Tetir – einst wichtigster Handelsplatz, heute verrücktester Karneval Fuerteventuras.

Was gibt es zu sehen und entdecken?

Tetir (275 m) liegt landschaftlich besonders schön, von Bergen umrahmt, in einem grossen Tal, dem Vega de Tetir am Barranco de Piedra Sal. Der Wasserlauf entspringt im Westen am Montaña de Piedra Sal (465 m). Nach Süden, direkt hinter Tetir, ragt der Montaña San Andrés (456 m) auf. An seiner Flanke ist aus Steinen ein monumentales Kreuz gelegt, das Cruz de San Andrés. San Andrés, der Schutzheilige der Bauern und Garant für Regen, denn in Tetir und Umgebung dreht sich alles seit eh und je um Landwirtschaft. Westlich neben dem Montaña de Andrés liegt der etwas niedrigere Montaña de Tamateje (513 m). Zwischen den beiden Bergen führt eine Piste über den kleinen Pass nach Süden hinüber in das sehr fruchtbare und schöne Tal Valle de Tetir. Nach Norden wird das Tal, gegenüber von Tetir, vom Cerro de Temejereque (513 m) begrenzt. Nach Osten läuft das Tal eben aus und bei Los Estancos fällt es nach Puerto del Rosario ab.

Tetir wurde und wird von Landwirtschaft dominiert, war aber auch ein aktiver Handelsplatz. Zeitweise war es der wichtigste Handelsplatz der gesamten Insel. Dem entsprang auch der relative Wohlstand, der in Tetir herrschte. Besonders zu sehen an der für Fuerteventura monumentalen Kirche Iglesia Santo Domingo de Guzmán und den vielen schönen Herrenhäusern im spanischen Kolonialstil. Viele von ihnen sind schön renoviert und dienen Unternehmern aus Puerto del Rosario als Wohnhäuser. Touristen lassen sich in Tetir nur an der Kirche blicken, die meist nach Reiseführer im Schnelldurchgang abgehakt wird. Daher ist es im Städtchen sehr ruhig und als Residente lässt sich im sehr ordentlichen und aufgeräumten Tetir gut leben. Viel gibt es nicht, aber eine Bäckerei für den schnellen Morgen Café zur Arbeit oder für frisches Brot gibt es, einen Tante-Emma-Laden, einwenig Gastronomie. Puerto del Rosario ist mit dem Auto in nur 10 Minuten erreicht. Also auch der Weg zur Arbeit ist schnell geschafft.

Reisende, die von La Matilla über die FV-10 nach Tetir kommen, denen präsentiert sich der Ort von oben. Dabei fällt der Blick sofort auf den vor dem Ort liegenden monumentalen Rundbau mit eigenartigem Dach. Der Architekt hatte keine glückliche Hand. Nein, das ist keine Grossstadt Kläranlage, es ist eine besonders grosse Ringkampfarena für den "Lucha Canaria". Ausnahmslos jede Gemeinde hat eine Wettkampfarena, denn der "lucha" ist Volkssport auf den Kanaren. Es ist eine spezielle Art zu Ringen. Die Stars der Szene werden auf den Kanaren wie Fussballstars gefeiert, bekommen Werbeverträge, verdienen ansehnlich. Einen Lucha Canaria sollte jeder Fuerteventurabesucher erlebt habe. In der Regel kommt der ganze Ort zusammen, es wird gegessen und getrunken, Oma und Opa sind auch dabei, Rollatoren, spanisch "tacataca", neben Kinderwägen. Gelang ein Wurf besonders gut, geht der Kämpfer durch die Reihen und fängt kunstfertig jede Münze die im zugeworfen wird, die dann in der Vereinskasse landet.

Ein Natur Idyll ist das Valle de Tetir, das südlich hinter dem Montaña de Andrés liegt. Über den kleinen Pass westlich von ihm führt eine Piste, über die mit dem Auto hinüber gefahren werden kann. Vom Pass aus lässt sich auch der Montaña de Andrés in der Direttissima in kaum 10 Minuten besteigen, von dem ein traumhafter Ausblick über Tetir und beide Täler genossen werden kann. Von oben ist auch die Ermita de San Andrés zu sehen.

Der Ort Tetir auf Fuerteventura.

Geschichte – Kultur – Wirtschaft.

Tetir ging aus einzelnen Weilern hervor. Und da die ganze Gegend von La Matilla, Vallebrón und Tetir so fruchtbar und wasserreich ist, entwickelte sich recht schnell eine kleine Stadt und ein Handelsplatz. 1812 wurde aus ihr eine einflussreiche und grosse Gemeinde. Zur Demonstration des Wohlstandes entstand auch die Iglesia Santo Domingo de Guzmán. Puerto del Rosario, das damalige Puerto de Cabras, gehörte zur Gemeinde Tetir und wurde durch den boomenden Hafen, der vor allem von britischen Händlern entwickelt wurde, zur massiven Konkurrenz für Tetir. So sagte sich Puerto de Cabras Anfang 1835 von Tetir los, Puerto de Cabras wurde bald darauf 1860 sogar Hauptstadt von Fuerteventura und als ob das nicht schon Demütigung genug gewesen wäre, ging die Gemeinde Tetir 1925 in der Gemeinde Puerto de Cabras auf.

Besonders stolz ist der Ort auf Juan Rodriguez y González (* 1825, Tetir - † 1893, Las Palmas de Gran Canaria), Mitbegründer der Banco de Canarias. Eine Büste gegenüber der Kirche erinnert an ihn. Geboren in Tetir, wanderte seine Familie nach Puerto Rico aus. Er und seine Brüder gründeten dort ein kanarisch-amerikanisches Handelsunternehmen, das überaus erfolgreich wurde. 1853 kehrte er nach Las Palmas de Gran Canaria auf die Kanaren zurück, um dort als Import-Export Unternehmer, Grosshändler, Versicherungsagent und Kreditgeber noch erfolgreicher zu werden. Las Palmas boomte zu jener Zeit. Spanien unterhielt ab 1860 neue Kolonien im heutigen Marokko (Sidi Ifni das Tor zur Sahara). Alles hatte 1870 ein abruptes Ende. Schuld war der kometenhafte Aufstieg der deutschen chemischen Industrie. Sie konnte plötzlich all das, von dem die Kanaren so richtig gut lebten, synthetisch herstellen, in jeder gewünschten Menge und zu infernalen Preisen. Die Erfindungen der genialen Chemiker Justus von Liebig, Adolf von Baeyer et.al., revolutionierten die Welt und stürzten die Kanaren in eine schwere Depression.

Alles, von dem man gut gelebt hatte, war plötzlich wertlos. Die Pflanzen, aus denen lukrativ Soda, Kali, Potasche, rote, blaue, grüne Farbe und anderes gewonnen wurde, waren nur noch Unkraut. Juan Rodriguez y González war ein Mann der Taten, jammerte nicht und sah, die kanarische Wirtschaft müsse grundlegend erneuert werden und dazu brauche es viel Geld in Form von Krediten. Ein Gruppe mehrere Unternehmer setze sich zusammen mit Rodriguez dafür ein, dass die Banco de España eine Niederlassung in Las Palmas genehmigte. Man hatte Kontakte in die höchste Politik in Madrid. Am 24. Mai 1888 wurde dies genehmigt, am 14. Mai 1889 erfolgte die Gründung aus der später die Banco de Canarias hervorging. Juan Rodriguez y González war Teil des Executive Boards. Er dürfte wohl sehr eigenwillig gewesen sein, überwarf sich mit den anderen Board Members in nur wenigen Monaten und schied bereits im Juni 1889 wieder aus. Die Söhne von Juan Rodriguez y González übernahmen nach dem Ableben erfolgreich seine Geschäfte. Eine Zeit lang leiteten sie auch den Freihafen von Puerto del Rosario.

Die meisten Touristen kommen nach Tetir, um sich die Iglesia Santo Domingo de Guzmán anzusehen. Domingo de Guzmán Garcés, wie er vollständig hiess, wird den Wenigsten etwas sagen. Der heilige Dominikus schon eher, der von der katholischen, gleichwie von der anglikanischen Kirche, als Heiliger verehrt wird. Er ist der Begründer des Dominikaner Ordens. Der Gedenktag des heiligen Dominikus ist der 8. August, der sich im Kalender der katholischen, anglikanischen und evangelisch-lutherischen Kirche findet. Dominikus gilt als Schutzpatron der Astronomen und Wissenschafter. Wissenschaft und Schutzpatron, das wirkt doch eigen, aber bitte. Für Astrologen wäre es schlüssig vorstellbar, doch irgendwie dieselbe Richtung. Dort, wo heute das grosse Gotteshaus steht, wird schon 1652 von einem Gebetshaus berichtet, in dem ein Abbild des heiligen San Andrés, Schutzheiliger und Wassergarant der Bauern, verehrt wurde. Es wird dokumentiert, dass das Heiligenbild in diesem Jahr 1652 in die Kirche nach Betancuria getragen wurde, zu dessen Gemeinde Tetir damals gehörte, da Wassermangel die Ernte bedrohte. Es sollte so um Wasser gefleht werden. Das hat sicher wunderbar geklappt.

Mit der Errichtung der Iglesia Santo Domingo de Guzmán, wurde 1750 begonnen. Wie auch die Igelsia Nuestra Señora de la Candelaria in La Oliva, wurde sie fürs Erste ohne Kirchturm aufgestellt. 1777 wurde Santo Domingo de Guzmán bereits eigene Pfarre, 1812 von Betancuria losgelöst und eigene Gemeinde. Erst zwischen 1882 und 1887 wurde der Kirchturm samt Glocke errichtet. Das Innere der Kirche ist reich mit kleinen heiligen Statuen und mit Bildern versehen. Die Bilder stammen aus dem 18. und 19. Jhd. und bis auf eines, sind die Künstler unbekannt. Das Bild "Las Benditas Animas del Purgatorio" das die Reinigung der Seelen durch das Fegefeuer, Purgatorio, thematisiert, wurde vom prominenten und viel beschäftigen Barrock Meister Juan Bautista Hernández Bolaños erstellt, von dem unzählige Bilder auch in kanarischen Museen zu finden sind.

Etwas kleiner geht es auf der anderen Seite des Montaña de Andrés zu. Wieder geht es um das liebe Wasser und den Regen, überlebenswichtig auf Fuerteventura. Am Eingang des Valle de Tetír und direkt am Montana de Andrés, steht die Ermita de San Andrés, eine kleine Kapelle, die, wie das angeschlagene Schild verrät, von Don Juan Berriel Jordán aus Tetir gestiftet wurde. Sie wurde mit einer grossen Prozession, aus Tetir kommend, am 30. November 1989 eingeweiht. Erbaut wurde die Ermiat an jener Stelle, an der 1650 - 1652 die Bürger von Tetir die erste Ermita de San Andrés errichtet hatten. Interessantes Detail am Rande, San Andrés wurde gewissermassen zum Schutzheiligen von Tetir "demokratisch gewählt". Der Stadtrat von Tetir beschloss 1609 die Stadt und die Täler Vega de Tetir und das Valle de Tetir unter "seine Gnade" zu stellen.

Der Ort Tetir auf Fuerteventura.

Für wen lohnt der Besuch?

Der Carnaval de Tetir, so der Tourist zu dieser Zeit auf Fuerteventura urlaubt, ist das Highlight, um Tetir zu erleben. Lohnend ist auch den Mercado de Tetir zu besuchen, der jeden zweiten Sonntag ab 10:00 Uhr, im letzten Monat des jeweiligen Quartals, stattfindet. Es werden landwirtschaftliche Produkte verkauft, kanarisches Kunsthandwerk, für Kinder wird Kamelreiten geboten und natürlich ist Lanzarote immer mit einem grossen Weinverkauf vor Ort. Der Wein aus Lanzarote ist jedenfalls etwas sehr besonderes.

Natürlich will auch jeder Tourist die Iglesia Santo Domingo de Guzmán besuchen. Auch für nicht besonders Kunstinteressierte lohnt es sich, in ihr das Gemälde "Las Benditas Animas del Purgatorio", des Barockmeisters Juan Bautista Hernández Bolaños, näher anzusehen und auf sich wirken zu lassen. Wird bedacht, dass zu jener Zeit die Menschen dachten, diese Werke seien exakte Abbildungen dessen, was im Fegerfeuer zu erwarten wäre, kann das Schaudern verstanden werden.

Auch Wanderer sind in Tetir genau richtig. Am besten besorgen sie sich die erstklassigen Karten des Instituto Geográfico Nacional, um z.B. durch das Valle de Tetir zu streifen. Viel spannender, als einem fix vorgegeben Weg nach zutrotten. Von Tetir nach Tefía zu wandern, ist zum Beispiel eine gute Idee.

 

Messen ind der Ermita Santo Domingo de Guzmán:

  • Jeden Sonntag 10:00 Uhr.

Infrastruktur.

Am Kirchplatz findet sich ein Tante-Emma-Laden, drei einfache Bars, die auch etwas Essen anbieten und eine kleine Konditorei abseits, die kein Tourist findet. Dort gibt es auch Frühstück an einigen kleinen Tischen. Das muss reichen. Um sich ein Wasser oder Eis zu kaufen, einen Café oder kaltes Getränk in einer der Bars zu trinken oder ein Bocadillo zu essen, reicht das aber allemal. Der Tagesteller, "plato del día", den Bars normalerweise auf der Insel servieren, kann auch immer gegessen werden. Sie sind ausgiebig, schmackhaft, firsch und preiswert.

Schnell gefunden.

Tetir liegt direkt an der FV-10, der Verbindung Puerto del Rosario nach El Cotillo über La Oliva und vorbei an Lajares.

Die Buslinie El Cotillo – Puerto del Rosario – El Cotillo bindet Tetir 5x bzw. 4x täglich an das Busnetz der Insel an.


Karneval in Tetir Fuerteventura.

Mehr entdecken in der Umgebung.

Alles weiss – Karneval in Tetir. Eine mehr als verrückte Sache.

Der Carnaval de Tetir ist eine ziemlich verrückte Sache. Es wird ganz in Weiss erschienen, am Kirchplatz erwirbt der Karnevalist eine grosse Dose Talkumpulver um 1,00 Euro. Dann wird der Festplatz betreten, auf einer Bühne wird Tanz und Musik geboten und es wird begonnen wahllos Menschen, möglichst heimtückisch, Talkumpulver ins Gesicht, den Nacken oder sonstwo hin zu kippen. Möglichst so, das der Kontrahent völlig überrascht ist, also sich gerade umdreht oder so.

Keine Angst, das artet nicht zu einer Schlägerei aus. Alle finden das lustig und je wilder desto mehr wird gelacht. Das Stauben macht durstig, daher wird an den umliegenden Ständen Unmengen Bier getrunken. Das Ganze zieht sich solange, bis der ganze Platz in einer weissen Wolke liegt und alle recht angetrunken sind. Hoch interessant: Es läuft wie alle Fiestas absolut friedlich ab. Auch kleine Kindern und Alte am Gehstock machen mit. Ein Karneval, wie noch nie erlebt!

Insider Tipp

Wandern im Valle de Tetir – zu Fuss nach Tefía.

Das Valle de Tetir ist besonders schön. Sattes Grün, an den Hängen überall Gavias und Fincas mit Palmen, die aussehen, als ständen sie auf Kuba. Da sieht es an einigen Ecken auch so aus. Durch das Tal führt ein alter Fussweg hinüber nach Tefía. Über einen kleinen Pass geht es. Der Weg ist grob beschildert, aber ist man erstmal auf ihm, kann nichts falsch gemacht werden.

Historischer Handelsplatz Tetir.

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Iglesia Santo Domingo de Guzmán + Ermita de San Andrés.

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Montaña San Andrés.

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