Corralejo – touristischer Hot Spot mit idyllischen Ecken.

Was gibt es zu sehen und entdecken?

Neuankömmlinge, die mit dem Mietwagen direkt vom Flughafen kommend, in die Shopping Meile von Corralejo, die Avenida Nuestra Señora del Carmen, einbiegen, könnten einen leichten Schock bekommen, so sie nicht der Dauer biertrinkende Typ mit Hängebauch sind, der diesen auch gerne mit blossem Oberkörper mitten in einer Stadt, rot angebrannt von der Sonne und ohne T-Shirt, zur Schau stellt. Vor allem in Spanien, wo es noch heute für Männer als unpässlich gilt, mit kurzer Hose in der Stadt herumzulaufen, ein besonderer Affront. Nein, man ist nicht in Brighton, Grafschaft East Sussex, in einer billigen Pub Strasse in Strandnähe gelandet, obwohl an jedem zweiten Haus "Full English Breakfast" angeboten wird. Als finale Warnung wird auch gerne "Only English products used!" hinzugefügt. Damit sollte bei jedem kultivierten Menschen nun endgültig der Appetit verdorben worden sein.

Doch Entwarnung: Die Avenida Nuestra Señora del Carmen konzentriert dieses Klientel, welches sich auch den gesamten Urlaub nie weiter als zwischen angrenzendem Ressort und der Señora del Carmen bewegt. Wer also diesen Teil von Corralejo meidet, wird nicht weiter belästigt werden. Selbst am Strand taucht dieser Typus nur gelegentlich auf. Viel bequemer und preiswerter all-in kann sich dieses Klientel den Tag am Hotelpool solide vernebeln. Das Zimmer und das Abendbuffet ist dann auch nicht weit.

Die Avenida Nuestra Señora del Carmen bis zum Ende an die alte Mole durchquert, dort endet sie am schönen Stadtstrand und weiter Richtung El Charco de Bristol oder Fährhafen gehend, eröffnet sich eine andere Welt. Schlagartig wird es ruhig. Dort wohnen die Einheimischen. Kleine nette Bars, das eine oder andere Restaurant, das besucht werden könnte, die Cofradía am Hafen lädt zum Fischessen, die Lebensmittelläden haben plötzlich das halbe Preisniveau, Geschäfte wie in einer Kleinstadt, Schulbedarf oder Haushaltswaren und alle machen traditionell zur Siesta dicht: Von 13:30 bis 17:00 Uhr "esta cerrado". Die siesta ist Kulturgut, so legte es das spanische Parlament jedenfalls fest. In spanischen Breiten eine blendende Idee.

In dieser Ecke Corralejos könnte das Gefühl aufkommen, es wäre der Zutritt Touristen untersagt. Sie sind wie vom Erdboden verschluckt. So abstossend die Avenida Nuestra Señora del Carmen an manchen Ecken auch sein kann, wer durch Corralejo streift, durch die alten Häuser des Corralejo viejo, den Paseo in der Nähe des Fährhafens oder anderen Ecken, wird ein ganz anderes Corralejo finden. Eine nette ruhige Kleinstadt, an jeder Ecke eine einfache Bar, ein paar schattige Ecken mit Bank, echtes spanisches Leben. Der Gast beginnt Corralejo etwas abzugewinnen. So schlimm ist es doch nicht. In der Tat, es ist gar nicht so übel in Corralejo. Nein, wird die Touristenmeile ausgeklammert, liesse sich auch hier gut leben.

Links und rechts des Ortes liegen kilometerlange Strände entlang türkisfarbenem Wasser. Egal wieviele Menschen gerade über Corralejo herfallen, die Strände sind so lang, dass nach kurzem Spaziergang die Einsamkeit am Strand grüsst. Nach Süden erstreckt sich das grosse Sanddünen Feld El Jable, mit den endlosen, feinsandingen Stränden. Dort sind hauptsächlich die Sonnenanbeter zu Hause, die im türkisfarbenem Wasser, das ideal zum Baden ist, Abkühlung suchen. Nach Norden, auf der Küstenpiste, die nach El Cotillo hinüber führt, sind die Sportler unterwegs. Da sind die Spots für die Wellenreiter, Bodyboarder, Kitesurfer, Windsurfer und SUPer. Ein Spot reiht sich an den anderen. Es wird nach können und aktueller Wind- und Wellensituation gewählt.

Vor Corralejo am Meer liegt die hübsche kleine Insel Isla de Lobos und etwas weiter nach Norden blitzen die weissen Strände des Playa Blanca von Lanzarote hinüber. Ein schöner Tagesausflug, ist man doch in 20 Minuten mit der Fähre "drüben". Hinter Corralejo baut sich eine Vulkankette, die aus fünf Hauptkratern besteht, Richtung Lajares auf. Sie alle zusammen schufen vor 50 tsd. Jahren den Nordteil von Fuerteventura, ganze 110 Km². Die Lava des Corralejo am nächsten liegende Vulkans, dem Bayuyo (272 m), ist die Isla de Lobos zu verdanken. Als die letzte Eizeit vor 5, 6 tsd. Jahren endete und der Meeresspiegel radikal stieg, wurde die Landzunge zur Isla de Lobos überschwemmt. Bis dahin wurde die Isla de Lobos trockenen Fusses erreicht. Heute wird das überschwemmte Gebiet, durch das nun gemächlich der Kanarenstrom fliesst, "El Río", der Fluss genannt. Bei Normal Null ist er nur maximal 5 Meter tief, bei Ebbe fällt der Spiegel unter 4 Meter, weshalb auch keine grösseren Schiffe passieren. Für jene, die einen schönen Sonnenuntergang erleben wollen, ist Corralejo eine schlechte Ecke, denn dort geht die Sonne über dem Meer auf, wenn der Erholungssuchende noch im Bett liegt. Wanderer, die auf den Vulkan Bayuyo unschwierig über eine Pfadspur aufsteigen, sehen zur Westküste hinüber und können dort oben einen ganz einzigartigen Sonnenuntergang erleben. Überhaupt ist es schön die gesamte Vulkankette bis Lajares zu durchwandern.

Wird die Calle Nuestra Señora del Carmen ausgeblendet und was einem dort so alles zwangsläufig vor die Sonnenbrille gesetzt wird, ist Corralejo durchaus ein kleines, hübsches Städtchen, das viel zu bieten hat. Ein schöner Paseo zieht sich entlang der Stadt und Strände, erstklassige Sportveranstaltungen für die sehr ambitionierten Hobbysportler, Musikfestival, Surffilm Festival, gute Einkaufsmöglichkeiten, medizinische Versorgung im Centro de la Salud oder in der Privatklinik Brisamar, deutscher Zahnarzt, deutsche Allgemeinmedizinerin, Ausflugsmöglichkeiten, herrliche Strände, der Fährhafen für Ausflüge nach Lanzarote oder die Isla de Lobos, Tauchstationen, Surfstationen, zwei erstklassige Fitnesscenter, der Acua Waterpark für Kids, Verleih hochwertiger Rennräder und Mountainbikes, Triathlon Shop, die grossen Mietwagen Unternehmen sind vertreten, auch schöne Hotels, die sich von der billig all-in Schiene abheben, ein Co-Working Hub, eine schöne Fiesta, gute Gastronomie, wenn man weiss wo und dass zu fairen Preisen und eine erstklassige Busanbindung, mit der so ziemlich alles, ganz ohne Mietwagen, zu erreichen ist, das ist auch oder besonders Corralejo. Der Ort ist tatsächlich eine schöne Ecke, um seinen Urlaub zu verbringen. Einfach das "Epizentrum" meiden, höchstens es steht die Laune danach, denn auch das ist erlaubt, dann ist Corralejo ein schöner Urlaubsort für viel Erholung, herrliche Strände, tollem sportlichen Angebot und wer das mag, interessante Ausflugsmöglichkeiten in der Gruppe sowie kulturelle Veranstaltungen.

Geschichte – Kultur – Wirtschaft.

Vor allem im Süden von Corralejo, in der Nähe der Dunas El Jable, wurden immer wieder Artefakte und klassische Rundbauten der Majoreros gefunden. Ein Grossteil davon fiel den unzähligen Bauvorhaben zum Opfer. Jene, die aber aufmerksam durch das Malpais streifen, werden noch die einen oder anderen Relikte finden.

Unter der Conquista ist dokumentiert, dass Corralejo schon recht bald zu einem beliebten Hafen wurde. Gut und sicher liess sich die Küste durch den "El Río", die vor fünf, sechs tausend Jahren überflutete Landbrücke zwischen Fuerteventura und der Isla de Lobos, ansteuern. Es herrschte auch von Anfang an reger Austausch zwischen dem Brückenkopf der Normannnen auf Lanzarote, dem Fort Rubicon und der Befestigung auf Fuerteventura, dem heutigen El Roque. So pendelten schon bald Schiffe zwischen Playa Blanca Lanzarote und Corralejo. Bereits ab dem 15. Jhd. sind auch die ersten Schiffe dokumentiert, die Warenlieferungen von weiter her anlandeten. So lieferten die Portugiesen von ihrer "Holzinsel" Madeira, Baumaterial nach Fuerteventura und landeten u.a. in Corralejo an. Corralejo wurde daher auch als Holzhafen bezeichnet.

Gewohnt wurde im Hafen aber nicht, wie so oft auf Fuerteventura. Weder war der Hafen Puerto del Cruz bei Puertito de Los Molinos bewohnt, noch der Hafen Puerto del Cabras, das heutige Puerto del Rosario. Auch die heutige Hauptstadt, wurde erst sehr spät besiedelt, obwohl sie schon seit Jahrhunderten als Hafen diente. Corralejo war kein guter Platz für Siedler. Das umliegende Land völlig versalzt und für die Landwirtschaft ungeeignet, ja noch nicht einmal Ziegen fanden in dem Gelände ihr Auslagen. Mangels umliegender Berge, die die Passatwolken einfangen, gab es auch keine Quellen, keinen Tropfen Wasser. Für die Schönheit der Strände interessierte sich zu jener Zeit niemand, denn zum Sonnen und Baden war keine Zeit. Trotzdem wurde die Gegend um Corralejo und auch gegenüberliegen die Isla de Lobos intensiv genutzt. An der salzigen Küste konnte zwar nichts angebaut werden, dafür wuchsen die Salzkraut Pflanzen wunderbar. Sie waren wertvoller Rohstoff für die Kali, Soda und Potasche Gewinnung. Die Färberpflanze Orchillea lieferte das begehrte Karmin. Mit all dem war viel Geld zu machen. Als dann die Konservendose und der Prozess der Konservierung erfunden wurde, erlangte der Fischreichtum im "El Río" grosse Bedeutung. Der Fischfang an der Küste erfuhr eine Blüte. Auf der Isla de Lobos wurde in späteren Jahren für die Fischkonservierung eine Saline mit kleiner Konservenfabrik angelegt.

Beginnend mit dem 18. Jhd., kamen Anfang des 19. Jhd. die Boomjahre auf Fuerteventura. Die Bevölkerung wuchs, eine Kirche nach der anderen wurde gebaut, Windmühlen und da die Häfen immer lebendiger und täglich angesteuert wurden, begannen sich die ersten Insulaner an ihnen niederzulassen. Erst entwickelte sich Puerto de Cabras, rund fünfzig Jahre später wurde begonnen, die Bucht von Corralejo zu besiedeln. Im Jahr 1873 wurden in Corralejo die ersten Häuser errichtet. Kaum zwanzig wurden es, die heute noch recht unscheinbar und von Touristen unbeachtet, mitten im Ort Corralejo, neben der Einkaufsmeile Calle Nuestra Señora del Carmen, am Strand Playa de Corralejo viejo, liegen. Durch die lauschige Häusergasse, einem Zeitsprung gleich, zu schlendern, lohnt. Am besten Barfuss, denn die Gasse ist immer noch Sandboden. Ruhe, kein Mensch, der Bougainvillea blüht das ganze Jahr, Palmen und dass ganze 200 Meter neben der quirligen Einkaufsstrasse, an der Keiler Touristen in die Lokale ziehen wollen. Um die 50 Einwohner bewohnten Corralejo um 1880, doch wenig war das für Fuerteventura nicht. Puerto de Cabras zählte zu jener Zeit auch nur rund 500 Einwohner. Die Gesamtbevölkerung von Fuerteventura erreichte keine 7 tsd. Nach den beiden Hungersnöten Ende des 17. Jhd. waren es sogar nur noch 2.400. Als im Jahr 1937 Sebastián Jiménez Sánchez, Beamter der Junta de Obras Públicas de Las Palmas de Gran Canaria, die Insel inspizierte, schätzte er die Einwohnerzahl von Corralejo auf rund 250. Wie er darauf kam, verrät er nicht (Jiménez Sánchez, Sebastián: Viaje histórico-anecdótico por las islas de Lanzarote y Fuerteventura. Diciembre de 1937).

Beschaulich ging es die folgenden Jahrzehnte weiter. Bei den paar Häusern blieb es dann auch lange Zeit. Viel wurde nicht gebaut. 1920 wurde am heutigen Platz der Ortskirche eine kleine Kapelle errichtet, die in den 1980iger abgerissen und durch die heutige Kirche Nuestra Señora del Carmen ersetzt wurde. Carmen ist die Schutzheilige des Dorfes, vor allem der Fischer. Am Tag der Schutzpatronin, am 16. Juli, steht ganz Corralejo Kopf. Die Strassen sind mit Fahnen geschmückt. Bis auf die Touristenbars und Geschäfte, hat absolut alles geschlossen. Die Schutzpatronin wird von der Kirche zum Playa de la Clavellina getragen und dort auf einem Fischerboot samt Pfarrer, eskortiert von einer ganzen Armada von Schiffen, auf den "El Río" hinaus gefahren, um ihren Schutz, vor allem auf See, zu erbitten. Am Abend findet die "gran verbena", der grosse Tanz oder das grosse Fest, statt. Bühne und Festzelt befinden sich am grossen Parkplatz vor dem Sportstadion am Fährhafen. Es wird gefeiert, bis um Punkt 4 Uhr die Musik gekappt wird. Touristen, die im Juli auf Fuerteventura sind, sollte dieses stimmungsvolle und ausgelassene Treiben, das schon vormittags beginnt, nicht verpassen. Die Madonnen Statue zu tragen oder auf seinem Boot zu haben, ist die höchste Ehre und wird jedes Jahr wechselnd wahr genommen. Jung wie alt sind voll bei der Sache, denn egal wie auch der Kirchgang der jungen Generation ausfällt oder auch nicht, Fuerteventur ist immer noch streng gläubig.

Generell ist Corralejo ein sehr aktives kleines Städtchen. Neben dem Mountainbike, eines der Lieblingssportgeräte der Insulaner, die sich jährlich in einem zwei Tage Rennen, dem "FudeNaS" – Fuerteventura de Norte a Sur – einmal über die gesamte Insel ein Rennen liefern, ist auch der Schwimmsport im offenen Wasser sehr populär. Zwei wichtige Ereignisse finden jedes Jahr statt. Das eine ist die "Travesía a nado Isla de Lobos", die in mehreren Klassen ausgetragen wird. In der Königsklasse gilt es zwischen den Inseln auf einem Dreieckskurs hin und zurück zu schwimmen. Wer es noch härter mag, der kann durch die Seestrasse "Bocaina", so heisst der Wasserweg zwischen Lanzarote und Fuerteventura, schwimmen. Gestartet wird bei der "Travesía de la Bocaina" am Morgen am Playa Blanca Lanzarote. Die besten Schwimmer erreichen den Playa de la Clavellina in Corralejo gegen Mittag. Die Zeit variiert jedes Jahr abhängig von der Wellenhöhe, die im Bocaina vom Nordost Passat aufgetrieben sehr hoch werden kann. Wer sich schon einmal bei entsprechenden Wellengang am Bocaina befunden hat, auch nur auf einer Fähre, kann abschätzen, was für eine Klasse Schwimmer hier unterwegs ist und wird von der Leistung beeindruckt sein!

Der Tourismus Boom setzte in Corralejo, wie auch in Morro Jable, in den 1970igern schlagartig ein. War zu diesem Zeitpunkt Corralejo noch eine Ansammlung einfacher Häuser samt dem ersten Hotel "Hotel Corralejo", dem heutigen Avanti Boutique Hotel, einer sandigen Hauptstrasse, der heutigen Shopping Meile, die an der alten Mole endete, da dies der einzige Hafen war, ging es plötzlich rasant aufwärts. Ein Bauboom entstand und Corralejo wurde in atemberaubendem Tempo aus dem Boden gestampft. Viele Bausünden und anderes zeugen davon. Im Verhältnis zur Costa Blanca an der spanischen Mittelmeerküste, hat es aber Corralejo noch richtig gut getroffen, denn Hotelburgen blieben dem Ort erspart. Da Baugrund reichlich vorhanden und richtig billig war, wurde in die Breite gebaut. Der neue Flughafen in El Matorral gewann zunehmend direkte Flugverbindungen nach kontinental Europa, später auch nach Grossbritannien. Eroberten Deutsche den völlig unerschlossenen und einsamen Süden für sich, war der Norden die Domain der Briten, denn sie hatten durch die vielen britischen Händler um Puerto del Rosario hier ihren Fuss in der Türe. Bis heute hat sich an diesem Szenario nichts geändert. Schlagen Wirte in Corralejo "Full English Breakfast" an die Tür, findet man in Morro Jable oder Costa Calma den "Sonntagsfrühschoppen" angeschlagen. Nach wie vor machen Deutsche und Briten so gut wie den gesamten Tourismus aus und das zu fast gleichen Teilen. Nur im August fallen Kanarios ein, denn Fuerteventura hat bei ihnen den Beinamen "Der Strand der Kanaren". Wenn es überall zu heiss zum Arbeiten wird, verabschiedet sich wer immer kann zur "Sommerfrische" nach Fuerteventura. Die Fähren quellen vor Wohnmobilen über und es wird die ansonsten doch noch immer recht ruhige Insel kaum wieder erkannt. Wer es sich aussuchen kann, sollte den August auf der Insel meiden. Schlagartig mit dem 1. September ist wie von Geisterhand alles vorbei.

Los Molinos de Viento – die Windmühlen von Corralejo.

In der Nähe der El Charco de Bristol, finden sich drei historische Windmühlen, die einst auf freiem Feld standen. Heute ist die Gegend zugebaut und die alten Mühlen wirken wie eine Dekoration für Touristen. Doch sie sind echt und waren bis in die 1970iger Jahre in Betrieb. Es lohnt, sie im Zuge eines kleinen Spaziergangs zu besichtigen. Ihre interessante Geschichte findet sich hier.