► 2022 erweiterte die Rederei Fred. Olsen ihre Linie Corralejo (Fuerteventura) - Playa Blanca (Lanzarote), um die Personenfähre Buganvilla Express, einen kleinen Katamaran. Reine Personenfähren, im offiziellen Fährbetrieb, sind auf den Kanaren eine Seltenheit. Ausser Fred. Olsen setzt nur Líneas Romero zwischen Playa Blanca und Corralejo und Órzola (Lanzarote) und Caleta de Sebo (La Graciosa) auf diesen Typus, ebenfalls moderne, schnelle Katamarane. Líneas Romero legt seinen Fokus auf Touristen, reine Ausflugsfahrten zu Nachbarinseln beispielsweise, bei denen Urlauber selten ihren Mietwagen mitnehmen wollen, so sie einen haben. Nach La Graciosa würde eine Autofähre ohnedies keinen Sinn machen, denn auf der Insel dürfen nur wenige KFZ mit Sondergenehmigung unterwegs sein.
Mit der Buganvilla Express, attackiert Fred. Olsen, der Platzhirsch auf den Kanaren, Líneas Romero und zwar mit einem radikalen Baukonzept: Viel Aussendeck und Panorama. Líneas Romero ist klassisch wetterfest unterwegs. Beides hat, je nach Wetterlage, seine Vor- oder Nachteile. Die kanarische Rederei Naviera Armas, nach der Übernahme der katalanischen Trasmedtierránea schwer angeschlagen und teils noch mit alten Monohull Schiffen im Fährbetrieb, hat schon lange das Nachsehen gegenüber den Norwegern.
Wie schlägt sich also die Buganvilla Express von Fred. Olsen, bei einer sehr sonnigen aber ruppigen Fährpassage? Höchste Standards in Sachen Sicherheit und Sauberkeit, perfekt ausgebildeter Crew, Pünktlichkeit und Modernität der Flotte, kann beim norwegischen Traditionsunternehmen erwartet werden. Touristen nehmen das Angebot jedenfalls gut an, wie auf der Buchungsplattform und im Hafen selber zu sehen ist. Das ist sicher auch dem professionellen Vertrieb der Rederei geschuldet: Reiseveranstalter schaffen grosse Touristengruppen heran und selbst im winzigen Reisebüro in Antigua, kann eine Passage gebucht werden. Nach über einem Jahr Fährbetrieb der Buganvilla, Zeit für Sunnyfuerte eine Passage mit der Buganvilla Express zu unternehmen, um die Eindrücke festzuhalten.
► 26. Dezember 2023: Schon bei Sonnenaufgang kündigt sich ein sehr warmer, sommerlicher Tag mit stahlblauem Himmel und nur leichtem Passat im Norden Fuerteventuras an. Ideal, um einen Ausflug hinüber nach Lanzarote zu unternehmen. Um 7 Uhr morgens lassen sich noch Tickets für den ersten Buganvilla Express um 10 Uhr ab Corralejo buchen. Danach wird es schon eng. Den Basic Tarif gewählt, macht € 17,50 one way. Das ist unschlagbar günstig und ein Bruchteil der Bocayna Fast Ferry von Fred. Olsen. Also auch für Residente eine interessante Option, die ohne Auto nach Lanzarote wollen, beispielsweise um einen Termin beim deutschen Konsul in Playa Blanca wahrzunehmen. Und so werden später, unter den vielen Touristen, auch Passagiere auszumachen sein, die ihrem Alltag nachgehen.
Noch rund drei Stunden, bis die Fähre nach Lanzarote auslaufen wird. Da geht sich noch ein entspanntes Frühstück im herrlichen Morgenlicht Fuerteventuras aus. Immer ein perfekter Start in den Tag. Aber um 9 Uhr sollte der Fährgast im Hafen von Corralejo sein. Nicht, weil das Embarking der Buganvilla so zeitig beginnen würde, sondern um das Flair des geschäftigen kleinen Fährhafens erleben zu können. Bereits im ersten Licht laufen die grossen Autofähren von Armas und Fred. Olsen ein und aus. Wer das nicht kennt, wird gebannt den Anlegemanövern und dem Treiben zusehen. Die Vulcán de Tindaya von Armas steuert den Pier an und öffnet dabei ihren mächtigen Bug, aus dem LKW und PKW strömen werden. Kurz davor ähnliches beim Bocayna Express von Fred. Olsen. Einweiser dirigieren rasant die lange Schlange an PKW und LKW in den grossen Bauch des Katamarans mit Jetantrieb. 4 MAN Aggregate beschleunigen das Schiff mit 11.600 KW auf 31 Knoten (57,5 Km/h). Die Fährhäfen von Corralejo, Morro Jable und Puerto del Rosario sind Logistik Drehscheiben und sorgen dafür, dass der Tourist all jenes vorfindet, das er als selbstverständlich erachtet: Mineralwasser aus Teror oder Erdbeeren aus Valsequillo Gran Canaria, Früchte aus Teneriffa, Schinken aus der Extremadura bis hin zum italienischen Mozarella oder Nivea Sonnencreme.
► Um 9:30 Uhr hinauf auf den grossen Wellenbrecher des Hafens. Von dort leuchtet Playa Blanca im Morgenlicht weiss nach Fuerteventura herüber. Die kleine Buganvilla müsste schon bald zu sehen sein, denn sie lief um 9:15 mit geplanter Ankunft 9:50 aus. Rund 13 Km sind es nach Corralejo und bei guter Sicht lässt sich das kleine Schiff auf halber Strecke mit freiem Auge ausmachen. Um 9:45 immer noch nichts zu sehen – eigen. Schliesslich läuft die Buganvilla ungewohnt verspätet erst um 10:10 ein. Warum, das wird der Passagier bald am eigenen Leib spüren. Im Hafen geht alles schnell: In fünf Minuten sind die Ankommenden aus Lanzarote vom Schiff und die neuen Passagiere auf ihm. Nur 10 Minuten sind für das gesamte Hafenmanöver eingeplant. Dann dreimal das Schiffssignal: Maschine läuft rückwärts. Die Buganvilla legt achtern ab. Dann drehen die Bugstrahlruder den eigentlich schwer zu wendenden Katamaran zügig am Stand und es geht hinaus in die Meerenge La Bocayna, klassisch La Bocaina geschrieben. Ein direkter Kurs nach Playa Blanca sollte planmässig gesteuert werden, exakt jener, den einmal im Jahr Athleten nehmen, die anlässlich der Travesía Internacional La Bocaina von Playa Blanca nach Corralejo an den Strand Playa de la Clavellina schwimmen. Wie beindruckend die Leistung der Sportler ist, die jüngsten unter ihnen erst 14 Jahre alt, wird jedem bald bewusst werden.
► Bevor die Jetantriebe auf Volllast gehen, wird in Hafengeschwindigkeit, in Corralejo sind flotte 12 Knoten erlaubt, das Leuchtfeuer an der Mole von Corralejo passiert und auf die Isla de Lobos zugehalten. Danach wird auf direkten Kurs Playa Blanca gegangen. Die Fähren folgen, mit etwas Abstand, Backbord der Schifffahrtsstrasse durch die La Bocayna (s.u. Originalkurs des Bocayna Express vom 17.5.2023, ab 10:45). So begegnen sich fast immer die im versetzten Takt operierenden Volcán de Tindaya und Bocayna Express in der Mitte der Meerenge „rot auf rot“, also Backbord auf Backbord, wie es gute Seemannschaft vorsieht. Dem erfahrenen Passagier wird sofort auffallen, dass der Buganvilla Express einen unüblichen Kurs anlegt. Die Isla de Lobos Steuerbord, geht es der kleinen Insel entlang Richtung Nordost zum Punta Martiño, auf dem der Faro Martiño thront. Höhe wird gelaufen. Es beginnt ruppig zu werden, die Wellen werden höher, die beiden bei Surfern berühmten Breaks Lobos 1 und 2 werden gequert. Auch der Wind frischt zunehmend auf. Durch die Meerenge fegt der Nordost Passat und wird durch die Düse Lanzarote und Isla de Lobos, später Fuerteventura, beschleunigt. Er treibt den Kanarenstrom an und Wellen vor sich her, die vom Buganvilla Express direkt angelaufen werden. Zweimal geht das Schiff derart heftig durch Wellenberge, dass der Jetantrieb am Wellenkamm abrupt abregelt, um nicht ins Wellental zu beschleunigen. Jedem Skipper wird klar, el capitán legt einen magenfreundlichen Kurs an. Wer nicht in der Mitte des Oberdecks Platz genommen hat, bekommt nun die ersten Duschen ab. Einigen macht das Spass, andere flüchten unter Deck. Für Menschen, die zur Seekrankheit neigen, keine gute Idee. Auf Deck bleiben und einen fixen Punkt anvisieren, den Horizont beispielsweise und dazu regelmässig schlucken, auch wenn das anfangs kontraproduktiv scheint.
Irgendwann muss el capitán aber auf Nord drehen, wenn er Playa Blanca erreichen möchte und nicht Westsahara. Dann wird es ungemütlich. Die Wellen laufen querab an, das Schiff beginnt zu rollen und schaukeln, ein klassischer Magenausheber Kurs. Katamarane, durch den Hebel, sind in diesen Situationen besonders anfällig. Monohull Schiffe, wie die Vulcán de Tindaya, liegen hier deutlich ruhiger im Wasser. Heute, am 26. Dezember, bekommen die Passagiere jedenfalls etwas geboten. Einigen ist anzusehen, dass sie froh sind, wenn wieder Land unter ihren Füssen ist. Andere kommen erst richtig in Stimmung, wie eine Gruppe Deutscher, die unter Deck bereits zur frühen Stunde kräftig dem cerveza Alhambra Reserva 1925 von der kleinen Bordbar zusprechen. Ein exzellentes Bier aus Andalusien, so zur richtigen Uhrzeit genossen. Skipper werden mit grossem Interesse den starken Versatz der Katamaranfähre beobachten, die nach und nach die komplette Höhe, die gelaufen wurde, verliert. Der Kanarenstrom, Wellen und Wind sind hier am Werke. Schliesslich passiert die Vulcán de Tindaya den Buganvilla Express, Steuerbord auf Steuerbord, unüblich. Die Buganvilla bemüht sich, die Gäste möglichst angenehm nach Playa Blanca zu bringen. Passagiere, die unbeirrt am Oberdeck blieben, eine solide wasserdichte Windjacke sollte dabei sein, geniessen jedenfalls einen wunderbaren Ausblick über die Meerenge und die Isla de Lobos, bis sich später der markante Höhenzug des Monumento Natural Los Ajaches auf Lanzarote vor ihnen aufbaut. Es ist nicht zu bestreiten, die Passage mit dem Buganvilla Express hat noch etwas von echter Seefahrt. Besonders Fahrtensegler werden sich sehr wohl fühlen. Eine Passage bei diesen Bedingungen mit dem Bocayna Express oder der Vulcán de Tindaya wäre hingegen bei den aktuellen Bedingungen völlig unspektakulär. Unbeirrt laufen sie auf direktem Kurs, der Fährgast geniesst ein ruhiges Fährerlebnis.
► Der Buganvilla Express mit Kurs auf Playa Blanca, die See wird ruhiger, das Massiv des Monumento Natural Los Ajaches nimmt dem Nordost Passat seine Kraft. Backbord voraus ist der Leuchtturm Faro Pechiguera am Südwest Kap von Lanzarote auszumachen. Zusammen mit dem Faro Martiño auf der Isla de Lobos und dem Faro de Tostón auf Fuerteventura, half er vor den GPS Zeiten den Skippern die gefährliche, mit Untiefen durchzogene La Bocayna, zur meistern. Wer in der La Bocayna den Kurs mit einem Segler gekonnt anlegt, kann mit einem Schlag, den Passat im Rücken und den Kanarenstrom unter dem Kiel, Santa Cruz de Tenerife erreichen. Das war der traditionell letzte Stopp der alten Seefahrer, von Cristóbal de Colon bis Alexander von Humboldt, um auf der klassischen Südroute schnell die neue Welt zu erreichen. In Santa Cruz de Tenerife wurden die Schiffe noch einmal überholt und Vorräte gebunkert.
Das Einlaufen in Playa Blanca flott und routiniert, aber die Verspätung baut sich weiter aus. Nach der Mittagspause der Fähren, sollte sich das wieder einpendeln. In wenigen Minuten sind die Passagiere von Bord des Buganvilla Express, neue besteigen die Fähre. Jetzt sollte auf Lanzarote aber auf Erkundungstour gegangen werden. Die Insel hat einiges zu bieten. Nahe gelegen beispielsweise den Timanfaya Nationalpark oder die vielen Bodegas in den Feuerbergen, die einen Wein aus der antiken Malvasía Traube keltern. Auch die Bauwerke des César Manrique, besonders der spektakuläre Mirador del Río im Norden, sind sehenswert. Manrique, der Nationalheilige der Insel, der sie prägte wie kein anderer. Ihm ist zu verdanken, dass die Insel von Hotelburgen verschont blieb und sich traditionell präsentiert, in Teguise besonders schön. Stolz ist die Insel auch auf den Playa de Papagayo. Nun, dafür müsste nicht übergesetzt werden. Diese Art der Strände bietet Fuerteventura reichlicher, den Playa de Esquinzo beispielsweise. Um das alles zu besichtigen, muss kein Mietwagen auf der Fähre mitgenommen werden. Direkt im Hafen kann bei Cicar günstig ein erstklassiger reserviert und angeholt werden. Das ist meist billiger, als die Fährpassage mit Auto.
Wen das alles nicht interessiert, lieber den Paseo Marítimo entlang spaziert oder zum Faro Pechiguera wandert, an den Stränden einwenig baden möchte, der hat auch kein schlechtes, wenn aber nicht das beste Tagesprogramm gewählt. Jedenfalls sollte man sich von den Touristenrestaurants am paseo fern halten. Der Kenner kehrt in der nette Cofradía de Pescadores direkt am Hafen ein. Cofradías sind Bruderschaften der Fischer, im Deutschen würde eher Genossenschaft gesagt werden, die meist ein kleines Verkaufslokal im Hafen betreiben, in dem Fangfrisches gekauft werden kann und daneben auch ein Restaurant, so auch in Playa Blanca. Wem es nach frischem aus dem Meer steht, traditionell zubereitet, der ist dort genau richtig. So das nicht zusagt, finden sich auch traditionelle spanische Fleischgerichte und Tapas auf der Karte. Auf Fuerteventura werden cofradías in klassischer Art in Gran Tarajal und Morro Jable, in touristisch angepasster Version auch in Corralejo (La Lonja), betrieben.
► Sunnyfuerte hat die Passage mit dem Buganvilla Express gefallen. Die Aussicht war besonders und das alles hatte noch etwas von echter Seefahrt. Ein Schwung frisches Meerwasser im Gesicht, ist ungemein belebend. Skipper, Binnensegler und alle anderen, die eine Liebe zum Wasser teilen, sollten dem Buganvilla Express eine Chance geben. Mit keiner anderen Fähre ist der Passagier so nahe an den Elementen. Aber retour, da sollte es dann doch etwas anderes sein. Neues zu entdecken und zu erleben, ist einer der Gründe, warum wir Reisen. Man ist geneigt für die Passage retour, bei einem echten Local, bei den Líneas Romero, sein Geld zu lassen, so wie man das macht, wenn bei Cicar oder Payless gebucht wird, Unternehmen der Grupo Overcame aus Lanzarote. Aber das wäre doch recht nahe an dem Buganvilla Express. Wer Formula uno auf dem Wasser erleben möchte, der sollte retour den Bocayna Express besteigen. Die Kraft und Geschwindigkeit, welche die Jetantriebe entfachen, sind ein Erlebnis. Aber auch die in die Jahre gekommene Volcán de Tindaya sollte nicht verächtlich gemustert werden, denn sie hat etwas, das all den neuen Jetfähren fehlt: Das Gefühl einer grossen Seereise. Auf mehreren Aussendecks, ohne wie bei den Jetfähren am kleinen Achterdeck von Dieselschwaden eingenebelt zu werden, kann in Lounge Atmosphäre etwas gegessen oder getrunken werden. Auch ein solárium, ein Sonnendeck, mit Liegestühlen steht bereit. Wie das alles aussieht, ist hier zu sehen. Besonders wenn zu Sonnenuntergang die Passage angetreten wird, das ist nur in der winterlichen Jahreszeit möglich, ist die Armas Fähre eine erste Wahl. Die Meerenge im letzten Licht zu passieren, den Faro Pechiguera in dramatisches Licht getaucht zu sehen, ist ein unvergessliches Erlebnis.
Es gibt viele Möglichkeiten, die La Bocayna zu queren, auch schwimmend. Wie auch immer, aufbrechen ins kleine Abenteuer, um zu entdecken: Fuerteventura ist erlebnisreicher, als die meisten Touristen denken!
Keine Werbung, keine PR, keine Zuwendungen welcher Art auch immer, durch eines der genannten Unternehmen. Sunnyfuerte liebt es, mit den Fähren der Kanaren unterwegs zu sein. Jede hat ihre Vorzüge. Welche gewählt wird, hängt von den persönlichen Präferenzen ab, wie auch bei der Wahl eines Mietwagens.