, denn es gibt keinen. Seit Jahren wird dafür gekämpft, aber es wird nichts. Für Lanzarote und Fuerteventura fliegen die Helis aus Las Palmas de Gran Canaria an. Selten, das ist dann einen Bericht in der Lokalpresse wert. Nach Fuerteventura dauert das, je nach Ort und Windgeschwindikeit, mindestens 120 Minuten und wiederum je nach Windsituation retour länger oder kürzer. Wer mit der ambulancia im akut Fall von Morro Jable ins General Hospital Virgen de la Peña Puerto del Rosario transportiert wird, kann mit 60 Minuten rechnen, so die Strassen frei sind. Vorausgesetzt, es ist ein Krankenwagen am Centro de Salud in Morro Jable verfügbar, auch nicht immer der Fall. Während des Transportes wird der Patient von Sanitätern betreut. Ein flächendeckendes Notarztsystem wie in der DACH Region, kennt Spanien nicht. Bei der geografischen Grösse und meist dünnen Besiedlung, wäre das nicht realisierbar. Für Schlaganfall, Herzinfarkt Patienten oder Unfallopfer, bei denen jede Minute zählt, sieht es nicht gut aus auf Fuerteventura. Das sollte jedem auf der Sonneninsel bewusst sein. Wer gesundheitlich schwer angeschlagen ist, urlaubt in Spanien besser auf Mallorca oder auch Bracelona. Dort wird ihm ein perfektes System geboten.


Im nicht akut Fall, stehen dem deutsch sprechenden Touristen deutsche Ärzte zur Verfügung: Ein hervorragender Internist mit erstklassig ausgestatteter Praxis, ein exzellenter Hautarzt, ein akribischer Zahnarzt und einfühlsame Kinderärztin und Allgemeinmedizinerin. Teils ordinieren sie auch in Praxisgemeinschaft im Norden wie im Süden. Es wird auch ein 24h Rufnummer geboten. Die Kontaktdaten der Ärzte finden sich unten im Link. Natürlich kann auch jeder andere Privatarzt aufgesucht werden: Britische auch kubanische ordnieren auf der Insel. Die medizinische Ausbildung in Kuba sollte nicht unterschätzt werden.

An was ist noch zu denken – was sollte mit dabei sein?

Giftige Tiere gibt es auf Fuerteventura keine, weder Skorpione noch Schlangen. Nur um die Balsam Wolfsmilch sollte ein Bogen gemacht werden. Auch ist kein Fall bekannt, dass je ein Hai einen Menschen oder auch nur eines seiner Beine an den Küsten Fuerteventuras verspeiste. Die ziehen mit dem Kanarenstrom gegen Süden. Tropenkrankheiten kommen auf der Insel ebenso nicht vor. Die Hygiene Standards im Lebensmittel-, Gastrobereich und der Hoetlerie sind in Spanien für Touristen, die sich darüber informieren, überraschend hoch, teilweise höher als in Deutschland. Das Klima erfordert es: Regelmässiges Chlorspülen der Warmwassersystem oder ein Verbot von Hunden in allen Innenereichen, in denen Lebensmittel konsumiert oder verkauft werden. Da Tourismus einer der Wirtschaftsfaktoren Spaniens ist, werden die Regeln immer strenger kontrolliert. Das übernimmt generell die „sanidad“. Im Gegensatz zur deutschen Exekutive, kennt die spanische kein deeskalieren sondern nur durchsetzen. Im Fall der Fälle geht die „sanidad“ nicht zimperlich zur Sache, schliesst Betriebe sofort und klebt einen Zettel an die Eingansgtüre: Geschlossen vom Gesundheitsamt. Für den Pauschaltouristen ist eine zentrale Gefahrenquelle, wie daheim, der Strassenverkehr, gefolgt von einem heftigen Sonnenbrand. Haushaltsunfälle treffen im Urlaub ja die wenigsten.


Für den Fall der Fälle sollte aber immer die Chipkarte der Sozialversicherung dabei sein. Sie öffnet den Zugang im akut Fall zum Gesundheitssystem. Darüber hinaus sollten ggf. die Polizzen Nummer und 24h Notfallnummer der Reiserückholversicherung griffbereit sein.


Wer eine private Krankenversicherung besitzt, die auch in europäischen Kliniken greift, sollte auch diese Unterlagen mitführen. Die Grupo Hospitales Parque für Privatversicherte ist auch in Puerto del Rosario vertreten und diagnostisch besser als das öffentliche Krankenhaus aufgestellt und kann mehr Fachärzte aufwarten.


Chronisch Kranke sollten nicht vergessen, einen entsprechenden Medikamentenvorrat mitzunehmen und kühl zu lagern. Zwar ist auf Fuerteventura ebenso fast jedes Medikament erhältlich, die Verschreibungspflicht ist jedoch anders geregelt. Diese können deutlich strenger, vor allem bei Medikamenten mit Suchtpotential, oder deutlich lockerer als in der DACH Region sein. Der Weg zu einem Rezept kann daher u.U. dauern.


Für die meisten Urlauber wird die Zeit auf Fuerteventura eine unvergesslich schöne sein, aber „shit happens“, es trifft nicht nur die Anderen. Vorbereitet zu sein ist wenig Aufwand und hilft problematische Situationen in Ruhe zu meistern. Gesundheit und Zeit sind die wertvollsten Güter, die der Mensch besitzt.

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