Wie hoch ist der Pico de la Zarza, der höchste Berg Fuerteventuras?

► 812m, 807m oder doch nur schwächliche 770m – on location Recherche am Pico de la Zarza. ►►

Höchste Berge – eine Sache des Prestige.

► Wie hoch ist der höchste Berg Fuerteventuras, der Pico de la Zarza? Es könnte angenommen werden, das liesse sich leicht herausfinden, denn höchste Berge sind immer etwas sehr prestigeträchtiges. Akribisch genau werden sie vermessen, wie beispielsweise der heilige Berg Fuerteventuras, der Tindaya. Der misst exakt 400,5m, darüber sind sich alle einig. Wie hoch allerdings der Pico de la Zarza tatsächlich ist, darüber herrscht kein Konsens und dies nicht nur unter Wandersleuten. Diverse Höhenangaben kursieren obwohl der Pico de la Zarza, wie das vom Instituto Geográfico Nacional de España für wichtige Erhebungen des Landes gemacht wird, markiert wurde. Gipfelkreuze werden nicht gesetzt, sondern ein schmucker Betonzylinder auf einem ebensolchen Podest, versehen mit der Metallplakette der Behörde. Dass diese dann genau vermessen werden kein Selbstzweck, denn sie dienen als Referenzpunkte, mittels derer ein Geometer leicht die exakten Höhen umliegender Gipfel bestimmen kann. Sind die Referenzpunkte fehlerhaft, stimmen die Höhen aller umliegenden, nicht markierten Gipfel, natürlich ebenso nicht.

Wie wird die Höhe eines Berges gemessen?


► Was ist die Höhe eines Berges? Auch eine skurril wirkende Frage. Einfach eben die Distanz von unten bis zum Gipfel in der Vertikalen. Nur was ist unten? Die Ebene, aus der sich der Berg erhebt? Keine zweckmässige Referenz, denn Höhen könnten nicht miteinander verglichen werden. Das würde handfeste Probleme in vielen Bereichen aufwerfen, im Flugverkehr beispielsweise. Die Lösung ist ein Norm Referenzpunkt, auf den sich alle beziehen, so wie das bei der Uhrzeit mit der UTC ausgedacht wurde. Sie wurde notwendig, als der Zeitzonen überschreitende Bahn Reiseverkehr entstand, erstmals mit dem Orientexpress, um allgemein gültige Fahrpläne aufstellen zu können. Mittag, also dann wenn die Sonne im Zenit steht, ist eben an jedem Punkt des Planeten zu einer anderen Zeit. 12:00 Uhr ist so relativ, wie eine Höhenmessung im Gelände.


Bei der Höhen- und auch Tiefenbestimmung, wurde als Referenz der Meeresspiegel definiert und zwar jener, der im Schnitt zwischen Ebbe und Flut herrscht. Auf Seekarten ist das als Abkürzung N.N. zu finden, was für Normalnull steht. In tückischen Gewässern muss der Skipper wissen, ob die Wassertiefe für seinen Tiefgang ausreichend ist. Aus den Karten kann er die Tiefe bei N.N. herauslesen und dann um die aktuelle Tide korrigieren. Dann ist ja alles ganz einfach, für Berge dann auch das Normalnull verwenden. Blöd nur, das Normalnull ist überall anders und verändert sich über die Jahrhunderte obendrein. Römische Teile Neapels liegen heute weit unter dem Meeresspiegel des Mittelmeeres, denn das Mare Nostrum der Römer, war deutlich flacher.


Dass sich das N.N. über die Zeitachse ändert, ist nicht das einzige Problem. Nicht jedes Seegebiet der Erde hat das idente N.N. So ist der Spiegel des Ostatlantiks rund zwei Meter höher als jener des Mittelmeeres. Dadurch entsteht die starke Meeresströmung in Gibraltar, denn durch die Meerenge schiesst das Wasser regelrecht ins Mittelmeer. Und damit das nicht überläuft, strömt es in einer Tiefenströmung wieder hinaus. Welches Normalnull ist nun das Richtige? Keines, es ist Definitionssache. Europäische Seekarten arbeiten mit dem SKN, dem Seekarten Null. Die österreichischen Alpen werden mit dem Adria N.N. vermessen und exakte topografischen Karten führen nach der Höhenangabe eines Berges, daher auch müA an, für Meter über Adria. Spanier beziehen sich meist auf das N.N. des Ostatlantiks.


Das ist noch nicht alles. Karten, die vornehmlich für die Satelliten Navigation eingesetzt werden, beziehen sich auf das  World Geodetic System (WGS), das letztmalig 1984 neu erstellt wurde, daher WGS 84. Das N.N. wird auf Basis eines Geoid festgelegt, ein Objekt, das den Erdkörper nachbildet, ein unförmiges Ellipsoid erzeugt durch die Rotation. Auf Basis des WGS 84 wird nicht nur ein Gitternetz über den Planeten gelegt, der Länge und Breite definiert, sondern werden auch sogenannte Hochpunkte festgelegt, Referenzpunkte für die Position im Raum. Da das Geoid mal besser mal schlechter passt, in den Alpen beispielsweise sehr schlecht, weichen dort die WGS 84 Höhenangaben stark von jenen der auf Basis des Adria N.N. ermittelten ab. Aus diesen Gründen wurde begonnen, GPS Systeme auch zusätzlich mit barometrischen Höhenmessern auszustatten. In Kombination mit den WGS 84 Daten, werden so verblüffend genaue Ergebnisse erzielt, bei hochwertigen Geräten metergenau.

Und wie hoch ist nun der Pico de la Zarza?

► Je nachdem, welches N.N. herangezogen wird, kann der Pico de la Zarza ganz verschiedene Höhen haben. Ihn auf Basis des Adria N.N. zu vermessen, würde aber wenig Sinn machen. Die Mapa Topográfico Nacional de España wäre in diesem Fall die amtliche Referenz, die in Papierform im klassischen 1 : 25.000 Format publiziert werden und eine Fundgrube für Wanderer und Trailrunner Fuerteventuras sind. Jeder noch so alte Steig oder Quelle finden sich in der Karte. Für den Pico de la Zarza wäre das Referenz Blatt das MTN25 1099-IV. Und dort ist klar zu lesen, die Höhe des Pico de la Zarza ist amtlich mit 812 m festgelegt. Auf amtlicher Basis ist damit die Höhe des Pico geklärt.


Auch die topografische Karte TOPO España v7 PRO von Garmin, die wie das Unternehmen angibt, in Zusammenarbeit mit dem Instituto Geográfico Nacional de España erstellt wurde, verzeichnet eine Höhe von 812m. Die immer sehr exakte OSM Canary Islands, in der auch deutlich mehr Pfadspuren als in der TOPO España v7 PRO zu finden sind, gibt sich bedeckt und legt für den Zarza keine Höhe fest. Die Höhenschichtlinien würden aber auf einen Wert von deutlich unter 800m schliessen lassen.

Das ist sicher: 730 Höhenmeter hinauf zum Pico de la Zarza.

► Da hilft nur selber nachmessen. Ausgestattet mit einer Suunto 9 Baro und einem Garmin Montana 700, beides sehr präzise Geräte, auf zur Höhenkontrolle auf den Pico de la Zarza. Zuerst aber an den Playa del Matorral in Morro Jable, um zu sehen, wie korrekt die Nullwerte sind. An der Wasserlinie des Strandes, ermitteln die Geräte eine Höhe von ein zwei Metern. Mit diesen vertrauenswürdigen Messwerten hinauf zum Pico de la Zarza und dort die grosse Enttäuschung: Selbst auf dem Betonsockel des Instituto Geográfico Nacional, wollen beide Geräte dem Pico de la Zarza nicht mehr als 770m geben. Vielleicht sollte das Instituto noch einmal nachmessen, über 800m hat der Pico garantiert nicht. Nur eines kann exakt gesagt werden: Vom Wasserbehälter am Lugar Vinamar, sind es 730 Höhenmeter, mit Gegenanstiegen, um auf den Pico de la Zarza zu gelangen. Ob der Wanderer oder Trailrunner auf 770m, 807m oder 812m steht, ist eigentlich egal. Er steht garantiert auf der höchsten Erhebung Fuerteventuras und der Ausblick ist phänomenal und dass ist das Wesentlich.

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