Der Barranco de las Peñitas oder das Palmental, wie er touristisch genannt wird, ist Teil eines der mächtigsten Wasserläufe von Fuerteventura. Er entspringt als Barranco de Convento an der westlichen Flanke des Berges Morro Tegú (642 m), dort wo auch der Aussichtspunkt Morro de Veloso o del Convento (676 m) gelegen ist, ändert in Betancuria am alte Franziskaner Kloster seinen Namen auf Barranco de Betancuria, oberhalb des Ortes Vega de Río Palmas, dort wo der Barranco de las Palomares in den Wasserlauf einmündet, auf Río Palmas, auf der Höhe der Casa de la Naturaleza wird er zum Barranco de las Peñitas und am Durchbruch des Intrusivkomplex, dort wo oberhalb der Arco de las Peñitas sehr versteckt liegt, wie auch der Staudamm Presa de las Peñitas und die Kapelle Iglesia de Nuestra Señora de la Peña, wird der Wasserlauf zum Barranco de Mal Paso und schlussendlich, am Zufluss des Barranco de Pájara, der vom Ort Pájara hinunter fliesst, wechselt er seinen Namen auf Barranco de Ajuy, passiert noch die wunderbare Palmenoase La Madre del Agua, um dann am Playa de Ajuy am Ort Ajuy in den Atlantik zu münden. So wäre das mit dem komplexen Wasserlauf nun ganz korrekt und diesen zu durchwandern, lohnt sehr als Tagesexpedition. Dass der Wasserlauf in der Regenzeit zum reissenden Fluss werden kann (siehe YouTube Video), aus dem Wanderer via Helikopter abgeborgen werden müssen, kann sich im Sommer kaum jemand vorstellen.
Das kurze Stück des Barranco de las Peñitas vom Parkplatzan der Casa de la Naturaleza bis zum Staudamm Presa de las Peñitas, wird unter Touristen meist als Palmental oder Vega de Río Palmas bezeichnet, was so nicht richtig ist. Dies ist der Barranco de las Peñitas und Vega de Río Palmas ist der Ort, der an diesem liegt. Der kurze Barranco ist von besonderer geologischer Bedeutung, denn er ist ein Intrusivkomplex. Das sind Steinformationen, in die flüssige Magma eindrang und darin langsam erkaltete. In diesem Fall Plutonit, genau genommen Syenit, der nach und nach frei gelegt wurde und verwittert. Dadurch entsteht die brüchige Struktur und die vielen einzelnen Felsbrocken. Sie gaben dem Barranco auch den Namen, die peñitas, die Verkleinerungsform von peñas den Felsen, also der Barranco der vielen kleinen Felsen, Barranco de las Peñitas. Der gesamte Intrusivkomplex ist 3,5 Km lang und an der breitesten Stelle 800 m breit, von elliptischer Grundform. Am Durchbruch zum Ort Mal Paso hat Wasser und mitgeführtes Gestein die schönen runden Becken geschliffen, in denen immer Wasser steht. An der südlichen Felswand dieser Stelle sind beliebte kleine Kletterrouten zu finden. Zu Zeiten der Eroberung, soll der Barranco bis hinunter nach Ajuy dicht mit kanarischen Palmen bewachsen gewesen. Ob das stimmt, weiss niemand, hört sich aber gut an, ist aber eher unwahrscheinlich.
Im schmalen V-Einschnitt oberhalb von Mal Paso, wurde auch der Staudamm Presa de las Peñitas errichtet. Üblicherweise werden Staudämme in Spanien als embalse bezeichnet. Im traditionellen kanarischen Spanisch werden sie gerne als presa, für einfangen, benannt, also eingefangenes Wasser. Der Beschluss den Presa de las Peñitas zu bauen, um die umliegenden Felder zu bewässern, wurde bereits in den 1830igern gefasst. Als Sebastián Jiménez Sánchez (1904-1983), Beamter der Junta de Obras Públicas de Las Palmas de Gran Canaria, im Juli 1937 Fuerteventura inspizierte, da sich die Insel in einem desaströsen Zustand aus Armut und Hunger befand, konnte er berichten, dass 25 bis 30 Arbeiter beschäftigt waren, die Staumauer einen weiteren Meter zu erhöhen, obwohl davor bereits alles verlandet war.*) Ende 1939 wurde durch diese Bauarbeiten eine Höhe von 11 Metern erreicht. Nachdem der Presa de las Peñitas immer wieder schnell verlandete, wurde er 1943 auf die doppelte Höhe, also 22 Meter, weiter aufgestockt. Das half auch nichts. Staudämme auf Fuerteventura verlanden binnen Jahren komplett, wie auch beim Embalse de los Molinos zu sehen ist. Am Presa de las Peñitas ist sogar noch das Kabel der Materialseilbahn zu sehen, das zum Bauen des Staudamms gespannt wurde. Es endet in dem verfallenen Häuschen, in dem sich der Antriebsmotor für die Materialseilbahn befand. Unterhalb der Staumauer liegt die kleine Kapelle Iglesia de Nuestra Señora de la Peña, zu der jedes Jahr eine Wallfahrt von Antigua hinüber führt. Sie wurde erst im 17. Jhd. errichtet, da die ehemalige Felskapelle, die einige hundert Meter unterhalb als kleine Höhle liegt, als zu unsicher für die Heiligenstatue angesehen wurde. Über einen schönen und einfachen Pfad, kann bis zur Felsenkapelle gelangt werden. Die Landschaft ist beeindruckend.
*) Jiménez Sánchez, Sebastián: Viaje histórico-anecdótico por las islas de Lanzarote y Fuerteventura. Diciembre de 1937. (Digitalisiert von der ULPGC – Universidad de Las Palmas de Gran Canarias)
Im Zuge der Eroberung gründete Jean de Béthencourt den Ort Betancuria, die erste Hauptstadt Fuerteventuras und des kanarischen Archipels überhaupt. Auch zwei Missionare waren dabei, welche die Eroberung im Werk Le Canarien niederschrieben, das aber vom Partner Jean de Béthencourts dem Gadifer de la Salle radikal zensuriert bzw. umgeschrieben wurde. Jedenfalls war man sehr begeistert neue Christenmenschen taufen zu können und beschloss schon 1416 durch Franziskaner das erste Kloster des Archipels San Buenaventura zu gründen und zu errichten. Die beiden ersten Franziskaner Mönche waren Diego de Alcalá und Juan de San Torcaz.
Als einestages Bruder Diego frühmorgens seinen Bruder Torcaz beim Morgengebet vermisste, ging er ihn suchen. Am Barranco de las Peñitas, man staune eine doch 8 Km lange Wanderung in der Dunkelheit vom Kloster San Buenaventura aus, traf er endlich auf Hirten und fragte nach, ob sie, so ganz zufällig, seinen Bruder Juan de San Torcaz gesehen hätten. In der Tat hatten sie, er würde unten in den Naturbecken am Felsdurchbruch zu Mal Paso knien und beten. Sie würden sich nur nicht hinwagen, da ein eigenartiger Lichtschein zu sehen sei. Gemeinsam brach Diego de Alcalá mit den Hirten mutig auf, trafen auf den im Wasser knienden und Richtung Licht betenden Torcaz und hoben ihn auf. Er und seine Kleidung waren völlig trocken. Man eilte an die Felswand zur Höhle und grub dort die Marienstatue, die Virgen de la Peña, aus. Ein Wunder war geschehen! Das hat nicht Sunnyfuerte erfunden, so wird das ernsthaft überliefert.
Von da an stand die Alabaster Statue der Legende nach angeblich in der Felskapelle wo sie entdeckt wurde. Recht unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass sie unterhalb der Felskapelle in einer Kapelle in Mal Paso aufbewahrt wurde. Als diese vom Hochwasser weggerissen wurde, wurde im 17. Jdh. die Ermita de la Peña errichtet, hoch gelegen, um die Heiligenstatue vor Hochwasser zu schützen. Im 19. Jhd. wurde sie in die Kirche in Vega de Río Palmas verlegt, da man in der einsamen Kapelle den Diebstahl der wertvollen Statue fürchtete. Doch die Angst vor dem Fegefeuer schwindet jährlich und so versuchte tatsächlich Anfang 2018 Diebsgesindel die Virgen de la Peña zu stehlen. Da es an der schweren Holztüre zur Sakristei und dem Vorhängeschloss scheiterte, beschlossen die Diebe ein Loch in die Kirchenmauer zu schlagen. Als sie endlich zur Sakristei durchbrachen, stoppte sie ein schwerer Holzschrank hinter dem Loch. Da mittlerweile die Nachbarschaft durch die Hämmerei wach geworden war und Alarm schlug, ergriffen die Diebe die Flucht. Auch diese Geschichte, so erfunden sie auch klingt, ist wieder nicht von Sunnyfuerte erfunden, sondern die reinste Wahrheit und wurde in Canarias7 derart mit Foto berichtet. Nun sitzt seit neuestem, wenn die Kirche geöffnet ist, eine Aufseherin am Eingang und wacht, dass das Heiligtum nicht gestohlen wird. Nachts setzt man wohl weiter auf das wachsame Auge Gottes.
Wo genau die Statue her kommt, ist nicht bekannt. Es scheint recht sicher, dass sie mit Jean de Béthencourt auf die Insel kam. Die nur 23 cm grosse Statue hat deutliche französische Stilelemente der Gotik und stammt wohl aus der Normandie. Dass das Raubein Béthencourt selber die Statue im Gepäck hatte, ist wohl unwahrscheinlich. Eher die beiden Missionare Pedro Bontier und Juan Le Verrier die ihn begleiteten und den Bericht Le Canarien verfassten. Nachdem 1583 der nordafrikanische Seeräuber Xabán Arraez Betancuria brandschatze, auch das Kloster San Buenaventura niederbrannte und alle die er fangen konnte als Sklaven verschleppte, wurde wohl die Statue im Zuge dessen im Barranco de las Peñitas versteckt und irgendwann wiedergefunden. Die Virgen de la Peña ist die Schutzheilige von Fuerteventura und wird auch am gesamten Archipel hoch verehrt. Immerhin ist sie das älteste christliche Heiligtum, das die Kanaren erreichte und erhalten blieb. Der Genueser Lancelotto Malocello (* 1307, Genua, unbestätigt - † 1384, unbekannt), der 1339 die Kanaren wieder entdeckte und Lanzarote ihren Namen gab, hinterliess jedenfalls nichts heiliges, oder es ging verloren. Zur stimmungsvollen Nachtwallfahrt, die jedes Jahr als letzte Etappe von Antigua über die Berge nach Vega de Río Palmas und zum Heiligtum der Virgen de la Penna unterwegs ist, sind hunderte Menschen nicht nur aus Fuerteventura sondern vom ganzen Archipel tagelang auf den Beinen.
Der Barranco de las Peñitas ist für jeden etwas. Geologen, Birdwatcher, Botaniker, Wanderer, Natur- oder Geschichtsliebhaber und auch für Kinder ist die kleine Wanderung ins Tal gut geeignet. Es gibt an jeder Ecke etwas zu entdecken. Am Ende warten blank geschliffene Wasserbecken und mehr. Ein wahrer Abenteuer Spielplatz in der Natur. Sportliche finden an den Wänden der Iglesia de Nuestra Señora de la Peña einige Kletterrouten, an denen am Wochenende die Locals unterwegs sind.
Wer mehr vor hat, dem ist die Wanderung bis an die Küste von Ajuy zu empfehlen. An heissen Tagen, obwohl nur 10 Kilometer und wenige Höhenmeter, kann sie ziemlich anstrengend sein. Sie ist wohl eine der schönsten der Insel. Erlebnisreich werden viele Highlights Fuerteventuras passiert. Wer schon am Morgen aufbricht, könnte überlegen am Morro de Veloso o del Convento (676 m) zu starten und eine Rast an der Casa de la Naturaleza einzulegen. Dazu muss aber ein zweites Auto in Ajuy abgestellt werden, denn es gibt keinen Bus, der direkt zum Ausgangspunkt zurück führen würde.
In Vega de Río Palmas und Betancuria findet der Besucher einiges an Gastronomie. Nicht alles ist zu empfehlen, die Preise sind für Fuerteventura hoch. Wer vor dem Einkehren Richtung Pájara noch den Aussichtspunkt Mirador de Fénduca mitnehmen will, der wird in Pájara gut bedient. Und auch Ajuy an der Küste kann getrost angesteuert werden.
Der Barranco de las Peñitas ist leicht zu finden. 500 m nach Vega de Río Palmas, aus Betancuria kommend, zweigt rechter Hand eine Asphaltstrasse in den Barranco ab. Ein Hinweisschild ist dort aufgestellt. Durch lose Gehöfte geht es bis zur Casa de la Naturaleza, wo ein Parkplatz liegt. Hier beginnt der einfache Fussweg in den Barranco hinein. Bis zur Iglesia de Nuestra Señora de la Peña ist es nur einen Kilometer. Erst nach der Kapelle ist ein Höhenunterschied zu bewältigen.
Achtung: Am Parkplatz unterhab der Casa de la Naturaleza nichts im Auto liegen lassen, Handschuhfach auf und Hutablage zum Kofferaum weg, um zu zeigen: Hier gibt es nichts zu klauen. Leider werden dort laufend die Scheiben von Mietwägen eingeschlagen. Auch wenn nichts im Auto liegt, sind die folgenden Scherereien ärgerlich. Also den Kriminellen klare Zeichen geben, versucht euer Glück woanders.
Wallfahrten – Romeria Virgen de la Peña.
Jedes Jahr Mitte September, findet die wichtigste Wallfahrt Fuerteventuras, die Romeria Virgen de la Peña, statt. Aus allen Ecken der Insel strömen sternförmig Pilger nach Antigua und treffen dort Freitag abends ein. Meist in kleinen Gruppen, sind sie schon ein, zwei Tage unterwegs.
Freitag nachts sammeln sich die Pilger am Kirchplatz von Antigua, singen, tanzen und trinken. Dann geht es gemeinsam hoch über den Berg Tegú (642 m) neben dem Morro de Veloso o del Convento (676 m), über den Höhenkamm, hinunter nach Vega de Río Palmas zur Messe. Danach wird die Alabaster Statue der Virgen de la Peña zur Iglesia de Nuestra Señora de la Peña zu einer Andacht getragen.
Fuerteventura hat viele besondere Orte. Madre del Agua ist einer, der nicht verpasst werden sollte. Am Barranco de Ajuy liegt die Palmen Oase Madre del Agua, ein Kleinod, traumhaft schön. Mächtige, gut 20 Meter hohe Palmen, ragen in den meist blauen Himmel. Schattig ist es, Wasser plätschert, ein idealer Ort, für das besondere Urlaubsfoto.