Die meisten Touristen kommen nach Ajuy, um die Cuevas de Ajuy zu besichtigen. Reiseführer machen die Höhlen als ehemalige Piratenhöhlen schmackhaft und eine Geschichte übertrifft bildreich die andere. Davon ist nichts wahr und Ajuy hat das überhaupt nicht notwendig, um es interessant zu gestalten. Seine Geschichte ist hauptsächlich eine Geschichte der Natur. 1833 standen in Ajuy nur drei Häuser die exakt neun Bewohner ein zu Hause gaben. Die Attraktion ist die Geologie, die wilde Küste, der einzigartige Barranco de Ajuy. Überhaupt ist die beste Art Ajuy zu entdecken, es von Vega de Río Palmas, vielleicht sogar Betancuria, zu erwandern. Dann ist der Wanderer am historischen Weg, den die normannischen Eroberer nahmen, als sie ins Landesinnere vordrangen, unterwegs. Passiert wird ein schönes Palmental, die Oase La Madre del Agua, das Felsentor Arco del Jurado, die Klippen von Ajuy, die Cuevas de Ajuy, Kalköfen, bis die schöne Bucht von Ajuy erreicht wird. Auf feinem schwarzem Lavasand, umringt von Klippen, den ältesten des kanarischen Archipels, kann ausgeruht werden. An den Klippen erhält der Interessierte einen fantastischen Einblick in die Entstehung der Insel. Die Wanderung durch den Barranco auf holprigen Weg geht besonders in der Sommerhitze in die Beine. Danach ist ein Sprung in die grosse Bucht von Ajuy genau das Richtige.
Der Ort Ajuy ist hübsch an einer Bucht angelegt. Einige Restaurants bieten frischen Fisch an, der von den Fischerbooten am Strand kommt und die ein idyllisches und buntes Fotomotiv abgeben. Für die traumhaften Sonnenuntergänge ist Ajuy wie auch El Cotillo bekannt. In der Bar "Puesta del Sol" kann er bei einem Sundowner genossen werden, oder auch ganz einsam auf einer der Klippen. Es muss auch nicht die Klippe an den Kalköfen sein, die üblicherweise von Touristen aufgesucht wird. Urlauber, die nach Süden Richtung Playa de Comisianes oder Playa de los Muertos aufbrechen, werden den Sonnenuntergang in Stille und eindringlicher Einsamkeit geniessen können. Je nach Jahreszeit kann es auf den Klippen recht windig werden. Eine Windjacke sollte im Gepäck sein.
Sehr stimmungsvoll wird es in Ajuy zur Johannisnacht, zur Noche de San Juan, wenn ein grosses Sonnwendfeuer am Strand entzündet wird. Danach gibt es Musik und Tanz bis in die frühen Morgenstunden. Feiern können die Canarios. Ajuy und seine Gegend ist viel zu schön und interessant, um nur schnell die Cuevas de Ajuy zu besichtigen. Die gesamte Gegend ist auch ein schönes Revier, um wandern zu gehen, die puristische Natur und Stille zu geniessen. Es lohnt sich, eine gute Karte zu nehmen und die Gegend zu erkunden.
Ajuy ist ein ursprüngliches Fischerdorf mit 91 Einwohnern (2018). Trotz Tourismusboom kann nicht gerade, wie anderen Ortes, von einer Bevölkerungsexplosion gesprochen werden. 1833 waren in 3 Häusern 9 Einwohner ansässig. Ein Plus von 82 Einwohnern in 185 Jahren. Das hält sich in Grenzen. Wie so viele Küstenorte wurde Ajuy erst nur als Hafen genutzt und hatte daher den Namen "Puerto de la Peña". Es fungierte als Hafen von Betancuria. Das erklärt auch seinen Namen. In die Bucht mündet der Barranco de Ajuy. Wird von diesem kurz hinter Ajuy über den Hügel mit dem Namen Sombrero in den nödlichen Barranco gewechselt, wird der Barranco de la Peña erreicht. Der führt nicht nur direkt zum Peña Horadada o Arco del Jurado sondern direkt hinauf nach Betancuria. Er wurde als Verbindung zum Hafen genutzt und diente auch den Eroberern, ins Inselinnere vorzudringen.
In den Naturhäfen oder der an Küste wollte aber Jahrhunderte, ausser Fischer temporär, niemand leben. Da gelegentlich nordafrikanische Seeräuber an der Küste Jagd auf weissen Sklaven machten, lebte es sich sicherer im Inselinneren. Überdies hatte der Fischfang erst zu späterer Zeit grössere Bedeutung, als die Konservenindustrie ihren Aufschwung erlebte und dann von der ersten Eismaschine in Gran Tarajal abgelöst wurde. Die Insulaner waren anfangs primär Landwirte, der Fischfang lief nebenbei mit, wenn Fischschwärme vorbeizogen. Als sich dauerhaft Bewohner im Ort ansiedelten, gab sich der Ort einen eigenen Namen. Aus "Puerto de la Peña" wurde "Ajuy". Das war so übliche auf Fuerteventura, aus "Puerto de El Roque" wurde beispielsweise "El Cotillo".
Nachdem der berüchtigte nordafrikanische Pirat Xabán Arráez 1593 brandschatzend durch den mittleren Westen Fuerteventuras zog, Valle de Santa Inés plünderte, dann Betancuria samt der Kathedrale Santa María und dem Kloster San Buenaventura niederbrannte und die Bewohner versklavte, gingen die meisten historischen Dokumente der Anfangszeit der Besiedelung Fuerteventuras verloren. Erst aus dem Jahr 1833 gibt es wieder eine seriöse Quelle, wie es denn in Ajuy zu dieser Zeit aussah und die überrascht. So beschreibt der spanische Kurzzeitfinanzminister und Anwalt Pascual Madoz Ibáñez (* 1806, Pamplona - † 1870, Genua), der sich später im Pariser Exil der Geografie widmete, in seinem "Diccionario geográfico universal" aus 1833, ein umfassendes Werk über die spanischen Überseebesitzungen, Ajuy als Ort mit lediglich drei Häusern und neun Bewohnern. Im fruchtbaren Tal wurden laut Ibáñez Getreide, Kartoffeln, Obst, selbst Baumwolle angebaut und Viehzucht betrieben. Gefischt wurde hauptsächlich aus kleinen Fischerbooten mit zwei, drei Mann Besatzung in der benachbarten Bucht Caleta Negra. Liess es das Wetter zu und zogen Fischschwärme wie der Thunfisch an Fuerteventura vorbei, fuhr man auch weiter auf das Meer hinaus. Die Boote wurden damals wie heute nach dem Fang auf den Strand gezogen. Heute hilft dabei eine Seilwinde, die am alten Zollhäuschen am Nordende des Strandes von Ajuy angebracht ist. Wer sich für historische Bilder der Fischer und ihrer Arbeit interessiert, wie sie ihre Boote an Land zogen oder klassisch mit dem grossen Haken, wie heute noch vorgeschrieben, den Thunfisch angelten, der findet in Fuerteventuras schönstem Souvenirgeschäft "trecepeces" eine kleine Ausstellung.
Die oft in Reiseführern beschriebenen "blutigen Piratenüberfälle" auf Ajuy, sind reine Erfindung. Auch die Behauptung, dass der Playa de Ajuy aus diesem Grund den Beinamen "Playa de los Muertos", Strand der Toten, trägt, ist nicht richtig. In den Cuevas de Ajuy lagerten Piraten nie wie gedichtet Beute. Das ist wohl die unsinnigste Erfindung um Ajuy. Ajuy bzw. Puerto de la Peña war zur Zeit der nordafrikanischen Piraten schlichtweg nicht besiedelt. Und auch der Conquistador Gadafir de La Salle ging nördlich am Arco del Jurado an Land. Selbst renommierte Reiseführer von Fuerteventura strotzen nur so von theatralischer Dichtung. Quellenangaben werden vergebens gesucht. Den "Playa de los Muertos" gibt es zwar tatsächlich, nur liegt der völlig unzugänglich zwei Buchten weiter Richtung Süden. In ihn abzusteigen, keine leichte Sache. Zur Anlandung ist er daher ungeeignet. Warum er den Namen trägt, ist nicht überliefert.
Belebter wurde es in Ajuy erst im 19. und 20. Jhd, als in Fuerteventura die Kalkproduktion blühte. Jeder der konnte brannte Kalk, denn es war ein gutes Exportgeschäft. Vor allem die britische Schwerindustrie war hungrig nach Kalk und so wurde der Grossteil des Kalkbrandes ins Empire verschifft. Auch Puerto del Rosario entstand zu dieser Zeit und hatte selbst eine britische Botschaft. Heute kaum zu glauben, besitzt Fuerteventura doch trotz des Tourismus keine einzige Botschaft noch Konsulat. Dass der Exportzoll auch korrekt abgeführt wurde, darüber wachte ein Zöllner im alten Zollhaus am Playa de Ajuy, das erhalten ist und das die lokalen Fischer heute als Lager nutzen. Verschifft wurde von der "Mole" an den Cuevas de Ajuy. Eigentlich keine Mole, denn die Schiffe legten nicht an sondern ankerten davor. Die Bucht von Ajuy, viel zu flach für Handelsschiffe, war ungeeignet. Im tiefen Wasser der Caleta Negra konnte gut eingelaufen werden. Die steilen Klippen boten Windschutz. Trotzdem war es meist ein atemberaubendes Unterfangen, wie man heute bei entsprechendem Seegang verstehen wird. Der Kalk wurde per Seilwinde zum Schiff hinüber transportiert. Vorher wurde britische Steinkohle entladen, mit der die Kalköfen befeuert wurden. Das der Kalk in den Cuevas de Ajuy gelagert wurde, ist eine der vielen Anekdoten der Insel. In dem feuchten Ambiente Branntkalk zu lagern wäre mehr als widersinnig*) und nachdem es auf Fuerteventura so gut wie nie regnet unnötiger Aufwand.
Der Kalkbrand ist auf Grund der besonderen geologischen Gegebenheiten in Ajuy besonders ergiebig. Geologisch gesehen ist Ajuy eine der interessantesten Ecken des kanarischen Archipels. Der Atlantik schlug über die Jahrtausende mit der Bucht von Ajuy ein Schaufenster in die Vergangenheit, wie es weltweit kaum zu sehen ist. Es zeigt, in welchen Schritten Fuerteventura und die Kanaren über Jahrmillionen entstanden. Der untere Bereich der Klippe ist ein Basaltkomplex, rund 100 mio Jahre alt und somit aus der Kreide und Jura Zeit. Der Basalt, als Lava aus Unterwasser Eruptionen, ist von Sedimenten durchzogen, ehemaliger Meeresboden. Vor der Klippe steht der Besucher am ältesten geologischen Teil Fuerteventuras, eventuelle der gesamten Kanaren und blickt in die Vergangenheit, wie nur an ganz wenigen Orten der Welt in der Form möglich. Darüber türmen sich mehrer Schichten auf. Erst ein Lavastrom vom Vulkan "Morro Valdés" bei Betancuria, dann für Geologen mit 5 mio. Jahren Alter aus der Neuzeit stammend wieder Meeresboden aus Muschelkalk und Sand und als letzte Schicht wieder eine Zone aus Muschel- und Schneckenkalk, Algenfossilien aus einer warmen Klimaperiode abgeschlossen von Sanddünen. Genau dieser Bereich eignet sich hervorragend um daraus Kalk zu brennen. Wer die nördliche Klippe von Ajuy aus der Luft betrachtet sieht, wie die gesamte Küstenlinie nach und nach abgetragen wurde und direkt in den Kalköfen, die in die Klippen gebaut waren, zu Kalk gebrannt wurde. Dieses "geologische Schichtmodell" zeigt interessant, wie Fuerteventura nach und nach durch Hebungen und Lava entstand und bis in die jüngste Zeit unter Wasser lag. Daher sind auch die Berge der Insel runde Hügel, Jahrtausende vom Meer Unterwasser rund geschliffen. Fuerteventura ist also keine Vulkaninsel, wie das gemeinhin geglaubt wird, mehr ein Hybridkonstrukt aus Hebungen der atlantischen Platte und Magma, welches dabei aus den entstandenen Rissen und Hotspots austrat. Es gehört auch keineswegs zum Kontinent Afrika sondern ist Teil Macaronesiens, Teil der atlantischen Platte, ist auch nicht ein Rest des versunkenen Atlantis, von dem die Griechen dichteten.
*) Branntkalk (CaO) ist sehr hygroskopisch und reagiert sofort unter Wärmeentwicklung mit Wasser zu Ca(OH)2. Er muss in trockenem Ambiente gelagert werden.
Ajuy ist ein netter Fischerort. Erträglich touristisch, denn die meisten Besucher schauen nur einen kurzen Sprung vorbei. Dabei liegt es sich gar nicht so schlecht am schwarzen Lavasand. Vor allem in der kälteren Jahreszeit ist der Sand schön warm, der Strand windgeschützt. Die grosse und ruhige Bucht lädt zum Baden ein. Sportler, die ihr SUP oder Seekajak dabei haben, können in die Bucht Caleta Negra hinüber paddeln. Einen der schönsten Tauchspots von Fuerteventura hält Ajuy auch bereit. Naturschönheiten wie La Madre del Agua, herrliche Sonnenuntergänge oder den Arco del Jurado lassen sich um Ajuy entdecken. Wandern lässt sich in der Gegend auch hervorragend. Die Klippen bieten einen hoch interessanten Blick in die geologische Geschichte Fuerteventuras und wer sich entlang der Küste Richtung Süden aufmacht, wird eine einsame und wilde Klippenlandschaft finden. Am Strand von Ajuy können frischer Fisch oder ein paar Tapas gegessen werden. Eine Sunset Bar gibt es auch.
Siehe "Playa de Ajuy"
Siehe "Playa de Ajuy"
Einsame Palmenoase – Madre del Agua.
La Madre del Agua, die Mutter des Wassers, ist eine Palmenoase, die in einer Flussbiegung des Barranco de Ajuy unerwartet auftaucht. Meist entdecken sie nur Wanderer. Touristen rauschen mit ihren Mietwägen Richtung Ajuy an ihr vorbei, ohne sie zu bemerken. Die Oase ist ein Ort der Ruhe, eine herrliche Fotokulisse und in der Sommerhitze kühler Ort, an dem das Wasser plätschert.
La Madre del Agua wurde seit hunderten Jahren zur Bewässerung der Felder der Gegend genutzt. Wer einwenig die Bergflanke entlang steigt, findet alte Wasserbecken und Kanäle Richtung Osten, die an einer Finca enden. Angeblich war das gesamte Tal zu Zeiten der normannischen Eroberer dicht mit Palmen bewachsen. Verlässliche Quellen dafür gibt es keine, kann sein aber auch nicht. Dass jedoch Fuerteventura einmal von dichten Hainen kanarischer Palmen und Kiefer bewachsen war, wie seine Nachbarinseln und abgeholzt wurde, stimmt nicht. Die Berghänge Fuerteventuras sind nicht hoch genug, um genug Passat Wolken einzufangen.
Das "trecepeces", die 13 Fische, ist vielleicht das schönste Souvenirgeschäft auf Fuerteventura. Kanarische Produkte, nette Kleinigkeiten, die gerne mit nach Hause genommen werden, bietet der kleine Shop an. Als Andenken, als Geschenk, Aufmerksamkeiten die nicht nur hübsch sind sondern auch Sinn machen. Touristen, die in Ajuy sind, sollte das "trecepeces" nicht auslassen. Diie kleine Ausstellung historischer Bilder des Ortes ist auch sehr lohnend anzusehen. Danach kann noch vor dem Geschäft ein Café getrunken werden.