Am 2. Januar 1492 kapitulierte Muhammad XII. und übergab Granada kampflos dem Königreich Kastilien Aragon. Damit war die Reconquista abgeschlossen und Isabella I. von Kastilien und Ferdinand II. von Aragón bzw. als Ferdinand der V. auch König von Kastilien, die Reyes Católicos, konnten die frei werdenden militärischen Kräfte und Mittel dazu einsetzen, am Wettrennen zur Entdeckung der Welt, neuer Ressourcen und Handelsrouten, teilzunehmen. Ihr Nachbar, das Königreich Portugal, dominierte diese Ambitionen in jener Zeiten. Bereits 150 Jahre bevor der Normanne Jean de Béthencourt Lanzarote und Fuerteventura für Kastilien und Aragon in Besitz nahm, erreichte 1336 der Genuese Lancelotto Malocello (* 1307, Genua, unbestätigt – † 1384, unbekannt) Lanzarote von Lisboa aus im Auftrag der Portugiesen. Auf sein hartnäckiges Drängen hin, verzeichnete die mallorquinische Portolankarte die Insel unter seinem Namen.
Als die Reyes Católicos auf den Plan traten, auch Entdeckungs- und Eroberungsexpeditionen zu entsenden, begann ein Konflikt zwischen Portugal und Kastilien Aragon zu schwelen, ein Jahrhunderte andauernder. Unter Moderation von Papst Alexander VI. wurde am 17. Juni 1494 der Vertrag von Tordesillas geschlossen. Ein Breitengrad wurde definiert und was nördlich lag und bereits entdeckt oder zu entdecken war, sollte den Portugiesen zufallen, alles Südliche Kastilien Aragon. Der Breitengrad passiert knapp südlich die Ilhas Selvagens bzw. Islas Salvajes. Daher gehören sie wie Madeira zu Portugal, obwohl sie nahe an den Kanaren aber sehr weit entfernt von Madeira liegen. Der Breitengrad sollte rund um den Globus gelten, falls denn die Erde rund sei. Auf der anderen Seite des Atlantiks fiel daher beispielsweise Brasilien Portugal, Uruguay Spanien zu. Ureinwohner hatten natürlich kein Mitspracherecht. Das vom Habsburger Karl V. bzw. Carlos primero (* 24.2.1500, Gent, Burgundische Niederlande - † 21.9.1558, Cuacos de Yuste, Spanien) geeinte iberische Spanien, stieg zum grössten Reich der Geschichte auf. Im Reich von Carlos primero ging die Sonne nie unter. Und er wurde zum reichsten Herrscher des Planeten.
Bei all dem konnten Frankreich, die Niederlande und vor allem England vorerst nur neidisch zusehen. Der Tudor Henry VII. (* 28.1.1457, Pembroke Castle, Wales - † 21.4.1509, Richmond Palace) begann das schwache England umzubauen, reformierte die Royal Navy, spionierte Portugiesen und Spaniern nach, zündelte in der Normandie. Es dauerte lange, aber das British Empire entstand, wurde zur Weltmacht, grösster Kreditgeber der Welt und mehr. Bis dahin war es ein langer Weg, begleitet von vielen kriegerischen Auseinandersetzungen mit Spanien. Am 9. November 1729 wurde mit dem Vertrag von Sevilla einmal wieder Frieden zwischen Spanien und Britannien geschlossen. Der Konflikte schwelte aber weiter und so konnte ein kurioser Vorfall wieder zum Einstieg in eine kriegerische Auseinandersetzung genutzt werden: The War of Jenkins' Ear wurde von 1739 bis 1742 geführt.
So kurios wie der Grund des Krieges war, so kurios auch, dass zwei mini Schlachten auf Fuerteventura stattfanden. Die erste am 12. Oktober 1970 in der Ebene Llano Florido, die zweite am 24. November 1729 am kleinen Hügel Cuchillete im Barranco de la Mata. Beide gingen überraschend siegreich für das Majorero Herr aus. Bei der ersten Auseinandersetzung fielen von den 53 Briten 33, auf Seite der Majoreros nur 3. Bei der zweiten Auseinandersetzung fielen alle Briten, wieviele Majoreros ist nicht dokumentiert. Den genauen Ablauf der Kämpfe können Interessierte unter El Centro de Interpretación de las Batallas de El Cuchillete y Tamasite nachlesen.
Da die Insulaner immer noch stolz darauf sind, zweimal die Briten von der Insel vertrieben zu haben, werden die Ereignisse einmal im Jahr „nachgestellt“ bzw. anlässlich einer Fiesta gefeiert, am 12. Oktober bzw. am 29. September, nicht wie vermutet werden würde am 24. (dazu s.u.). Das Spektakel in Gran Tarajal hat jedoch absolut nichts mit der geschichtlichen Realität zu tun und ist ein reines bis wirres Phantasieprodukt, bei dem am Strand von Gran Tarajal vor allem viel geknallt wird.
Anlass des Spektakels am Strand von Gran Tarajal, das jeden 12. Oktober stattfindet, ist La Batalla de Tamasite. 53 britische Korsaren gingen in der Bucht von Gran Tarajal am 12. Oktober 1740 an Land und stiessen durch den Barranco del Cortijo Richtung Landesinnere und Tuineje vor, um zu plündern. Da der direkte Weg nach Tuineje durch den Barranco de la Mata geführt hätte, gewannen die Bewohner von Tuineje Zeit, sich unter Coronel José Sánchez Dumpiérrez zu formieren. Als die Briten die Ebene Llano Florido erreichten, griff ein Bauernherr vom höher gelegenen Tuineje die Briten an und trieben als Schutzschild ein Herr aus Dromedaren vor sich her. Die Vorderlader der Briten verloren ihre Fernwirkung. Dann kam es zum Kampf Mann gegen Mann, in dem die Majoreros nur mit Messern, Dreschflegel, Heugabeln und ähnlichem, gegen kampferprobte Briten mit Säbel, Vorderlader und Bajonett antraten. 33 der 53 Briten fielen, nur 3 Majoreros. 20 Briten ergaben sich. Coronel Dumpiérrez schien sich einem ehrenhaften Kodex der Kriegsführung verpflichtet zu haben und liess die Briten, welche die Waffen gestreckt hatten, abziehen. Sehr honorig, aber ein strategischer Fehler, denn sie kamen am 24. November 1740 zurück. Da griffen die Majoreros, jetzt vorbereitet und in grösserer Anzahl, die Briten am kleinen Hügel Cuchillete ohne den Coronel an, der noch nicht vor Ort war und machten mit allen, auch jenen, die sich ergaben, kurzen Prozess. Kein Brite verliess die Insel.
Anlässlich dieser Kämpfe, inszeniert die Gemeinde Tuineje am Strand von Gran Tarajal die Anlandung der Briten als wilde Schiesserei, die nichts mit den wahren Gegebenheiten zu tun hat. Die ruhige Bucht von Gran Tarajal wurde zu jener Zeit als Naturhafen genutzt, war aber wie alle dieser Orte nicht besiedelt. Zu riskant war es dort zu leben. Lediglich Fischer bewohnten dort gelegentlich Hütten. Die Bucht erhielt zwar schon 1713 das Privileg als Export- / Importhafen zu dienen, an dem Zölle eingehoben wurden, die ersten Siedler liessen sich dort erst um 1860 nieder. Aufschwung erhielt Gran Tarajal erst gut vierzig Jahre später, als Matías López Hernández aus Kuba heimkehrte und mit der Kultivierung der Tomate um Gran Tarajal begann. Vielleicht traf der Brite Davidson, der den Trupp anführte dort auf Fischer, eher nicht, denn die hätten sich rechtzeitig aus dem Staub gemacht. Es gab also kaum etwas, auf das die Briten hätten sinnvoller Weise schiessen können und einen Vorderlader nachzuladen, ist aufwändiger als eine Patrone einzulegen. Da wid nicht einfach mal herumgeschossen.
Die Inszenierung der Gemeinde wirkt jedenfalls amüsant komisch. Erst kreuzt ein kleiner verkleideter Fischkutter wirr in der Bucht hin und her, bis er den Strand ansteuert. Señoras bilden korbflechtend idyllische nachmittags Runden, während caballeros damit befasst sind, seelenruhig Maultiere zu beladen. Majoreros sind zwar sehr tranquilo, aber darauf zu warten, potentiell erschossen zu werden, wäre auch ihnen zu stressig. Dann folgt der Sturm des Strandes von Laiendarstellern in britischen Rotröcken unter heftigem Geballer. Auch vorbereitete Böller explodieren im Sand. Diese sollen Kanonenfeuer simulieren, wohl auf die Korbflechterrinnen oder Maultiere. An heissen Tagen schaffen es einige gut genährte Majorero Darsteller nicht durch den tiefen Sand an den paseo und müssen eine längere Angriffspause einlegen. Schliesslich tauchen am paseo Abwehrkämpfer auf, die als aus Nordafrika eingeflogene Berber durchgehen würden, um sich die Rotröcke vorzunehmen, die es dorthin geschafft haben. Das alles wird über eine ohrenbetäubend laute und sich überschlagende Lautsprecheranlage kommentiert, während die Inszenierung offensichtlich völlig aus dem Ruder gelaufen ist und einem Durcheinander gleicht. Der Kommentator wiederholt mantraartig dasselbe. Es tut sich auch nicht viel. Erst wenn sich auch beim letzten Zuseher Taubheit durch einen Gehörsturz eingestellt hat, ist das Spektakel zu Ende. Den Zusehern gefällt es, was will man mehr. Als Erinnerung surren am nächsten Tag noch die Ohren.
Die Fiesta Juradas en Honor San Miguel y Conmemoracíon de las Batallas del Cuchillete y Tamasite, findet am 29. November in Tuineje statt. Das ist der Tag des Erzengels Sankt Michael, jener der mit dem Teufel kämpfte. Warum die Fiesta nicht am 12. Oktober oder 24. November stattfindet, an dem es zu den Kämpfen kam, liegt am Gelübde, das Coronel José Sánchez Dumpiérrez vor der Schlacht am 12. Oktober abgelegt hatte. Es schien ihm fast aussichtslos, mit dem schnell zusammengestellten Majorero Heer ohne richtige Waffen zu siegen, aber wenn, dann würde er Zeit seines Lebens am Tag des Erzengels Michael dem Herrn dafür danken. Und das tat er auch und legte den Grundstein der Fiesta in Tuineje.
Bei den Feierlichkeiten in Tuineje geht es ernsthafter als in Gran Tarajal zu. Eine Messe in der Ortskirche Iglesia de San Miguel Arcángel wird gefeiert. Vom Insel Präsidenten, Bürgemeister, den höchsten Geistlichen der Insel, den Honoratioren, allen Pressevertreter, Besuchern der Nachbarinsel, jeder, der auf die Geschichte der Insel stolz ist, erscheint in Festkleidung. Man versammelt sich auf dem geschmückten Kirchplatz, Festbühne für den Abend, die Bar hat geöffnet, Imbissbuden, alles ist brechend voll, das Bier fliesst bereits. Ein Majorero Herr zu Fuss und auf Dromedaren, wie auch ein britisches in Rotröcken mit Spielmusik, zieht aus der Ebene Llano Florido hinauf nach Tuineje und dann in die Kirche ein. Die Messe wird gefeiert. Die Kirche könnte doppelt so gross sei, es heisst rechtzeitig hineingehen, sonst wird draussen gestanden. Die Messe wird, wie auf Fuerteventura zu Fiestas üblich, knapp gehalten, denn dann startet die Prozession. Die Monstranz wird aus der Kirche getragen, vorneweg und umringt von Geistlichen, Majorero Heer und Briten folgen ihr hinunter in die Ebene Llano Florido und wieder hinauf in die Kirche. Das dauert, macht durstig und hungrig. Dann wird bis vier Uhr früh am Festplatz gefeiert, getanzt, viel getrunken und gegessen.
Wer eine der Festlichkeiten zu den Las Batallas de El Cuchillete y Tamasite erleben will und terminlich flexibel ist, sollte sich jene in Tuineje aussuchen. Finden sich am Strand von Gran Tarajal immer mehr Touristen ein, ist man in Tuineje unters sich. Sankt Michael, was wenigen bekannt sein dürfte, spielte auch für Deutschland eine Rolle. Nach der Schlacht am Lechfeld 955, wählte ihn das Ostfrankenreich als Schutzpatron, als es zu Deutschland wurde, blieb der Erzengel mit diesem verbunden.
Wer sich für die historischen Hintergründe der beiden Schlachten interessiert, auch den genauen Ablauf, kann dies unter El Centro de Interpretación de las Batallas de El Cuchillete y Tamasite nachlesen.
Wem es nach eine heftigen Knallerei, einen gedränge am paseo und ohrenbetäubenden Lautsprecherdurchsagen ist, der ist in Gran Tarajal richtig. Wem das abschreckend erscheint, der sollte die Fiesta in Tuineje besuchen.
Siehe Gran Tarajal und Tuineje. Bei beiden Festlichkeiten sind eine grosse Anzahl an Imbissbuden vor Ort.
Siehe Gran Tarajal und Tuineje.
Zum Kamelreiten – Oasis Park La Lajita.
Zur Fiesta Juradas en Honor San Miguel y Conmemoracíon de las Batallas del Cuchillete y Tamasite in Tuineje, ziehen die Verteidiger der Insel mit ihren Dromedaren aus der Ebene Llano Florido nach Tuineje ein. Mit stoischer Ruhe schaukeln sie dahin, die Wüstenschiffe.
Wer Lust hat, einen längeren Ritt auf ihnen entlang der Ostküste zu unternehmen, kann dies im empfehlenswerten Oasis Park bei La Lajita tun. Dromedar Ausflüge, schwimmen mit Seelöwen, Greifvögel Show, kanarische Endemiten und vieles mehr gibt es in diesem schönen Park zu sehen. Soviel, dass am besten eine Zweitages-Karte gelöst wird, wenn es das Urlaubsbudget zulässt. Nicht preiswert aber für das Gebotene angemessen.
Fuerteventura bekam sehr spät die ersten Strassen. Das waren aber nur unasphaltierte Pisten. Für den Warentransport über Land in den Norden oder Süden, mussten die Dünen von Corralejo oder der Istmo de la Pared passiert werden. Dromedare waren das gängige Transportmittel, wurden auch zum Pflügen und mehr eingesetzt. Sie dienten als LKW oder Traktor, für prominente und wohlhabende Inselbesucher als Taxi.
Im Malpais de Chico, östlich des Caldera de Gairía, sind regelmässig Kamele zu sehen, die frei in der Landschaft unterwegs sind, wenn sie nicht gerade bei Filmproduktionen oder für Touristen Ausritte im Einsatz sind. Sie machen keine Anstanden auszubüchsen. Sie bewegen sich völlig frei in der Landschaft. Öfter stechen zwei schneeweisse Kamele heraus. Sie traten im Film Exodus von Ridley Scott auf, der an Locations wie El Paso nahe Vega de Río Palmas, am Montaña Cardon oder Cofete gedreht wurde.