Wie die Kanaren genau entstanden, darüber streiten sich die Wissenschafter verschiedenster Fachrichtungen immer noch. Auch über das genau Alter. Die einen legen ein paar Millionen drauf, die anderen ziehen wieder ab. Nur über zwei Sache herrscht Einigkeit. Die erste, Fuerteventura ist mit Abstand die älteste Insel des Archipels, die zweite Sache, die Kanaren sind Teil der atlantischen Platte und nicht wie früher oft behauptet Teil Afrikas. Das käme Ländern wie Marokko sehr gelegen, denn das Archipel sitzt auf Erdöl-, Gas- und anderen Rohstoffquellen. Die Nasa Karte (s.u.) zeigt eindeutig, die Kanaren liegen am Rand der atlantischen Platte, aus der das Archipel auch hervorging. Beim Alter der einzelnen Inseln wird ungefähr von folgenden Zahlen ausgegangen: Fuerteventura 20 mio., Lanzarote 16 mio., Gran Canaria 14 mio., Teneriffa 12 mio., La Gomera 10 mio., La Palma max. 2 mio. und El Hierro max. 2 mio. Jahre.
Fuerteventura und Lanzarote waren bei der Entstehung Lanzarotes ein Teil. Durch später folgende Hebungen und Senkungen werden sie heute von der Meerenge La Bocaina (auch La Bocayna) getrennt, die im Schnitt 20 m tief ist, an der tiefsten Stelle nur 30 m. Die Isla de Lobos ist Teil Fuerteventuras und entstand aus der Lava des Vulkans Bayuyo (272 m) bei Corralejo. Sie ist lediglich 50 tsd. Jahre alt. Heute trennt die Meerenge genannt El Río, der Fluss, Fuerteventura und die Isla de Lobos. Die Meerenge ist kaum fünf Meter tief. Durch sie zieht der Kanarenstrom. Aus diesen Gründen kam sie zu ihrem Namen El Río. Erst vor 5 tsd. Jahren wurde die Meerenge, durch das Ansteigen der Meerespiegel im ausklingenden Würm-Glazial, überschwemmt. Davor wäre die Isla de Lobos trockenen Fusses zu erreichen gewesen. Beide Meerengen, La Bocaina und El Río, können alljährlich bei einem Schwimmwettbewerb gequert werden. Die Seestrasse La Bocaina wird auf Grund der vielen Untiefen und Strömungen auch heute noch von grossen Schiffen gefürchtet und so möglich gemieden. Den sicheren Weg durch die Meerenge leitet nachts ein System aus drei Leuchtfeuern: Faro de Tostón bei El Cotillo, Faro Martiño auf der Isla de Lobos und der Faro de Punta Pechiguera auf Lanzarote. Die Meerenge El Río kann von keinem grösseren Schiff passiert werden.
Das Fundament, auf dem Fuerteventura gebaut wurde, sind drei Schildvulkane, die unter Wasser liegen. Schildvulkane finden sich an Hotspots wie Hawaii oder an Risskanten von Platten. Letzteres ist für Fuerteventura der Fall, denn das kanarische Archipel liegt am äussersten östlichen Rand der Atlantischen Platte, da, wo beim Kontinentaldrift sich die Atlantische von der Afrikanischen Platte löste. Aus Schildvulkanen fliesst extrem heisse, dünnflüssige Lava. Diese baute ein solides Fundament für die Sonneninsel.
Die Sockel der Schildvulkane lagen Millionen Jahre unter der Wasseroberfläche und wurden durch mehrere tektonische Hebungen erhöht. Das Wasser schliff die ausgetretene Lava rund. Dicke Sedimentschichten aus Sand, Schlick, Muschelkalk und Algen bildeten sich darauf. Das erklärt die runden und sanften Hügelketten Fuerteventuras. Alles, was also richtig schön rund und weich ist, ist alt. Blocklava Erhebungen sind jung. Sie kamen erst später dazu.
Durch mehrere Hebungen verursacht vom Kontinentaldrift, kamen die ersten Teile Fuerteventuras langsam aus dem Wasser hervor. Dann setzte der letzte Bauabschnitt von Fuerteventura vor rund 5 mio. Jahren ein, der bis heute andauert. Die Hot Spot Theorie geht davon aus, dass sich durch die Hebungen Risse und dünne Stellen in der Erdplatte bildeten, durch die Lava durchbrannte. Es kam zu Vulkanausbrüchen, wobei die meisten auf Fuerteventura non eruptiv waren. Sogenannte Aʻā-Lava, der Name stammt aus der hawaiischen Sprache, im Deutschen auch als Brockenlava oder Blocklave bezeichnet, entstand. Das ist langsam und zäh fliessende Lava, die durch die geringe Fliessgeschwindigkeit eine Oberflächen Kruste bildet, die immer wieder zerbricht. Es bleiben unregelmässig geformte, scharfkantige, zackige Brocken und Schollen zurück, wie sie überall an der Westküste von Fuerteventura zu sehen sind.
Der Prozess des Vulkanismus dauert an. Die letzten Vulkanausbrüche auf Fuerteventura fanden vor 50 tsd. Jahren statt und zwar im Norden der Insel und vergrösserten Fuerteventura um 110 Km2. Die Vulkankette zwischen Lajares und Corralejo brach aus. Der Montaña Colorado und Calderón Hondo sogar für Fuerteventura untypisch eruptiv. Der Vulkan Bayuyo ergoss sich ins Meer und formte die Isla de Lobos. Die beiden Vulkane Montaña de los Saltos bei Villaverde und Montaña de la Arena bei La Oliva brachen ebenfalls aus. Besonders ergiebig der Montaña de la Arena. Er formte das grosse Lavafeld Malpais de la Arena, das sich bei El Cotillo ins Meer ergoss. Die Lavaklippen an der Lagune La Concha oder jene im Ort von El Cotillo stammen von diesem Ausbruch, der vor 50 tsd. Jahren stattfand.
Diese drei Bauphasen von Fuerteventura formten ein System aus Lava und Sediment Schichten. Am schönsten ist dies an den Klippen von Ajuy zu sehen. Die einzelnen Schichten werden dort mittels Schautafeln erklärt. Aus dem Muschelkalk der dicken Sedimentlage wurde bis in die Mitte des 20. Jhd. Kalk gebrannt. Die Klippen von Ajuy gelten als der geologisch älteste Teil des kanarischen Archipels, der über Wasser liegt. Wer mehr über die Geologie von Fuerteventura erfahren will, der kann sich tatsächlich im Käsemuseum Museo del Queso Majorero in Antigua oder am Morro de Veloso o del Convento (676 m) nahe Betancuria, mit diesem Thema weiter befassen. Interessierte, die tieferen fachlichen Einblick suchen, finden unter Buchtipps einschlägige Fachliteratur, auf die sich auch einige der obigen Informationen beziehen.
Die jüngere Nachbarinsel Lanzarote ist vulkanisch noch recht aktiv. Touristen besuchen den sehenswerten Timanfaya Nationalpark mit den Montañas del Fuego. Als Attraktion wird in Lavalöcher Wasser geschüttet, das kurz danach als heisse Fontäne wieder ausgespien wird. Das zeigt, wie präsent der Vulkanismus auf Lanzarote ist. Das Timanfaya Lavafeld bildete sich erst bei Eruptionen zwischen 1730 und 1736. Vielen Bewohner flüchteten nach Fuerteventura. Jene die blieben, stellten der anrollenden Lava ihre Marienstatue entgegen. Die Lava stoppte vor der Statue und den beiden Orten Tajaste und Tinajo und verschonte sie. So wird es jedenfalls erzählt. An dieser Stelle wurde eine Kapelle zu Ehren der "Virgen de los Volcanes" errichtet, wie sie ab dann genannt wurde. 1824 meldeten sich die Vulkane noch einmal. Lava rollte wieder an und stoppte kurz vor der Kapelle. Die Bewohner glauben auch heute noch fest an eine göttliche Gnade. Warum die Lava immer genau dort stoppt könnte aber auch daran liegen, dass hier eine Senke von einem recht steilen Anstieg begrenzt wird. In der Vulkangegend trainiert recht öffentlichkeitsscheu die NASA für die anstehende Mars Mission. Die topografischen Verhältnisse wie auch der Untergrund, sind dem Mars sehr ähnlich.
Aber auch auf anderen Insel meldeten und melden sich immer wieder Vulkane zurück. 1909 brach der Chinyero im Teide Nationalpark auf Teneriffa aus und hinterliess ein mächtiges Lavafeld. Ein Wanderpfad führt durch die Blocklava. Es kann wunderbar beobachtet werden, wie sich nach und nach die Natur wieder auf der so tot wirkenden Lava breit macht. Kanarische Kiefer besiedelt das Gebiet bereits wieder mit kleinen Wäldchen. Tiefrote Natternköpfe (Echium wildpretii) ragen fotogen gegen den tiefblauen Himmel. Ganz ohne menschliches Zutun. 1971 brodelte es auf La Palma. Der Vulkan Teneguia wurde aktiv und ergoss drei Wochen lang einen Lavastrom in den Atlantik.
Das jüngste vulkanische Ereignis fand 2011 vor dem Fischerdorf La Restinga auf El Hierro am Tagoro statt. Der Vulkankrater Volcán Tagoro liegt unter Wasser. Sein Fuss befindet sich in einer Meerestiefe von 400 m. Darüber baut sich der Vulkan 312 m auf, liegt also 88 m unter der Meeresoberfläche. Der Vulkan begann sich 2011 aufzublähen. Warnstufe Gelb wurde gegeben, da eine Eruption befürchtet wurde. Die Bewohner von La Restinga mussten mehrmals evakuiert werden. Von Oktober 2011 bis März 2012 floss Lava aus dem Vulkankegel. Optisch ein schönes Spektakel und fotogen auch noch. Das Wasser an der Meeresoberfläche erwärmte sich auf 39 Grad. Ein deutsches Spezial U-Boot hatte unter Wasser permanent alles im Blick. In der Luft kreisten regelmässig Hubschrauber der Guardia Civil über dem Tagoro. Einige Videoaufnahmen fanden den Weg zu YouTube. Die ersten Aufzeichnungen, dass sich der Tagoro mit Lava wieder zu Wort melden wird, stammen aus dem Jahr 1802 und 1803.
Ein Verzeichnis der 24 Vulkane von Fuerteventura samt GPS Position kann hier geladen werde.
Das ganze Programm – Sedimente, versteinerter Sand, vulkanische Gesteine.
Zum Roque del Moro im Südwesten von Fuerteventura zu wandern, ist ein phantastisches Erlebnis. Den Wanderer erwartet ein kilometerlanger einsamer Sandstrand, wilde Atlantik Brandung, spektakuläre Wetterkapriolen.
Für Geologen oder solche die Interesse am Ursprung von Fuerteventura haben, ist die Gegend um den Roque del Moro ein erstklassiges Erkundungsgebiet. Die Natur zieht hier alle Register: Sedimentschichten, teils einem Kunstwerk gleich als farbige Segmente gestapelt, auch vom Wasser blank poliert, dann wieder versteinerter Sand in bizarren Formen oder Lavaschichten. Vulkanisches Gestein mit intensiv roten Adern, oxidiertes Eisen oder grüne Adern aus eingelagertem Olivin. Am Ziel, der Roque del Moro, ein tiefschwarzer Lavaturm, der aus dem Meer ragt. Bei Niedrigwasser und ruhiger See, kann bis an seinen Fuss gegangen werden.
Es wird gelegentlich behauptet, Ureinwohner hätten Musik mit "Klangsteinen" gemacht. Quellen dafür gibt es keine. Von Musik zu sprechen kann jedenfalls als übertrieben angesehen werden. Erzeugen von Tönen ja. Dafür gebe es auch das geeignete Material auf Fuerteventura: Phonolith (griech. Klangstein). Phonolith kommt durch den Vulkanismus auf dem gesamten Kanarischen Archipel vor, teils sogar in grossen Mengen. An einer solchen Lagerstätte wurde auch eine Kultstätte der Gomeros gefunden. Zufall oder nicht, keiner weiss es. Mit Ziegenfell bespannte Trommeln oder Tamburine, das einfachste der menschlichen Musikinstrumente, nutzten die kanarischen Ureinwohner nachgewiesener Weise.
Phonolith ist ein vulkanisches Gestein von grünlicher bis grauer Farbe. Auf den Kanaren ist es grau gefärbt. Werden zwei Phonolith Steine aneinander geschlagen, entsteht ein überraschend heller, metallischer Klang. Phonolith ist mehr oder weniger "Gesteinsglas", eine Verglasung, die nur bei extremen Temperaturen entsteht. Auch am Roque del Moro auf Fuerteventura ist Phonolith zu finden. In Deutschland kommt er ebenfalls vor z.B. in der Röhn, Eifel, Kaiserstuhl oder im Erzgebirge.