Wann die Casa de los Coroneles genau errichtet wurde ist nicht bekannt. Meist ist zu lesen, dass der Bau in der Mitte des 17. Jhd. errichtet wurde. Er wird dem Colonel Ginés Cabrera Bethencourt zugeschrieben, nur jener war der 4. Coronel und hatte das Amt von 1764-1766 inne. Also dürfte, wie so oft in der Literatur über Fuerteventura, einer vom anderen ungeprüft abgeschrieben haben und irgendwann ging halt ein "I" vom XVIII verloren. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Casa de los Coroneles Mitte des 18. Jhd. gebaut wurde. Generell wurde auf den Kanaren und besonders auf Fuerteventura wenig dokumentiert, was vor allem dem Königshaus ein Dorn im Auge war, da die Steuerflüsse nicht zu kontrollieren waren. So ernannte das Königshaus in Madrid einen Finanzaufseher und entsandte ihn auf das Archipel, um den Lehensherren auf die Finger zu sehen. Doch schon beim ersten Zwischenstopp im Hafen von St. Cruz de Tenerife, wurde er gleich beim Verlassen des Schiffs erstochen. Angeblich ein aufgebrachter Ureinwohner. Es bestand kein grosses Interesse die Tat näher aufzuklären. Ab da fand sich kein Beamter mehr, der das Amt antreten wollte. Daran hat sich kaum etwas geändert. So bekam Fuerteventura erst im Januar 2018 den ersten Steuerprüfer seiner Geschichte. Der Tourismus boomt, jeder der kann vermietet an Touristen, Steuern zahlt niemand, spanischer Nationalsport.
Ginés de Cabrera Béthencourt, dem der Bau der Casa de los Coroneles zugeschrieben wird, stammte aus der verzweigten Linie des Normannen Jean de Béthencourt, Eroberer Fuerteventuras, der sich recht hinterhältig vom jungen kastilischen König Heinrich III. zum Lehensherren von Fuerteventura und Lanzarote bestellen liess. Seine Mitstreiter bezeichneten Béthencourt als immer übel gelaunten, besonders gemeinen und bösartigen Zeitgenossen. Da könnte etwas dran sein, denn Jean de Béthencourt legte seinen Mitstreiter Gadifer de La Salle ordentlich rein. Der ging nämlich leer aus. Das gesamte gemeinsam eroberte Land riss sich Jean de Béthencourt unter den Nagel. Jean de Béthencourt war Abenteurer und Eroberer, auf Fuerteventura war es ihm wohl zu langweilig und so beauftragte er Verwandte, das Lehen zu verwalten und auszubeuten.
Da Jean de Béthencourt seinen Treueschwur an König Heinrich III. unter seinem Nachfolger König Juan von Kastilien brach, da er in der Normandie mit den Engländern taktierte, ging das Lehen nach dem Tod Béthencourts (1425) im Jahr 1430 an Guillén de las Casas über. Dessen Linie hilet die Lehensrechte von Fuerteventura und Lanzarote in ununterbrochener Folge bis zur Ausrufung der 1. Republik in Cadíz am 11. Februar 1873. Die Feudalherrschaft wurde zwar bereits 1836 abgeschafft, die Lehensrechte blieben aber bis 1873 bestehen. Um die Insel verteidigungsfähig zu gestalten, wurde von der Krone in Madrid das System der Coroneles, der Inselkommandanten, errichtet. 1708 wurde von der spanischen Krone der erste Inselkommandant bestellt, der Grossgrundbesitzer Coronel Pedro Sánchez Dumpíerrez aus Pájara, der das Amt 25 Jahre bis 1733 ausfüllte. Aus heutiger Sicht würde man das System der Coroneles als Militärdiktatur bezeichnen. Damit haben Spanier Erfahrung. Die Kommandanten herrschten uneingeschränkt über die Insel, vertraten die spanische Gerichtsbarkeit, für die katholische Kirche nahmen sie auch die Inquisitions-Gerichtsbarkeit wahr. Der Militärkommandant konnte also absolutistisch schalten und walten wie es ihm beliebte. Die Inselbewohner waren den Verhältnissen nach Leibeigene mit Residenzpflicht.
Mit der Ernennung von Pedro Sánchez Dumpíerrez zum ersten Coronel der Insel, wurde im selben Jahr 1708 auch La Oliva zum Regimentssitz Fuerteventuras bestimmt. Hauptstadt war La Oliva, wie fälschlich gelegentlich zu lesen ist, nie. Durch den späteren Bau der Casa de los Coroneles sollte aber ein Herrschaftszeichen gesetzt und klar gestellt werden, wer auf Fuerteventura das Sagen hat. Über dem Eingang der Casa de los Coroneles prangt auch heute noch das Wappen der Familie Cabrera Béthencourt. Sie blieb bis 1994 in den Händen der Erben der ehemaligen Lehensfamilie. Auch die Abschaffung der Feudalherrschaft 1836 durch die Zentralregierung in Madrid, die Auflösung der Militärherrschaft und Zerschlagung der Truppe in La Oliva 1852, die Installation eines neuen Infanterieregimentes in Puerto del Rosario, selbst die Nutzung der Casa de los Coroneles durch Franco Getreue, änderte an den Besitzverhältnissen nie etwas. Hartnäckig hielt man am Eigentum fest, obwohl es langsam verfiel. Am 13. Juni 1979 wurde die Casa de los Coroneles auf Anweisung des Kultusministeriums zum Kulturdenkmal erklärt, was in der Realität einer Enteignung gleichkommt, da nicht mehr frei nutzbar. So erklärte sich die Eigentümerfamilie nach jahrelangen Verhandlungen bereit, die Casa de los Coroneles am 30. Dezember 1994 an die autonome Provinz Las Palmas zu verkaufen. Eine zähe und aufwändige Restaurierung begann. Am 26. November 2006 eröffnete der spanische König Juan Carlos I. und Königin Sofia von Griechenland persönlich die Casa de los Coroneles, was für Fuerteventura eine ziemliche Sache war. Eine grosse Gedanltafel am Eingang erinnert daran.
Nun ist die Casa de los Coroneles wieder in einem sehr renovierungsbedürftigen Zustand. Vor allem die umliegenden Wirtschaftsgebäude sind kurz vor dem Einstürzen. Laufende Instandhaltung ist in Spanien, besonders auf Fuerteventura, ein Fremdwort. Derzeit werden Pläne zur Renovierung und Neugestaltung ausgearbeitet. Der Gemeindeverwaltung kam Anfang 2021 in den Sinn, das Gebäude als Gemeindebüros zu nutzen. Eine Idee, die wohl nur einfacher gestrickten Menschen kommen kann. Die autonome Proviz Las Palmas, der Eigentümer, schmetterte dieses Ansinn in Bezug auf die grosse historische Bedeutung des Bauwerks ab.
Die Casa de los Coroneles hatte u.a. auch das Ziel Macht zu demonstrieren. Die Wahl der fruchtbaren Ebene Valle de Juan Pablo, in der schon die Majoreros die erste feste Siedlung auf Fuerteventura errichteten, war gezielt ausgewählt. Sie war einerseits wasserreich und fruchtbar genug, um Mensch und Tier zu ernähren. Andererseits liess die weite und flache Ebene des Valle de Juan Pablo, die für die Insel und die damalige Zeit als Monumentalbau einzustufende Casa de los Coroneles erst richtig zur Geltung kommen. Das 42 x 42 m grosse zweistöckige Gebäude mit dem Fussballfeld grossen Vorplatz, dem Plaza de armas und den um es herum angeordneten Wirtschaftsgebäuden, steht frei im Feld und sendet ein klares, durch die Fassade unterstütztes Signal: Hier wohnt und bestimmt der Oberst. Umrahmt wird die Kulisse durch den Montaña de Arena, Montaña de los Saltos, Escanfraga, Frontón und Morro Tabaiba. Gegen den heiligen Berg Montaña Tindaya öffnet sich die Ebene und setzt dem heiligen Berg der Ureinwohner die mächtige Kirche mit dominantem Turm, die Iglesia Nuestra Señora de la Candelaria, entgegen. Symbole hatten besonders in Zeiten wenig gebildeter und nicht alphabetisierter Bevölkerung wichtige Funktionen. Wer den Mirador de Fuente Tababaire am Morro Tabaiba besucht und in die Ebene blickt, wird intuitiv die innewohnende Symbolik erkennen. Schön ist die Szenerie auch auf einer Wanderung von Tindaya über den Mirador de Fuente Tababaire nach La Oliva zu erleben.
Die Grundfläche des Hauptgebäudes der Casa de los Coroneles ist ein Quadrat, dessen Seitenkanten 42 m messen. Über diesem erhebt sich ein zweistöckiges Gebäude. Nur eine Handvoll historischer Gebäude, beispielsweise die Casa Alta oder Casa del Inglés, sind auf Fuerteventura derart ausgeführt, was ein markantes Zeichen für Wohlstand war. Die Fassade ist von Zinnen bewehrten Ecktürmen eingefasst. Das verleiht dem Anwesen das Militärische. In die Fassade sind acht Holzbalkone eingearbeitet, die an sich keine weitere Funktion hatten, aber in der damaligen Zeit in Spanien und vor allem auch den Kanaren, als Zeichen des Wohlstandes galten. Besonders schön ist dies auf Teneriffa im Ort La Orotava in der Strasse der "Los Balcones" zu bewundern. Auch in Betancuria finden sich schöne Beispiele von Holzbalkonen.
So kühl und nüchtern sich die unverzierte Fassade präsentiert, wie ein Militärsitz eben, so gross ist der Kontrast im Innenbereich. Ein wunderschöner grosser quadratischer Patio mit Palmen wird durch den Haupteigang betreten. Im zweiten Stock laufen um ihn herum Arkaden aus Holz, von denen aus die herrschaftlichen Räume betreten werden.
Ist das untere Stockwerk funktional ausgelegt, Verwaltungsräume, Küche und Wirtschaftsräume, ist das Obergeschoss herrschaftlich mit grossen repräsentativen Räumen, schönen Holzdecken und Holzfussböden ausgeführt. In einem der Säle hängen die Portraits sämtlicher Coroneles. Im Osten findet sich eine kleine Kapelle, von der es direkt auf eine der drei Dachterrassen geht. Die oberste Dachterrasse ist über eine an die Fasade angebrachte schmale Holztreppe zu erreichen und überblickt "herrschend" den gesamten Ort La Oliva. Sie hält ein schönes Fotomotiv der Windmühlen von Villaverde bereit, die gegenüber auf der windigen Anhöhe stehen. So nüchtern und uninteressant die Casa de los Coroneles von aussen wirkt, so schön ist sie im Inneren. Bemerkenswert auch, dass sich im gesamten historischen Anwesen nichts, das einem Bad gleich kommen würde, findet. Auch in der schönen Finca des Doctor Mena in Ampuyenta aus dem 19. Jhd., sucht man ein solches vergebes. Das zog sich so bis ins 20 Jhd. auf den Kanaren.
Seit 2021 wird der Pation für stimmungsvolle Konzerte genutzt. Die ehemaligen Wirtschafts- und Verwaltungsräume dienen Wechselausstellungen. Man tut sich sichtlich schwer Ansprechendes zu kuratieren und Besucherinteresse zu wecken. Der Bedarf der Insel diesbezüglich, wird durch das Centro de Arte Juan Ismael in Puerto del Rosario und die Casa Mané in La Oliva mehr als abgedeckt.
Auch wer "nur" wegen den herrlichen Strände, der Sonne, den Wellen und dem stetigen Wind nach Fuerteventura kommt, sollte sich die Casa de los Coroneles ansehen und sich einwenig mit ihr befassen. Sie ist der zentrale Angelpunkt der Neuzeit auf Fuerteventura. Das System wirkt bis heute nach. Wer sich die Namen unter den Portraits der Coroneles ansieht und dann in den Tageszeitungen blättert wird feststellen: Dieselben Familien, anderes System. Einer der drei historisch bedeutendsten Orte Fuerteventuras, auch wenn er heutzutage recht unscheinbar vor sich hin träumt.
La Oliva wird von Puerto del Rosario, El Cotillo oder Lajares über die FV-10, von Corralejo über die FV-101 erreicht. Am besten wird bis zur Kirche Nuestra Señora de la Candelaria gefahren. Dort weisen grosse Wegweiser zur Casa de los Coroneles. Die FV-101 trägt im Ortsgebiet von La Oliva den schmucken Namen "Avenida General Franco". Seitdem das "Ley de Memoria Histórica" am 31. Oktober 2007 vom spanischen Parlament verabschiedet wurde, ist das illegal. Diesbezüglich ist das Cabildo de Fuerteventura sehr schmerzbefreit. Wer die Augen offen hält, wird noch weitere General Franco Strassen finden. Das Denkmal, für die vielen politischen Gefangenen des Diktators, finden nur Insider. Die Bauprojekte der Strafgefangenen bleiben meist unerkannt.
Mit dem Bus der Linie 07 aus Puerto del Rosario, oder 08 aus El Cotillo bzw. Corralejo, ist die Casa de los Coroneles bequem zu erreichen. An der Busstation gegenüber der Iglesia Nuestra Señora de la Candelaria aussteigen, dann wird durch den Ort immer nach Süden spaziert. Nach 10 min. taucht linker Hand die Casa Mané auf, nach weiteren 3 min. ist die Casa de los Coroneles erreicht.
Öffnungszeiten:
Die Casa de los Coroneles ist aktuell wegen Restaurierung geschlossen. Weiter Informationen hier (Stand: April, 2023).
Di-Sa: 10:00-18:00.
So, Mo, Feiertage: geschlossen.
Eintritt:
Erwachsene | Residente: 3,00 Euro | 1,00 Euro.
Kinder | Residente ab 12 Jahren: 1,50 Euro | 0,50 Euro.
Kinder 0-11 Jahre: gratis.
Casa Alta Tindaya – Haus der Tochter des Coronel Cristóbal Manrique de Lara y Cabrera.
Wer die Casa de los Coroneles besucht hat, sollte auch die Casa Mané und die Casa Alta in Tindaya besuchen. Beide sehr schöne und interessante Häuser, die Sehenswertes zu bieten haben. Die Casa Alta wurde von Doña Nieves de Ponte y del Castillo bewohnt, auf Fuerteventura als "La Marquesa" bekannt. Sie war die Tochter des Coronel Cristóbal Manrique de Lara y Cabrera, dem letzten Coronel der Insel.
"La Marquesa" vererbte die wunderschöne Casa Alta bei Tindaya an die beiden Söhne des Doctor Don Blas, dem Leibarzt des Coronel. Don Blas bewohnte ein Jahrtzehnt die Casa Mané, das heutige Centro de Arte Canario. Ein ausgezeichneter Medico, der in Paris studiert hatte.
Ist die Casa de los Coroneles besucht und sucht der Tourist noch Souveniers für daheim, könnte er über die Strasse zur Casa Mané spazieren. Dort sind wunderschöne und hochwertige Lithographien zeitgenössischer Künstler erhältlich: In allen Grössen, zu infernalen Preisen, reisesicher in Transportrollen verpackt. Auch eine gute Idee für jene, die noch einzigartiges für das Wohnzimmer oder Büro suchen.
Urlauber, die mit leichtem Gepäck reisen, lassen sich ihre Heimatadresse auf die Rolle schreiben und bringt sie um die Ecke, auf der Landstrasse FV-101 Richtung Corralejo, zur Post, um sich die Rolle nach Hause zu schicken.