Wer von keiner grossen Unternehmensgruppe wie Banken, Touristikern oder Logistikern aus dem eigenen Kader temporär nach Fuerteventura entsandt wird, für den hält die Sonneninsel Fuerteventura nur saisonale Jobs im Tourismus und wenigen angrenzenden Branchen bereit. Ein kleiner Überblick gruppiert in Kategorien, um auf den Typ der Arbeit folgend differenziert eingehen zu können.
Kategorie A.
► Mit einem Schild des Reiseveranstalters am Airport stehen, Touristen in Empfang nehmen, mit dem Bus ins Quartier verfrachten und dort am Desk als Mädchen für alles Blitzableiter spielen. Personen, die dieser nervenaufreibenden Arbeit nachgehen antworten auf die Frage, was sie arbeiten würden: „Ich arbeite am Flugplatz“. Das hört sich besser an. Niemand möchte wirklich soetwas machen.
► Kellnern in jeder Form.
► Küchenhilfen und Abwäscher.
► Reinigungs- und Hausmeisterarbeiten.
Kategorie B.
► Gelegenheitsjobs für Veranstalter von Gruppenreisen wie Fahrer u.ä.
► Arbeiten als Praktikant, die moderne Form der Ausbeutung, gegen Kost und Logis und evtl. kleinem Taschengeld.
Kategorie C.
► Animateure, Fitness Instruktoren, Tauchlehrer, Tennislehrer, Club Fotografen etc.
► Tourguides, die von den Reiseveranstaltern vor Ort verkaufte Leistungen betreuen.
► Koch, Bäcker und Konditor, Chef de Rang, Maître d’hôtel, Rezeptionist, Customer Experience Manager usw.
Das wäre es so im Groben, nicht vollständig aber die grossen Gruppen. Karriere hat auf Fuerteventura noch nie jemand gemacht.
Kategorie A.
Jobs der Kategorie A werden direkt auf der Insel vergeben, da keine besonderen beruflichen Qualifikationen benötigt werden. Bei diesen Jobs geht es vorwiegend um menschliches und kulturelles. Kleinunternehmer suchen Mitarbeiter aus ihrem Kulturkreis, damit eine Basis in Sachen Arbeitsethos, Hygiene und anderem gegeben ist und die Zusammenarbeit, die meist nicht lange dauert, gleich reibungslos klappt: Italiener suchen Italiener, Deutsche Deutsche. Entsprechende Jobchancen machen in der jeweiligen Community die Runde. Es heisst gut vernetzt zu sein und von Anfang an auf der Insel auf seinen Ruf zu achten, besonders in Hinsicht auf die Feierlaune und das Äussere.
Kategorie B.
Jobs der Kategorie B sind schon nicht mehr auf der Insel zu haben. Hier wird eine klassische schriftliche Bewerbung erwartet. Für Praktikanten Jobs kommen Bewohner der Insel nicht in Frage. Es werden „extranjeros“ gesucht, die eine höhere Ausbildung anstreben und mit Sonne und Meer geködert werden können, um billig bis gratis zu arbeiten. Als Gelegenheitsjobs für Reiseveranstalter wie Fahrer, kommen natürlich nur „residente“ der Insel in Frage.
Kategorie C.
In Kategorie C geht es so hart zu wie bei jeder anderen Bewerbung in einem DACH Land: Bewerbungsschreiben, Vorstellungsgespräch usw. Diese Jobs werden von „zu Hause“ aus gesucht, eine Saison im voraus und sind bei den üblichen Konzernen wie TUI, FTI, Schauinsland, Grupo Barceló usw. zentral zu finden. Es sollten die grossen spanischen Touristiker, wie z.B. die Grupo Barceló, nicht vergessen werden, ein Familienunternehmen von erstklassigem Ruf, auch bei seinen meist langjährigen Mitarbeitern. Hier kann mit der Muttersprache Deutsch gepunktet werden und der bei Spaniern geschätzten Arbeitsmoral, die bei DACH Mitarbeitern regelmässig zu finden ist. Umfangreiche Qualifikationen sind bei allen Jobs der Kategorie C erforderlich, denn hier hat jeder Mitarbeiter einen Beitrag zum „Markenerlebnis“, für das beispielsweise die Schauinsland Gruppe steht, zu leisten. Wer Zusatz Qualifikationen wie Spanisch ab B1 Niveau, einen spanischen Bootsführerschein bei der Bewerbung als Tauchlehrer, die Zulassung als Touristenführer auf den Kanaren, Wohnmöglichkeit vor Ort usw. vorweisen kann, rankt sofort vor der Masse. Also den Urlaub in Spanien auch dazu nutzen, diese Art von Qualifikationen aufzubauen, wenn die Idee entsteht, auch einmal im Urlaubsland arbeiten zu wollen.
Bei Jobs der Kategorie C geht es professionell zur Sache. Das spulen Grossunternehmen oder Konzerne nach klaren Richtlinien ab, die im Einklang mit dem Zielland stehen. Rechtmässig heisst aber nicht, dass es das Gelbe vom Ei für den Dienstnehmer ist. Also genau hinsehen, wie die vertragliche Gestaltung aussieht, Stichwort spanische Tarifverträge, ob in den Genuss dieser gekommen wird. Kein muss aber möglich. Die Verträge sind immer befristet. Bei grossen Touristikern besteht bei besonderem Einsatz die Chance, in eine Dauerstellung übernommen zu werden, dem Basisteam zukünftig anzugehören.
In den Kategorien A + B werden die Jobs, falls es überhaupt einen Vertrag gibt (Anmeldung Sozialversicherung), als befristete Verträge vergeben. Oft werden die Dienstnehmer einfach als „autónomo“ behandelt, auch wenn sie das nicht sind.
Ist es in Österreich ein leichtes, einen Mitarbeiter frist- und termingerecht zu kündigen, hat Spanien für unbefristete Dienstverträge ein ähnlich anspruchsvolles Kündigungsprozedere wie Deutschland. Es muss begründet sein. Was eine Begründung wäre ist definiert, dann das Übliche mit Abmahnungen, möglichen Einsprüchen usw. Letzteres ist in Spanien noch einmal aufwändiger als in Deutschland. Unternehmer wehren sich mit Zeitverträgen, „duración determinada“, gegen diesen überzogenen Kündigungsschutz, der besonders für saisonale Betriebe fern der unternehmerischen Realität ist. Der Gesetzgeber macht es defacto Arbeitswilligen schwer, eine Festanstellung zu bekommen, auch aus einem befristeten Dienstverhältnis heraus. Wer noch nie Unternehmer war, nur Politiker, macht eben weltfremde Gesetze.
Der geltende Mindestlohn beträgt in Spanien aktuell (2023) € 6,06 pro Stunde, in Deutschland € 10,25 pro Stunde. Spanien ist von den Lebenshaltungskosten zwar im Durchschnitt deutlich billiger als Deutschland, besonders gegenüber der Schweiz, aber was nutzt der Durchschnitt, wenn in einem Tourismusspot gearbeitet und gelebt wird. Da ist es so richtig teuer, in ländlichen Gebieten Andalusiens sehr preiswert.
Jobs der Kategorie A und B sind kaum einmal ganzstags Jobs, meist nur 20h maximal 30h Jobs. Die Stunden werden sehr locker und das nicht zu Gunsten des Angestellten ausgelegt. Wer Spanier oder Portugiesen fragt, die z.B. einige Jahre als Elektriker in Deutschland gearbeitet haben, wie es ihnen denn gefallen hätte, bekommt begeistert zu hören, dass dort Stunden genau abgerechnet würden, das Gehalt pünktlich käme und ähnliches, das ihnen bisher fremd war geschehen würde.
Jobs der Kategorie C werden relativ besser bezahlt. Ein guter Koch, der an Geld interessiert ist, sollte lieber in Nordeuropa anheuern, auch in der gleichen Unternehmensgruppe, da gibt es mehr zu verdienen. Im Süden wird generell ein „Sonnenabschlag“ auf die möglichen Verdienstmöglichkeiten eingepreist, denn zu viele werden von Sonne und Strand angezogen, Dinge, die sie dann vor Ort ohnedies kaum geniessen werden können.
Die arbeitsrechtliche Situation in Spanien ist gar nicht soweit von der deutschen entfernt. Mehr Urlaub gibt es, mindestens 30 Tage, aber da es auf Fuerteventura ohnedies nur „duración determinada“ zu holen gibt, kaum ein relevantes Thema. In Bezug auf die befristeten Arbeitsverhältnisse hat der spanische Gesetzgeber den gängigen „Kettenverträgen“ einen Riegel vorgeschoben. Wurde in einem Betrieb innerhalb zweieinhalb Jahren mehr als zwei Jahre in befristetem Verhältnis gearbeitet, geht das Dienstverhältnis zwingend in ein unbefristetes über. Einen übersichtlichen und komprimierten Vergleich des Arbeitsrechts Deutschland gegenüber Spanien, hat die Sozietät VOELKER aus Stuttgart zusammengestellt. Das interessante Dokument kann auf der Unternehmensseite hier als pdf geladen werden.
Der Alltag der Angestellten auf Fuerteventura ist ein „duración determinada“, eine permanente Jobsuche. Kaum wurde ein Job gefunden, muss sich schon Gedanken über den nächsten gemacht werden. Bei einem Mindestlohn von € 6,06 bei maximal 30 Wochenstunden Reserven zur Überbrückung aufzubauen unmöglich. Horrende Mieten, heisst mit Leidensgenossen eine Wohnung teilen, auch wenn man sie nicht mag. Und wenn der „Dienstgeber“ den Arbeitnehmer nicht angemeldet hat, auch gängige Praxis, gibt es im Krankheitsfall noch nicht einmal ärztliche Hilfe. Da ist Spanien knallhart. Wer es tatsächlich in diesen prekären Verhältnissen zur Pension schafft, darf sich monatlich über € 491,62 (2023) freuen, zwölf mal. Aufstocken in Spanien, was soll das sein? Nein, so ist die „isla tranquila“ gar nicht entspannt. Wer derart vor hat, auf die Sonneninsel auszuwandern, sollte es lieber lassen. Für jene, die einige Jahre durchhalten und tatsächlich in einem sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis waren, die mässig gute Nachricht: Ansprüche werde in das österreichische oder deutsche System mitgenommen. Wenn es um Versicherungsjahre für die Pension geht, eine wichtige Sache, auch wenn das vielleicht alles noch in weiter Zukunft liegt. Allerdings, wer nicht früh stirbt, wird irgendwann Pensionist oder Rentner, das ist sicher.
Von zu Hause oder vor Ort? Kommt drauf an.
Wer einen halbwegs soliden Job auf Fuerteventura sucht, also Kategorie C, wird diesen nur im üblichen Bewerbungsprozedere von seinem aktuelle Arbeitsplatz aus finden. Bewerbungen zielen immer auf die Folgesaison. Auch Jobs der Kategorie B sind nur so zu bekommen.
Jene, die auch bereit wären einen Job der Kategorie A anzunehmen, müssen sich in der Zielregion vernetzen. Networking an Orten, an denen jene verkehren, die Jobs zu vergeben haben ist angesagt. Gesucht und vergeben wird über Mundpropaganda. Es gilt die eigene Person und deren Ruf zu inszenieren.
Die klassische gute alte Empfehlung für einen Job, ist immer noch, für alle drei Kategorien, die eleganteste Variante einen Job auf Fuerteventura zu bekommen. Auch hier ist Netzwerken angesagt, nicht nur auf der Insel, auch im www.
Auf seine Trauminsel Fuerteventura in prekäre Dienstverhältnisse auszuwandern, macht nicht den geringsten Sinn. Ein täglicher Überlebenskampf wird angetreten, der keine Zeit lässt, die Insel zu geniessen und der Gesundheit nebenbei sehr abträglich ist. Ein Weg in die Armut vorgezeichnet und dass ohne familiären Rückhalt vor Ort, wie es die Insulaner haben. Auf die Sonneninsel Fuerteventura auszuwandern, macht nur für drei Personengruppen Sinn. Die erste Gruppe sind jene, die in der Lage sind, dort „ihr eigenes Ding“ zu machen, erfolgreiche Unternehmer zu werden. Die zweite Gruppe sind jene, die „abroad“ ihr gutes Geld verdienen können und dann ihre Euro, die auf Fuerteventura einiges mehr wert sind, in einem guten Leben unter der Sonne entspannt zu verkonsumieren. Die dritte Gruppe jene, die vermögend sind und die Insel lieben. Davon kommen gar keine dauerhaft. Und Pensionisten, nein keinesfalls, das Gesundheitssystem ist zu schlecht, um seine mögliche Lebenserwartung zu erreichen. Alle anderen sollten sich überlegen, in ihrem Heimatland einen gut bezahlten Saisonjob an zu nehmen, richtig reinzuhauen, sieben Tage die Woche und wenn es kalt wird, mit dem Verdienten eine entspannte Zeit in der Sonne zu verleben. All das macht Sinn, prekäre Jobs nicht.