Schiffe schaun – abends im Hafen von Corralejo.

► Häfen sind magische Sehnsuchtsorte für jene, die das Abenteuer Gen in sich tragen. In den Hafen von Corralejo, dort sind sie richtig. ►►

Das warme Abendlicht der Sonne flutet den Puerto de Corralejo.

► Häfen sind etwas aufregend magisches, für manche zumindest, vor allem, wenn sie vom warmen frühen Morgen- oder Abendlicht geflutet werden. Dann kann sich die Phantasie richtigen entfalten. Es kann geträumt werden über ferne Reisen auf die andere Seite des Globus, Abenteuer und mehr. Menschen, die Häfen lieben, haben eine Art Abenteuer Gen in sich. Sie zieht es immer wieder in sie, ob grosse Container- oder kleine Fischerhäfen. Es liegt etwas in der Luft, die Schreie der Lachmöwen, der Geruch nach Teer und Öl oder frischem Fang. Und auch in geschäftigen Häfen, wirkt alles ruhig und entspannt. An- und Ablegen, der Schlepper oder Pilot, alles läuft routiniert ohne Hektik ab. Und wenn zwischen dem allen noch Fischer mit bewundernswerter Ruhe und Gelassenheit ihre Netze flicken, ist das Bild perfekt.


Häfen sind Sehnsuchtsorte. Schiffe aus aller Welt treffen ein, andere verlassen sie und sind in Richtung Südhalbkugel unterwegs. Wer es genau wissen will, fragt das Transponder Signal ab. Dann ist bekannt: Woher und Wohin. Spannend. Häfen versprühen Abenteuer und wer dieses besondere Gefühl liebt, für den sind die Kanaren ein Paradies. Der wichtigste atlantische Tiefseehafen der EU wartet in Las Palmas de Gran Canaria besichtigt zu werden, wie auch der klassische Transatlantik Hafen in Santa Cruz de Tenerife, den schon Cristobal de Colón oder Alexander von Humboldt auf dem Weg nach Lateinamerika als letzten Stopp nutzten. Aber auch viele kleine, idyllische Fischerhäfen lassen sich entdecken. Auch Fuerteventura bietet eine wunderbare Palette aktiver Häfen: Morro Jable, Gran Tarajal, Puerto del Rosario, El Cotillo oder auch Corralejo. Corralejo ein Fährhafen, mindestens eine legt alle 30 Minuten an oder ab. Es ist relativ einer der profitabelsten Häfen der Kanaren.

Das Hafenfeuer von Corralejo – ein wunderbarer Ort, um die Fähren zu beobachten.

► Die tief stehende Sonne taucht den Puerto de Corralejo in ein warmes Licht. Manche Szenen wirken wie Gemälde, wenn beispielsweise eine Fähre lautlos vor der Kulisse der Isla de Lobos vorbei gleitet. Ein schöner Ort, um das Ein- und Auslaufen der Schiffe zu beobachten, ist das Hafenfeuer von Corralejo. Von ihm aus kann bei klarer Sicht beobachtet werden, wie die Fähren jenseits der Meerenge La Bocaina in Playa Blanca Lanzarote auslaufen, wie sich die Armas und Fred. Olsen Fähre in der La Bocaina treffen und auf Backbord passieren. Wer einen Feldstecher im Gepäck hatte, sollte ihn mitnehmen. Auch das Einlaufen der Fähren ist von dort oben gut zu beobachten, wie auch die teils spektakulären Hafenmanöver. Der mächtige Katamaran Bocayna Express von Fred. Olsen wendet am Stand um 180 Grad, ohne sich nur einen Meter in der Längsrichtung zu bewegen. Die Bugstrahl- und Heckruder arbeiten mit voller Kraft. Das Wasser scheint zu kochen. Es können 19.000 PS abgerufen werden. Immer ist etwas los am Wasser, im Hafenbecken in diesem geschäftigen Puerto. Und am schönsten ist das im letzten Abendlicht.

19.000 PS passieren die Isla de Lobos – der Bocayna Express (2003) von Fred. Olsen Express.

► Der Bocayna Express wirkt neu, ist aber aus dem Jahr 2003. Fred. Olsen Express hält, im Gegensatz zu Naviera Armas, seine Flotte perfekt in Schuss. Und Fred. Olsen war immer schon innovativ, das norwegische Familienunternehmen gegründet 1849 von den Olsen Brüdern. Sie betrieben das erste Motorschiff unter norwegischer Flagge. Heute wird Fred. Olsen & Co. in fünfter Generation von der Olsen Familie geführt. Es war das erste Unternehmen auf den Kanaren, das auf die schnellen Katamaran Fähren setzte und damit der Rederei Naviera Armas, SA aus Las Palmas de Gran Canaria, einst der Platzhirsch, den Rang ablief. Bis vor wenigen Jahren, setze Naviera Armas noch hartnäckig auf Monohull Schiffe. Innovativ waren Canarios noch nie, sie sind zu sehr in ihren Traditionen verhaftet. In früheren Zeiten brachten die Briten die Innovationen, von Rohstoffen bis Tomaten und Banane, dann waren es deutsche Touristiker die Morro Jable wach küsten und in der Seefahrt eben die Norweger.


Der Bocayna Express gleitet, nur einen Steinwurf vom Hafenfeuer entfernt, lautlos in die Meerenge La Bocaina hinaus, durch die der Kanarenstrom zieht. Einmal im Jahr wird sie bei einem spektakulären Rennen durchschwommen. Gut 15 Km sind es bei oft starkem Seegang. Nachdem der Bocayna Express die Hafenzone genommen hat, in Spanien gilt dort 5 Knoten, beginnen die beiden Jet Antriebe auf Last zu gehen. 19.000 PS beschleunigen das Ungetüm, beladen mit PKW und LKW, auf 31 Knoten. Das sind unglaubliche 57 Km/h und das ist am Wasser eine Nummer. In 15 Minuten wird sie bereits in Playa Blanca, Lanzarote wieder anlegen (s. daszu Artikel u.). Zuerst passiert der Bocayna Express noch die Isla de Lobos. Das warme Abendlicht auf dem weissen Rumpf vor der Kulisse der Isla de Lobos – was für ein Bild. Auch von der Fähre hat der Passagier nun einen phänomenalen Ausblick auf die kleine Insel und den Leuchtturm Faro Martiño.


Wer meint, der Bocayna Express wäre ein Koloss, sollte sich die anderen Kanaren Fähren von Fred. Olsen Express ansehen. Katamarane und Trimarane, teils die grössten, die aktuell weltweit navigieren. Beeindrucken der Betago Express, ein Monster. Er operiert zwischen Morro Jable und Las Palmas de Gran Canaria und ist gut für einen Tagesausflug von Morro Jable nach Las Palmas (GC) (s. dazu Artikel u.). Vier Jet engines von Caterpillar beschleunigen das 100 Meter Lange Monster mit 40.000 PS auf 30 Knoten (72 km/h !). Aber es geht noch mehr: Der Benchijigua Express, der aktuell grösste Trimaran weltweit. 127 m LüA, 1.291 Passagiere, 340 Fahrzeuge und drei Rolls Royce Jetantriebe, die 50.000 PS leisten, beschleunigen das Ungetüm auf 39 Knoten (70 Km/h !). Eine Passage mit dem Benchijigua Express ist ein Erlebnis. Wer es antreten will, nutzt den Benchijigua Express auf Linie zwischen Tenerife, La Gomera und La Palma. 

Pauschaltouristen Transporter – die Don Juan R. von Líneas Romero wartet am Pier.

► Die Fast Ferry von Líneas Romero liegt am Pier im Hafen von Corralejo. Die Don Juan R., ein kleiner Katamaran für den Personenverkehr, wartet auf seine menschliche Fracht. Busse werden vorfahren, meist Briten die schon gut getankt haben steigen aus. Die Damen besteigen gerne halbnackt die Fähre, die Herren mit Bierbauch und blossem Oberkörper, das ist Standard. In der Hand eine Dose Bier. Und alle krebsrot verbrannt, das ist auch normal. Lower class people werden sie in UK genannt. Bei Naviera Armas oder Fred. Olsen würden sie so nicht an Bord kommen, auch wenn es die letzte Fähre wäre. Spanier sind formelle und höfliche Menschen. Extranjeros, die mit Ruderleiberl und kurzer Hose bei einer Behörde auftauchen, werden postwendend nach Haus geschickt. Eine gute Lektion.


Líneas Romero hat mit der Don Juan R. sein eigens Klientel. Es transportiert Pauschaltouristen, die einen Tag Fuerteventura oder Lanzarote gebucht haben, zwischen den beiden Inseln. Es ist mehr menschliches Frachtgeschäft. Individualtouristen, die das nicht wussten und in eine solche Horde geraten, werden 30 min. leiden. Líneas Romero betreibt auch die einzige Fähre zwischen Orzola, Lanzarote und Caleta de Sebo, La Graciosa. La Graciosa, die kleine Insel vor Lanzarote, auf der es kaum Autoverkehr gibt. Autofähre braucht es daher keine. Auch die Meerenge zwischen La Graciosa und Lanzarote, El Río de Montaña Clara, wird einmal im Jahr im Wettkampf, Travesía a nado El Río de Lanzarote a La Graciosa, durchschwommen. Canarios sind begeisterte und exzellente Freiwasser Schwimmer. Ansonsten hat Romero grössere Segelboot, Motoryachten und ähnliches, die für Ausflugsfahten gebucht werden können.


Líneas Romero ist ein altes Familienunternehmen aus Lanzarote, das sich clever seine Nische erkämpft hat und auch moderne Katamarane einsetzt. Aber es wird ungemütlich in der Nische. Nachdem der Pauschaltourismus die letzten Jahre explosionsartig die Kanaren heimgesucht hat, wird nun auch Fred. Olsen in dieser Nische tätig. Eine brandneue, kleine Katamaran Fähre für 250 Personen, die Buganvilla, operiert nun zwischen Fuerteventura und Lanzarote. Sie braucht 30 min. für die Passage, also doppelt so lang wie der Autofähren Koloss Bocayna Express. Katamarane liegen generell unruhiger in rauer See als Monohull und sind sie so klein wie die Buganvilla, dann schaukelt es ordentlich bei Seegang. Ein Testbericht kurz nach in Dienst Stellung s.u. Bis es auf dem Bocayna Express schaukelt, muss es schon sehr rau werden. Fred. Olsen ist von Beginn an sehr erfolgreich mit der Buganvilla. Wer weiss, dass Fred. Olsen und TUI mit seinen Tours & Activities Partner sind, verwundert das nicht. Die TUI Experiences-Plattform wurde in die bestehende Fred. Olsen Cruise Lines Kanäle und Touchpoints integriert. Eine Garantie, die kleine Fähre erfolgreich zu betreiben. Die angenehmen Zeiten dürften für Líneas Romero vorbei sein, wenn ein Unternehmen wie Fred. Olsen die Nische im Visier hat und sein Geschäft auf internationaler Ebene regelt. Bisher hat Líneas Romero alles richtig gemacht, aber nichts ist für ewig. Nischen, in denen gut verdient wird, ziehen Konkurrenz magisch an. Die meisten kanarischen Unternehmen sind all dem nicht gewachsen.

14.000 PS passieren die Isla de Lobos – Volcán de Tindaya (2003) von Naviera Armas.

► Die Volcán de Tindaya schippert gemütlich an der Isla de Lobos vorbei. Mehr als 17 Knoten läuft sie nicht. Mit ihren Bars und Aussendecks, ähnelt die Überfahrt zwischen Lanzarote und Fuerteventura eher einer gemütlichen, kleinen Kreuzfahrt. Für Touristen hat das durchaus seinen Reiz (s. dazu Artikel u.) für Logistiker nicht. Die nutzen lieber den Bocayna Express von Fred. Olsen Express, der 31 Knoten läuft. Zeit ist Geld.


Die Volcán de Tindaya war das erste Schiff, das für die Armas Flotte neu geordert wurde, mit dem das Programm der Flottenerneuerung eingeleitet wurde. Und das war ein kapitaler strategischer Fehler. Fred. Olsen wurde 2003 der schnelle und moderne Autofähren Katamaran Bocayna Express geliefert, Armas bekam einen Monohull Hobel, dessen Zeiten im kleinen Fährverkehr bereits vorbei waren. So daneben zu hauen, ist eine Leistung. Aber es kam noch schlimmer. Beobachter vermuteten, das Armas nun seine ganze Kraft aufwenden würde, seine Monohull Flotte gegen Katamarane zu tauschen. Was tat Armas, es erwarb lieber 2018 das katalanische Traditionsunternehmen Trasmediterránea, gegründet 1917. Seitdem firmiert man unter Naviera Armas Trasmediterránea, SA Las Palmas, GC und geriet postwendend in finanzielle Turbulenzen. 2022 versuchte das Unternehmen sich über Umschuldungen zu retten und beantragte Staatshilfe vom spanische Industrie-Rettungsfond. Der lehnte ab. Die Manöver waren ihm wohl nicht geheuer. Es macht auch kein gutes Bild, wenn Sachwerte in einer Subgesellschaft, der Naviera De Bentayga, SA, Las Palmas, GC, geleitet von Antonio Pablo Armas Mead, ausgelagert werden. Grundlos geschieht soetwas nicht. Allerdings leistet sich Antonio sehr sparsam nur eine Jeanneau 54. Gerettet wurde Armas mit einem 150 Mio. Euro Kredit, verzinst mit 4 - 6%, von der Deutschen Bank. Es wird gerätselt warum die DB das tat, nachvollziehbar ist es nicht. Jedenfalls haben sich da zwei gefunden. Die Deutsche Bank schaffte es immerhin, sich von einem international renommierten Bankhaus, aus eigener Kraft, zu einem Dauersorgenkind und Provinzinstitut zu marginalisieren.


Das temporäre Aussetzen von Linien wie Morro Jable - Las Palmas, GC und der wartungstechnische Zustand der Flotte, bis hin zum extrem unmotivierten Servicepersonal in bemitleidenswerten Uniformen, wirft kein gutes Bild auf den Zustand des Unternehmen. Naviera Armas wurde 1941 in Lanzarote von Antonio Armas Curbelo gegründet und war Platzhirsch im Gütertransport zwischen den kanarischen Inseln und Spanisch Sahara. Das war einfach, vor allem in Zeiten der Franco Diktatur, es gab keine wirkliche Konkurrenz. Die Familie mischt nach wie vor mit. Von aussen wirkt das Unternehmen überfordert, im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Gegen Fred. Olsen hat es nicht die geringste Chance. Schon eine Passage Fred. Olsen vs. Armas zeigt: Dort Professionalität und Freundlichkeit, bei der Komkurrenz der Schlendrian und Unhöflichkeit. Die Liste der Schifssunglücke, teils kuriose wie das Überfahren eines Lastkahns, die Armas aufbieten kann, spricht für sich. Fred. Olsen & Co, Fred. Olsen Express etc. werden übrigens von der norwegischen Bonheur und Ganger Rolf ASA Holding kontrolliert, die im Eigentum der Olsen Familie steht. Wer sich das Financial Statement der Holding lädt, sieht eine Unternehmensgruppe mit wachsendem operativen Ergebnis und stetig steigenden Cash Positionen, die aus der operativen Tätigkeit der Gruppe erwirtschaftet werden.

Immer wieder ein Erlebnis – die Volcán de Tindaya öffnet ihre Bugklappe.

► Das oben, das war die Realität und nun kommen die Emotionen. Ob eine Passage mit der Volcán de Tindaya oder alternativ mit einem Katamaran wie dem Bocayna Express etwas für einen Touristen ist, hängt ganz von seinen Präferenzen ab. Technik Freaks werden von einer Passage mit dem Bocayna Express, oder einem noch schnelleren, begeistert sein. Es ist Formula Uno auf dem Wasser. Wenn die Jetantriebe in Last gehen, 20 bis 50 tsd. PS zwei bis vier Jetstreams am Heck befeuern und ein Koloss, das im Bauch LKW und PKW geladen hat, auf 57 bis 72 Km/h beschleunigen, das ist ein Erlebnis. Man spürt es am ganzen Körper. 70 Km/h, das ist am Wasser wie 300 km/h im Rennwagen. Aber auch die Volcán de Tindaya hat etwas. Mit ihren Bars und Aussendecks, den Lounge Bereichen und mehr, ist die Passage wie eine kleine Kreuzfahrt. Draussen sitzen, am besten im späten Abendlicht und bei einem Cocktail an der Isla de Lobos vorbei gleiten. Am besten, man gönnt sich eine Tagesausflug auf die Nachbarinsel Lanzarote (s. dazu Artikel u.). Am Morgen mit der Katamaran Fähre hin, gut getimed bei Sonnenuntergang am Aussendeck retour. Ein kleines Abenteuer, das jeden Urlaub erlebnisreicher machen wird und preiswerter, als eine sinnlose Inselrundfahrt im Bus mit penetrantem, immer super lustigen Reiseleiter.


Wer keine Lust auf die Passage oder keine Zeit dafür hat, der sollte doch, wenn er abends im Hafen von Corralejo die Stimmung geniesst, einen Sundowner im la lonja geniesst, nicht verpassen, wenn die  Volcán de Tindaya einläuft und ganz nah am Landungssteg stehen. Die Fähre taucht auf, beginnt ihr Bugtor zu öffnen und sind Burg-, Heckleinen und die Springs belegt, strömen die Fahrzeuge aus dem Bauch des Schiffs. Immer wieder ein Erlebnis. Auch wenn die Volcán de Tindaya nicht mehr zeitgemäss ist, sie hat etwas sehr Sympathisches, wie das eben so ist, bei Oldtimern.

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