Jean IV. de Béthencourt (* 1362, Grainville-la-Teinturière, Normandie – † 1425, ebenda) wurde in der Normandie mit dem erblichen Adelstitel "Barón de Saint-Martin-le-Gaillard" geboren. Barone waren Vasallen der Krone, denen in der Regel grosse Landbesitzungen mit weitgehenden Rechten übertragen wurden. Ihr Reichtum fundierte auf Landbesitzungen und den Leibeigenen, die darauf arbeiten mussten sowie Steuereinnahmen. Der Sitz der Béthencourts war die Burg Grainville-la-Teinturière samt der umliegenden weiten Ländereien. Als der Habsburger Karl V., im Spanischen Carlos I., antrat, die Iberische Halbinsel zum zentralistischen Staat Spanien zu formen, erliess er eine Anordnung, dass alle Feste in der Normandie, die nicht nachweisen konnten Englische Angriffe abwehren zu können, zu schleifen seien. Dies traf auch die Burg Grainville-la-Teinturière. Um die gleiche Zeit starb auch der Vater von Jean de Béthencourt in kriegerischen Auseinandersetzungen mit Navarra. So blieb der Familie nichts anderes übrig, als sich an einem der Höfe zu verdingen. Das Lehn um die abgerissene Burg Grainville besassen sie weiter, das scheinbar sehr einträglich war.
Jean de Béthencourt war ab 1377 am Hof des Herzogs von Anjou tätig. Er dürfte den Herzog auf einigen Feldzügen begleitet haben und sich dort als nützlich erwiesen haben. Er konnte dadurch seine Kontakte zur Königin Isabel la Católica (* 22.4.1451, Madrigal de las Altas Torres – † 26.11.1504, Medina del Campo) aufbauen und erwirken, dass er den Familiensitz Grainville-la-Teinturière in einer verteidigungsfähigen Weise wieder aufbauen durfte. Die Einnahmen aus seinen Besitzungen ermöglichten das problemlos. Die kriegerische Ader des Jean IV. fiel schon dem Herzog von Anjou auf, der ihn förderte. Klar tritt sie zum Vorschein, als Béthencourt am Kreuzzug von Mahdia (1390) teilnahm, der zwei Jahre dauerte und gegen die muslimischen Seeräuber im Mittelmeer gerichtet war. Die Barbaresken-Korsaren kaperten Schiffe und überfielen die Südeuropäischen Küsten. Vornehmlich hatten die muslimischen Seeräuber es auf Sklaven abgesehen, die auf afrikanischen Märkten verkauft wurden. Die Sklaverei, einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der islamischen Welt und das bis ins 19. Jhd. hinein.
Im Zuge der Teilnahme von Jean de Béthencourt am Mahdia Kreuzzug, dürfte er in Genua von genuesischen Händlern von den Inseln im Atlantik erfahren haben. Schon 1336 erreichte der Genueser Lancelotto Malocello (* 1307, Genua, unbestätigt – † 1384, unbekannt) Lanzarote von Lissabon aus und liess es bei seiner Rückkehr unter seinem Namen in die Portolankarte des mallorquinischen Kartographen Angelino Dulcert eintragen. Die erstmals 1325 erschienene Karte von Dulcert wurde 1339 in einer neuen Version erstellt, welche die kanarischen Inseln für die damalige Zeit recht exakt kartographiert enthielt. Lancelotto wird zwar als der offizielle Wiederentdecker des kanarischen Archipels in den Geschichtsbüchern geführt, dass er der erste Europäer auf den Inseln war, die nach dem römischen Reich in Vergessenheit gerieten, ist mehr als zweifelhaft. Zu dieser Zeit dürften schon europäische Sklavenjäger auf den Inseln Jagd gemacht haben, denn es war bekannt, dass die Insulaner nur mit Steinen und Stöcken bewaffnet leichte Beute waren. Jean de Béthencourt und Gadifer de La Salle hatten bereits auf ihrer Expedition zwei Sklaven, die vom Archipel stammten, an Bord, die als Übersetzer dienen sollten. Von der Expedition des Lancelotto Malocello konnten sie nicht mehr stammen, höchstens sie waren um die 100 Jahre alt, vom Himmel in Spanien oder Portugal werden sie auch nicht gefallen sein. Als Béthencourt und La Salle 1402 auf das Archipel kamen, vermerken sie auch in ihren Aufzeichnungen, dass Robbenfänger aktiv waren. Zu jener Zeit war die Mönchsrobbe noch sehr präsent am Archipel, bevor sie ausgerottet wurde. Weder Sklaven- noch Robbenjäger hatten Interesse, ihre Kenntnis um die Inseln an die "grosse Glocke" zu hängen. Zu profitabel war das Geschäft mit Sklaven und Robben. So kann als sicher angenommen werden, dass schon vor Lancelot und Béthencourt Nordafrikaner und Europäer am Archipel sehr aktiv waren.
Oft wird die These vertreten, die Kanaren hätten das Interesse von Béthencourt geweckt, da sie reich an den Orseille Färberflechte waren, der Orseille, aus der unter anderem nicht Purpur aber ein purpurfarbener Farbstoff gewonnen werden kann. Das echte Purpur aus der Purpurschnecke enorm wertvoll und auch heute kostet 1 Kg natürliches Purpur ca. 70x soviel wie 1 Kg reines Barrengold. Dieser Schluss wird gezogen, da um den Familiensitz der Burg von Grainville-la-Teinturière das Färbergewerbe eine grosse Bedeutung hatte. Trägt doch die Burg in ihrem Namen "la teinturière", die Färberin. Dass das Wissen über das Archipel unter genuesischen Händlern so detailreich gewesen sein soll, ist mehr als fraglich. Der Ortsname der Burg und das Vorkommen der Färberflechte ist wohl mehr Zufall, denn bevor die langsam wachsende und wertvolle Pflanze intensiv für die Farbengewinnung ausgebeutet wurde, kam sie an den meisten atlantischen Küstenregionen vor. Dafür hätte es keiner Expedition benötigt und auch Béthencourt, der nach der Eroberung das Archipel gleich wieder verliess, schien sich nicht im geringsten für die Orseille zu interessieren.
Das Jean de Béthencourt sich extra wegen der Färberpflanze auf den Weg zu den Kanaren machte und dafür seinen gesamten Besitz veräusserte, dafür auch noch eine beachtliche Summe von seinem Cousin Robin Braquemont, einflussreicher Höfling der Krone von Kastilien und dem Gegenpast Benedikt XIII. lieh, ist wohl mehr als unwahrscheinlich und eher Geschichtsdichtung. Der Grund dürfte wohl eher der gewesen sein, dass sich Béthencourt so schnell wie möglich in Frankreich aus dem Staub machen wollte. Er dürfte beim Kreuzzug von Mahdia auf den Geschmack der Piraterie gekommen sein. Im Jahr, als Béthencourt sein gesamtes Vermögen veräusserte, wurde er vor einem französischen Gericht wegen Piraterie verurteilt und darauf stand seit jeher in allen Ländern der Scharfrichter. Es war also höchste Zeit sich abzusetzen und da war ein weit entferntes Archipel, in dem evtl. ein Vermögen wartete, genau richtig.
So ging auch Béthencourt ohne jede offizielle päpstliche oder königliche Genehmigung sein Vorhaben an. Er suchte den Hafen von La Rochelle auf, wo er Gadafir de La Salle traf, zufällig oder nicht, Kämmerer des französischen Königs. La Salle dürfte wohl auch etwas auf dem Kerbholz gehabt haben, denn Béthencourt konnte ihn schnell überreden sein Vermögen beizusteuern und bei der Expedition mitzumachen. Béthencourt und La Salle gingen das Projekt in grossem Stil an. Sie charterten 13 Schiffe und warben Legionäre an, besorgten sich zwei Sklaven als Übersetzer, die von Lanzarote abstammten und nahmen zwei Franziskaner Mönche, Pierre Bontier und Jean Le Verrier mit an Bord, welche die Missionierung der Ureinwohner durchführen sollten. Übliche Praxis der Conquistadoren, ihre gewinnbringenden Raubzüge als christliche Missionierung zu tarnen. Die Mönche Pierre Bontier und Jean Le Verrier verfassten auf Lanzarote auch das Werk "Le Canarien" in französischer Sprache, indem sie die Conquista ab dem verlassen von La Rochelle dokumentierten. Es ist die einzige schriftliche Quelle und das einzige Dokument, das Auskunft über Guanchen, Lebensweise, Landwirtschaft, Ziegenzucht, Bräuche, Sprache etc. des Archipels jener Zeit gibt. Grosse Teile sind mit Vorsicht zu lesen, da La Salle und Béthencourt wohl grosse Teile diktierten, die Geschehnisse jedenfalls "zensuriert" wieder geben (siehe auch Buchtipps). Da die beiden Mönche bei den Kampfhandlungen und Expeditionen auf die Nachbarinseln nie dabei waren, bekamen sie jedenfalls ein geschöntes Bild zum Niederschreiben.
La Rochelle wurde am 1. Mai 1402 mit 13 Schiffen und rund 280 Mann Besatzung verlassen. Es ging durch den Golf von Biskaya Richtung der Nordspitze von Spanien und La Coruña, von wo aus dann Südkurs Richtung Gibraltar und afrikanischer Küste genommen werden sollte. Eine Flottille von 13 Schiffen war auffällig, so bliebt man der französischen Küste fern, wollte aber nicht all zu weit auf die Biskaya hinaus, denn dort lauerten englische Seeräuber, die auch die Normandie drangsalierten. Ungünstige Winde zwangen aber die Flottille schon an der Nordspitze von Spanien in den Hafen von Viveiro, Galizien, einzulaufen. Bereits hier entbrannten die ersten Streitereien unter der Crew auch bzgl. Fragen des Kommandos, die La Salle noch schlichten konnte. Als das Nordkap Spaniens "Estaca de Bares" umrundet war, wurde in La Coruña eingelaufen. Die Marine hatte ein Auge auf einen derartigen Verband und sah sich Schiffe und Besatzung näher an. Das die angeworbenen Legionäre wohl keinen lupenreinen Leumund hatten, war anzunehmen. So wurde man in La Coruña gleich fündig. Mehrere Expeditionsteilnehmer wurden wegen Piraterie verhaftet und angeklagt, da sie bei Sevilla angeblich drei Schiffe geplündert und versenkt hatten. Um der Verhaftung zu entgehen, machte sich ein Grossteil der restlichen Besatzung aus dem Staub. Als Béthencourt und La Salle schlussendlich wieder auslaufen konnten, gegen Béthencourt lag in Spanien nichts vor, war die Expedition auf wenige Schiffe und 63 Mann Besatzung, andere Quellen sprechen von 53, zusammengeschrumpft. Es ging weiter nach Cadíz, der letzte Aussenposten, von dem auch heute noch die Fähren auf die kanarischen Inseln auslaufen. Es wurde Wasser und Proviant aufgenommen und dann die afrikanische Küste entlang Richtung Süden gesegelt. Damals übliche Vorgehensweise, denn mangels ausreichender Navigationsinstrumente und Karten hielt man sich immer so es ging in Sichtweite der Küsten, auch wenn dies einen erheblichen Umweg darstellte. Auch waren die "Schiffe" für heutige Verhältnisse eher kleine Boote und alles andere als Hochsee tauglich.
Schon nach 8 Tagen wurde im Juli 1402 das kanarische Archipel erreicht und die Mannschaft ging vorsichtshalber auf der kleinen unbewohnten Insel La Graciosa an Land, um sich erst zu organisieren und mit den Mahos (Bezeichnung der Ureinwohner von Lanzarote) nicht in Konflikt zu geraten. Gegenüber von La Graciosa, nur durch 1.000 m Wasser getrennt, Lanzarote, auf der rund 300 Mahos lebten. Béthencourt gelang es mit seinen beiden Übersetzern die Ureinwohner davon zu überzeugen, dass sie nicht im Schilde führten sie zu versklaven, friedliche Absichten hätten. Die Mahos, die anscheinend schon üble Erfahrungen mit Sklavenjägern aus Europa und der Shara gemacht hatten, liessen schlussendlich die 63 oder 53 Mann in Lanzarote an Land gehen gegen die Zusicherung, vor weitere Sklavenjäger geschützt zu werden. Auf Lanzarote begannen Béthencourt und La Salle sofort mit dem Aufbau des Forts "Rubicón" in der heutigen Gemeinde Yaiza. An Land ging man am Playa de los Papagayos, an dem heute Touristen in der Sonne liegen. "Rubicón" wurde an einem strategisch günstigen Ort errichtet. Es bot einen Hafen, Trinkwasser und war gut zu verteidigen. Ausgrabungen aus dem 20. Jhd. ergaben, dass es einen zentralen Wehrturm gab, der von Wohnhäusern umgeben war, einen grossen Brunnen und eine Kirche. In der Tat zeigten die Ausgrabungen, dass dort Siedler und Ureinwohner zusammen gelebt haben müssen. Der Gegenpapst Benedikt XIII. (* 1394 – † 1423) muss über die Massen begeistert gewesen sein, neue Schäfchen des Glaubens in die christliche Gemeinde aufnehmen zu können, erklärte doch noch im Jahr 1404, als er Bericht über die Geschehnisse erhielt in der Bulle „Romanus pontifex“ die paar Steinhäuser zur Stadt "Castillo de Rubicón", dem nicht genug Rubicón zum Bistum und die kleine Kapelle aus Vulkansteinen zur Kathedrale, also zum Bischofssitz. Kurios, es wäre interessant zu wissen, was sich Benedikt XIII. in seiner Einfältigkeit wohl für ein prunkvolles Bauwerk vorgestellt hatte.
Nachdem auf Lanzarote alles derart glatt lief, hatte La Salle und Béthencourt Fuerteventura im Auge. Vom Papagayo Strand am Fort Rubicón liegt Fuerteventura durch die Meerengen "La Bocaina" getrennt nur 10 Km südlich. Kein Problem überzusetzen, wird doch die "La Bocaina" jährlich bei einem Schwimmwettbewerb auch durchschwommen. Auf Fuerteventura angekommen, erkundete La Salle mit seinen Männern die Insel ohne auf einen einziges Majorero (Bezeichnung der Ureinwohner von Fuerteventura) oder Lebensmittel zu stossen. Sie waren allesamt in die Berge geflohen. Bis ins Vega de Río Palmas dürfte man vorgestossen sein. Nach 8 Tagen wurde der Proviant knapp, es kam zur handfesten Rebellion und La Salle musste nach Lanzarote zurück kehren, nachdem er von seinen Männern in Geiselhaft genommen wurde. An diesem Tag kündigte sich schon an, das es früher oder später zu einer offenen Revolte gegen La Salle kommen würde. Ab da lief bei der Expedition für Gadafir de La Salle nichts mehr rund.
La Salle und Béthencourt sahen ein, dass sie auf unsicherem Posten standen, verlässliche Verstärkung, Material und Nahrungsmittel benötigten. So segelte Béthencourt mit einem der Schiffe im Oktober 1402 nach Cadiz, um Nachschub zu beschaffen. Geschickt nahm er als Besatzung jene Mannschaft, die La Salle auf Fuerteventura in Geiselhaft genommen hatte, um den Rückzug nach Lanzarote zu erzwingen. In Cadíz angekommen lieferte er sofort die gesamte Mannschaft den Behörden aus, die sie geschlossen wegen Meuterei verhaftete. Mit neuer, unerfahrener Mannschaft lief Béthencourt Richtung Sevilla aus, da er vor der Rückkehr noch vor hatte sich die Lehnsrechte der neu eingenommen Inseln zu sichern. Die Mannschaft unerfahren versenkte das Schiff an der Küste. Ein Grossteil der Ladung konnte gerade noch gerettet werden. Tote gab es auch keine, das Schiff war aber weg.
Auch für La Salle lief es auf Lanzarote nicht viel besser. Er liess sich zur Robben Jagd auf die Isla de Lobos übersetzen, das Boot mit seinem Offizier Bertyn de Berneval machte sich jedoch aus dem Staub und lies La Salle auf Lobos sitzen. Ohne Wasser drohten er und seine Begleiter dort zu verdursten. Bertyn de Berneval machte sich unterdessen ans Werk das Schiff, gegen alle Vereinbarungen, mit Mahos, die er als Sklaven jagte, zu füllen, überfiel dann noch das Fort Rubicón, plünderte die Nahrungsvorräte und vergass auch nicht die französischen Frauen zu vergewaltigen, die mit den wenigen Siedlern bei der Expedition mit dabei waren. Danach segelte er Richtung Spanien, um seine Beute zu verkaufen. La Salle konnte gerettet werden und kehrte nach Lanzarote zurück, wo die Sache begann zu eskalieren. Das Versprechen keine Sklaven zu jagen war gebrochen, Ureinwohner belagerten mittlerweile das Fort und versuchten die Bewohner auszuhungern und es kam zu Kampfhandlungen. La Salle sah die Schuld für die toten Siedler bei den Ureinwohner, da er die wahren Umstände nicht kannte. So kam es ihm gelegen das der Maho Atchen, ein Mitglied aus der Sippe eines der mitgereisten Übersetzer, anbot, den König Lanzarotes Guadarfía als Schuldigen auszuliefern. Die Struktur der Mahos war inhomogen feudalistisch und Atchen erwartete sich als Gegenleistung einen höheren Rang. Durch den Verrat konnte Guadarfía gefangen genommen und in Rubicón inhaftiert werden. Ihm gelang jedoch die Flucht. Zurück bei seinem Volk, liess als erstes den Verräter Atchen vor versammelter Gemeinde lebendig verbrennen. Ein deutliches Zeichen.
Während sich La Salle im November 1402 mit all dem auf Lanzarote herumschlagen musste und nur mit viel Glück überlebte, hatte Béthencourt ganz anderes im Sinne. Er wollte sich die Rechte an den neuen Inseln sichern, was ihm auch glückte. Er überzeugte den jungen und unerfahrenen König Heinrich III. von Kastillien, ihn zum Lehnsherren von Lanzarote und Fuerteventura zu bestellen, bevor noch Fuerteventura eingenommen war. Béthencourt der als überaus gemein, immer schlecht gelaunt und hinterhältig galt machte seinem Ruf alle Ehre, denn während La Salle in Lanzarote um sein Leben kämpfen musste, sicherte er sich die Inseln. La Salle hingegen ging völlig leer aus. Doch damit nicht genug lief in Sevilla das Schiff des Verräters Bertyn de Berneval ein, Béthencourt waren alle Umstände bekannt, doch er blieb untätig, liess Bertyn de Berneval sogar unbehelligt seine Sklaven verkaufen und zögerte seine Rückreise nach Lanzarote weiter hinaus. Insgeheim hoffte er wohl La Salle tot anzutreffen. Béthencourt liess sich mit der Rückkehr viel Zeit. Heinrich III. stattet ihn mit Schiffen, Waffen, Material, einer verlässlichen Mannschaft und dem Kommandanten Juan de Las Casas aus. Die Familie des Juan de Las Casas sollte noch grosse Bedeutung für Lanzarote und Fuerteventura gewinnen. Nachdem Béthencourt nie aktiv sein Lehn antrat, erwarb es Guillén de las Casas 1430. Seine Sippe entwickelte sich zur reichen und mächtigen Herrscherdynastie des Archipels. Sie hielt die Lehnsrechte über La Graciosa, Lanzarote und Fuerteventura ununterbrochen bis in die Neuzeit hinein. Die Las Casas herrschten absolutistisch als Señores und übten für Madrid nicht nur die weltliche Rechtssprechung aus, sondern vertraten auch die Inquisition für die katholische Kirche auf den drei Inseln. Im Prinzip konnten die Las Casas völlige Willkür walten lassen. Hatten Gran Canaria und Teneriffa samt der zugehörigen Inseln schon lange Provinzstatus, ging es auf dem Lehn der Las Casas noch feudalistisch zu. Die Auswüchse wurden derart extrem, dass sich Madrid 1836 genötigt fühlte, die Feudalherrschaft der Las Casas aufzuheben. Im Zuge der Proklamation der ersten Republik 1873 in Cadíz, wurden Fuerteventura, Lanzarote und La Graciosa teil der autonomen Provinz Las Palmas. Erst da war die Feudalzeit tatsächlich beendet und die Bürger der Inseln frei. Wenig bekannt und kaum vorstellbar.
Juan de Las Casas erreichte bereits im Juli 1403 mit Verstärkung, Waffen und Proviant Lanzarote. Béthencourt liess sich Zeit, denn er musste vorher noch alles mit den Lehensrechten "wasserdicht" machen und kehrte erst im Juli 1404 nach Lanzarote zurück. Ein halbes Jahr nach dem vereinbarten Termin. In der Tasche die Bestellungsurkunde Heinrich des III. zum Lehnsherren der drei Inseln. La Salle fühlte sich zu recht betrogen, konnte aber nicht viel unternehmen, da Béthencourt mit schwer bewaffneten Kastilliern kommandiert von Juan de Las Casas im Auftrag Heinrich III. auftauchte. Eine bittere Feindschaft entstand zwischen dem hinterhältigen und verschlagenen Normannen Béthencourt und Gadifer La Salle, der die ganze Arbeit leistete und leer ausging. Doch trotz all der Zwistigkeiten musste die durch den Verräter Bertyn de Berneval angezettelte kriegerische Auseinandersetzung mit den Ureinwohnern von Lanzarote zu Ende gebracht werden. Viele der Mahos waren mittlerweile gefangen genommen worden, einige verhungerten, da sie Landwirtschaft und Milchwirtschaft nicht ausüben konnten. So ergab sich der König Guadarfía. Er und seine Untertanen liessen sich taufen, damit war Lanzarote unterworfen. Aus der Not heraus wurde der Zwist zwischen La Salle und Béthencourt gekittet und so begann man sich daran zu machen Fuerteventura zu erobern. Guadarfía dürfte dabei tatkräftig mitgeholfen haben.
Fuerteventura war in zwei Königreiche gegliedert, wie immer bezeichnet, wobei das übertrieben erscheint und man es wohl mehr als Stammesgebiete bezeichnen müsste. Die Begriffe König Guadarfía, der in Lanzarote über 300 Menschen herrschte, muss wohl eher Häuptling Guadarfía genannt werden. In Fuerteventura war es ähnlich. Der Stammesführer Guize herrschte über den nördlichen Teil der Insel, Maxorata, Stammesführer Ayoze über den südlichen Teil, Gandía oder wie heute geschrieben Jandía. Dass diese beiden "Reiche" eine Mauer trennte ist ein haarsträubende Legende. Sie hätte keinen Sinn gehabt und die insgesamt 1.200 Majoreros hatten anderes zu tun, als quer über die Insel eine Mauer zu errichten, wären auch nicht in der Lage dazu gewesen. Aber als Touristengeschichte, um alles einwenig spannender zu machen, ist es allemal gut. So wie auch der angebliche der U-Boot Hafen von Gustav Winter in Cofete. Béthencourt und La Salle setzen im November nach Fuerteventura über. Béthencourt ging an der Westküste im "Puerto de Richeroque", dem heutigen "El Cotillo" an Land und errichtete das Fort "Richeroque" das heutige "El Roque". La Salle, der das Plamental von Vega de Rio Palmas bereits von seiner ersten Expedition kannte, segelte die Westküste bis Ajuy hinunter und ging an der Bucht des Felsentores Arco del Jurado bzw. dem Kap Peña Hordada an Land, folgte dem Barranco ins Landesinnere bis an den Fuss des Morro de Veloso o del Convento (676 m) und errichtet in diesem wassereichen Eck der Insel das Fort Valtarajes, das heutige Betancuria. Von da konnte die kleinere Population der Majoreros in Jandía sicher angegriffen werden und das Bevölkerungsmässig grössere Maxorata mit der Feste Richeroque in die Zange genommen werden.
Im Gegensatz zu den andern Inseln des Archipels erwiesen sich die Majoreros, die zwar waffentechnisch unterlegen aber deutlich in der Überzahl waren, als nicht im geringsten wehrhaft. Zu grösseren Auseinandersetzungen kam es nicht. Die Majoreros zogen es vor sich zu ergeben und schon am 18. Januar 1405 liess sich der Stammesführer Ayoze, der über das schwächere Gandía bzw. Jandía herrschte, taufen, am 28. Januar 1405 folgte ihm Guize, jener aus Maxorata. Angeblich folgten beide dem Rat der Majorero Schamanin Tibiabin und deren Tochter Tamonante. Frauen hatten in der Kultur der Guanchen eine bedeutende Stellung, die sie mit der Conquista verloren. Durch den Rat von Tibiabin und Tamonante dürfte die Unterwerfung Fuerteventuras grösstenteils unblutig erfolgt sein. Zu verdanken auch weiters den umsichtigen und cleveren Franziskaner Mönchen Pierre Bontier und Jean Le Verrier, die in den späteren Jahren Fürsprecher für die Rechte der Majoreros wurden, sie auch medizinisch betreuten und unterrichteten. Sie sahen ihre Arbeit als unblutigen Missionierungs-Auftrag. Im Gegensatz zu den anderen Inseln des Archipels brachten sie die Majoreros auch dazu sich freiwillig taufen zu lassen. Sie erklärten ihnen, dass der Papst festgelegt hätte, dass keine Christenmenschen als Sklaven verkauft werden dürften. Das sahen die Majoreros als unschlagbaren Vorteil an, der mit einwenig Wasser abzuholen war und liessen sich allesamt taufen. Was man glaubte war ja eine interne Angelegenheit im Kopf.
Nach der Unterwerfung von Fuerteventura flammte der Zwist zwischen La Salle und Béthencourt erneut auf, hatte La Salle wohl geglaubt als Ehrenmann würde Béthencourt ihn nach der Übernahme Fuerteventuras am Lehn beteiligen. Weit gefehlt, Béthencourt dürfte tatsächlich ein mieser Charakter gewesen sein. So zog La Salle im Zwist von dannen und segelte zurück nach Frankreich. Aber auch Béthencourt wurde mit Fuerteventura und seinem Lehn nie glücklich. Auch er verliess kurz nach La Salle die Insel und erreichte am 9. Mai den Hafen Harfleur in der Normandie. Warum auch immer trieb es ihn nicht zurück auf die Kanaren. Er stattete eine Flottille mit Siedlern, Vieh, Samen, Gerätschaften aus und entsandte sie unter der Leitung von Maciot de Béthencourt. In welchen verwandtschaftlichen Verhältnis Maciot zu Jean de Béthencourt stand, wurde nie geklärt. Seine (uneheliche?) Abstammung wurde wohl bewusst nicht eindeutig dokumentiert. Maciot war jedenfalls auch Ritter des Malteser Ordens. Er nahm bis 1430 die Rolle des Inselherren ein, bis Guillén de las Casas die Lehnsrechte erwarb, da sie Jean de Béthencourt nie rechtmässig angetreten hatte. Guillén de las Casas aus der Familie des Kommandanten Juan de Las Casas, den Heinrich der III. auf Bitten des Jean de Béthencourt 1403 nach Lanzarote entsandt hatte.
Dem hinterhältigen und gemeinen Jean IV. de Béthencourt, Barón de Saint-Martin-le-Gaillard, schien kein befriedigendes Leben zugedacht gewesen sein. Einiges fällt eben auf den Menschen zurück. Doch er blieb seinem miesen Charakter treu und unterwarf sich und seine Feste Grainville-la-Teinturière dem König von England Heinrich dem V. Damit brach er den Treueid den er dem Habsburger Karl V., Carlos I., gegeben hatte, der ihm ermöglichte den Familiensitz Grainville-la-Teinturière verteidigungsbereit gegen die Engländer neu aufzubauen. Eins muss man Jean de Béthencourt lassen: Er blieb immer seinen Prinzipien treu, als Opportunist ohne Charakter skrupellos zu leben. So dürfte sein Tod nicht wirklich betrauert worden sein, denn noch nicht einmal sein Sterbedatum wurde festgehalten. Für einen Adeligen dieser Stellung fast undenkbar. Irgendwann zwischen August 1425 und Januar 1426 dürfte er gut 60ig-jährig verstorben sein. Auch seine Frau Jeanne du Fayel, die Tochter der angesehenen Persönlichkeit Guillaume du Fayel Vicomte von Breteuil, die er 1392 geheiratet hatte, hatte sich schon lang von ihm abgewandt. Die Ehe bliebt auch kinderlos. Heute würde man Milde mit ihm zeigen und sagen, er hatte eben eine "schwierige Kindheit".
Vom Peña de Hordada durchs Palmental nach Betancuria.
Die schönste Wanderung der Insel ist jene vom Peña de Hordada nach Betancuria. Landschaftlich reizvoll und schön, vorbei an Palmenoasen, durch Schluchten und entlang eines lauschigen, plätschernden Barrancos wird das pittoreske Betancuria erreicht. Genau der Weg, den auch La Salle mit seinen Gefolgsleuten nahm.
Gadafir de La Salle und sein Gefolge durchschritten das Tal im November 1404. Eine gute Idee, vor allem so mit Material bepackt. Im Sommer wird die Tour zum Konditionstest, kann doch im Barranco die Temperatur problemlos auf 40 Grad steigen. Daher sollte jener, der die Tour im Sommer unternimmt sehr früh bei erstem Licht in der Morgenfrische starten. Die meisten legen die Tour auch in umgekehrter Richtung zurück, um den Weg im Abstieg zu gehen. Die ideale Jahreszeit ist aber November bis April. Auf Regenfälle ist zu achten, die den Barranco zum reissenden Fluss verwandeln.
Die wohl schönste Pilgerschaft und einzige Wallfahrt der Insel ist jene um die Virgen de la Peña, die kleine Alabaster Madonnen Statue, welche Jean de Béthencourt bei der Eroberung mit auf die Insel brachte. Nur 12 cm hoch, deutlich normannischen Ursprungs mit klaren Zügen der Gotik, ist sie das älteste christliche Symbol des kanarischen Archipels und wird nicht nur auf Fuerteventura verehrt. Sich von Antigua aus mit der Nachtpilgerschaft über die Berge nach Vega de Río Palmas aufzumachen, ist ein sehr eindrucksvolles Erlebnis.